Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)
Brief auf. Aber er war noch nicht am Ende angekommen, und irgendein fataler Hang zur Selbstkasteiung zwang ihn, weiterzulesen: Dein Brief lenkt den Blick nur auf meine eigenen Unzulänglichkeiten. Schließlich ist es doch meine Pflicht als deine Ehefrau, dich zu streicheln. Oder etwa nicht?
Es kostete Hugo seine ganze Selbstbeherrschung, nicht alles stehen und liegen zu lassen und unverzüglich nach New Shaling aufzubrechen.
I N V ORBEREITUNG AUF DIE BEVORSTEHENDE R ÜCKKEHR des Herzogs herrschte im Haus rege Betriebsamkeit. Hugo konnte sich nicht dazu bringen, sich für irgendetwas zu interessieren. Er konnte sich kaum überwinden, sich mit den Rechnungsbüchern zu befassen; er wollte nicht an die Zukunft denken.
Es war Clermonts Schuld – alles. Diese letzten Monate hatten ihn seiner Gewissheit beraubt. Und was er Serena genommen hatte …
Hugo schüttelte den Kopf. Das zählte nicht. Er hatte nur noch ein paar Monate, bis es vollbracht war. Wenn er das aushielt, würde er seine Wette gewinnen, sich sein Geld nehmen und musste den Mann nie wieder sehen.
Er hörte, wie unten die Kutsche vorfuhr. Die anderen Dienstboten mussten alle in die Halle gegangen sein, um ihren Herrn zu begrüßen; Hugo blieb hier oben, ging Rechnungen und Belege durch, Berichte von den Ländereien. Es schien insgesamt fast ironisch, dass obwohl Hugo praktisch aufgehört hatte, sich anzustrengen, alles zu gedeihen schien. Schiffe waren früher als erwartet eingetroffen und brachten Ladung mit, die hier wesentlich mehr wert war, als am anderen Ende der Welt dafür hatte bezahlt werden müssen. Der Preis für Weizen stieg; und der für Wolle entwickelte sich sogar noch besser.
Es war, als habe sich das gesamte Universum verschworen, ihn zu belohnen. Wenn sein Glück so weiter hielt, wenn Hugo erst einmal begönne, sein eigenes Geld zu investieren, wäre er mit vierzig ein reicher Mann. Dann hätte er Dienstboten und sein eigenes Anwesen. Die dunkle verächtliche Stimme in ihm würde er mittels seines Erfolges einfach zum Schweigen bringen. Vielleicht unternahm er in zehn Jahren oder so eine kleine Reise nach New Shaling, um nachzusehen, ob er am Ende noch einmal …
Nein. Nein. In die Richtung durfte er nicht denken.
Der Herzog brauchte Stunden, um sich von seiner Reise zu erholen – musste erst etwas essen und sich umziehen oder was auch immer Herzöge so taten, nachdem sie ihre weggelaufenen Ehefrauen zurückgeholt hatten. Hugo saß in seinem Arbeitszimmer und wartete darauf, dass der Herzog sich zeigte. Er war sich nicht sicher, ob er ihn mit seinen Lügen konfrontieren sollte oder ob er nicht vielmehr hoffte, dass der Mann sich von hier fernhielt, damit er ihn nicht würde sehen müssen.
Schließlich kam er aber doch in den Raum geschlendert.
Der Duke of Clermont hatte sich nicht geändert. Er war immer noch ein hoch gewachsener solide gebauter Mann. Er war nicht dicker geworden. Seine Augen waren nicht schmaler geworden. Aber dennoch war das Erste, was Hugo bei seinem Anblick dachte, dass der Mann hundert Mal schweinischer aussah.
„Wie ich sehe, ist die Gouvernante verschwunden“, bemerkte der andere fröhlich. „Und die Herzogin ist wieder zurück, und in ein paar Monaten, vorausgesetzt alles geht gut, bekomme ich eine weitere Auszahlung aus dem Treuhandfond.“
„Ja“, erwiderte Hugo knapp. „Gut.“
Aber der Herzog war heute gesprächig. „Was, denken Sie, sollte ich mir als Erstes kaufen?“, überlegte er laut. „Pferde? Oder eine Mätresse?“
Er konnte nicht glauben, dass der Mann immer noch so redete – nicht nach all dem, was er durchgemacht hatte.
„Ich habe eine bessere Idee“, hörte Hugo sich antworten. „Sie könnten eine Reise unternehmen.“
„Eine Reise? Was für eine ausgezeichnete Idee, um der Gesellschaft meiner Frau zu entkommen. Brighton vielleicht? Oder Frankreich?“
„Nein, nichts von beidem“, sagte Hugo. „Ich dachte, Sie könnten eigentlich zur Hölle fahren.“
Er fluchte nicht. Das tat er einfach nicht. Und dennoch konnte er es nicht bereuen, diese Worte ausgesprochen zu haben. Ein wildes Gefühl von Richtigkeit schlug in seiner Brust, zusammen mit seinem erwachenden Herzen.
Auf seine Äußerung folgte zunächst Schweigen. Clermont hielt ungläubig den Kopf schief, und dann schüttelte er ihn langsam, ganz langsam. „Ich bin mir nicht sicher – ich bin überzeugt“, stotterte er – „ich denke nicht, dass Sie so mit mir reden sollten.“
Hugo stand auf. Er war nicht
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