Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
Mit fürchterlicher Behändigkeit erklommen sie die Säulen, um in die oberen Stockwerke zu gelangen, drängten in die Höfe, Pavillons und Arkaden. Obwohl sie im Innern anscheinend auf schwachen Widerstand stießen, gab es nichts, was sie hätte aufhalten können.
Inmitten dieses lärmenden Aufruhrs stand Vizaphmal unerschütterlich mit regloser Miene neben dem Poeten im Wagen. Bald darauf traten einige Alphads aus dem Palast, offenkundig eine Delegation. Unterwürfig wandten sie sich an den Zauberer und bekundeten ihm ihre Ehrerbietung.
»Unsere Ankunft hat eine Revolution ausgelöst«, konstatierte Vizaphmal. »König Akkiel ist geflohen und nun bieten mir die Kammerherren des Hofes und die Hohepriester all unserer hiesigen Gottheiten den Thron von Ulphalor an. Damit geht die Prophezeiung wortgetreu in Erfüllung. Sie werden mir beipflichten, dass der große Abbolechiolor wahrhaft über Inspiration verfügte.«
Die feierliche Thronbesteigung fand nahezu unverzüglich in einem riesigen Saal im Herzen des Palastes statt, der wie der Rest des Bauwerkes offen war und von Säulen gigantischen Ausmaßes getragen wurde. Der Thron war eine große Kugel aus azurblauem Metall, deren oberes Ende zu einem Sitz ausgehöhlt worden war, auf dem man über eine Wendeltreppe Platz nehmen konnte. Auf Befehl des Zauberers war es Alvor gestattet, neben einigen der Alphads am Fuße der Kugel zu stehen.
Die Inthronisation selbst ging recht schlicht vonstatten. Vom Schweigen der sich in dem Saal drängenden Menge umgeben, erklomm der Zauberer die Stufen und ließ seinen Körper in die Höhlung der Kugel sinken. Anschließend stieg ein sehr hochgewachsener, vornehm aussehender Alphad die Stufen hinauf. Er trug einen schweren Stab, dessen eine Hälfte grün und dessen andere Hälfte von einem dunklen, düsteren Rot war, und legte ihn in Vizaphmals Hände. Später erfuhr Alvor, dass das rote Ende des Stabes einen todbringenden Strahl aussenden konnte und das grüne Schwingungen, die nahezu jede Krankheit heilten, die einen Satabborianer befallen konnten. Somit war dieses Zepter mehr als lediglich ein Symbol der Macht über Leben und Tod, die dem König verliehen war.
Damit war die Zeremonie zu Ende und die Versammlung löste sich rasch auf. Auf Vizaphmals Geheiß wurde Alvor in einer aus offenen Gemächern bestehenden Suite am Ende zahlloser labyrinthischer Treppen in der dritten Etage des Palastes untergebracht. Wenig später eilte ein Dutzend Abbar herein, die als seine persönlichen Bediensteten abgestellt worden waren. Jeder von ihnen trug eine andere Speise beziehungsweise ein anderes Getränk auf. Die Mahlzeiten, darunter die Eier eines mottenartigen Insekts von der Größe einer Bachstelze und die Äpfel eines Pilzbaumes, der in den Kratern erloschener Vulkane wuchs, waren unvorstellbar in ihrer Fremdartigkeit. Sie wurden in Krügen aus weißem, glänzendem Mineral serviert, die von Beinen enormer Länge getragen wurden und mit äußerster Kunstfertigkeit gearbeitet waren. Ebenso wurde ihm in flachen Schalen eine hochprozentige, aus dem blutartigen Saft lebender Pflanzen gewonnene Flüssigkeit vorgesetzt und ein mit dem berauschenden Blütenstaub einer lediglich nachts blühenden Pflanze verschnittener Wein.
Die folgenden Tage und Wochen gewährten dem Dichter Visionen und Erfahrungen weit jenseits der Wirkung jeder bekannten irdischen Droge. Schritt für Schritt wurde er, soweit überhaupt möglich für jemanden, der so völlig außenstehend war, in die komplexen Zusammenhänge und Besonderheiten des Lebens dieser neuen Welt eingeführt. Mithilfe der rötlichen Flüssigkeit, die Vizaphmal ihm weiterhin regelmäßig verabreichte, gewöhnten sich sein Gehirn und seine Nerven allmählich an das grelle Licht und die Hitze, an die intensiven Strahlungseigenschaften des Bodens und eine Atmosphäre mit nichtirdischen chemischen Konstituenten, an die merkwürdigen Speisen und Getränke und an die Bewohner mit ihrer eigenartigen Anatomie und ihren noch eigenartigeren Sitten. Er erhielt Privatlehrer, die ihm die Sprache beibringen sollten. Trotz der Schwierigkeiten, die ihm einige unaussprechliche Konsonanten und gewisse sonderbare Kehllaute bereiteten, erlernte er sie doch so weit, dass er in der Lage war, einfache Gedanken und Bedürfnisse in Worte zu fassen.
Vizaphmal sah er jeden Tag. Der neue König schien ihm gegenüber für seine unentbehrliche Hilfe bei der Erfüllung der Prophezeiung echte Dankbarkeit zu empfinden. Der
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