Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
Abbar übersät war. Doch noch immer rückten weitere vor und einige begannen, ihre hakenbewehrten Waffen nach dem König zu werfen. Keine davon traf ihn, doch schien ihn das fröhliche Treiben zu ermüden. Also trat er in das Gestell und schloss den Rahmen. Im nächsten Augenblick erscholl ein fürchterliches Getöse wie von tausend Donnerschlägen, und die Maschine samt Vizaphmal ward nicht mehr gesehen. Der Dichter sollte nie erfahren, was aus ihm geworden war, denn ihn erreichte keine Kunde davon, in welchen noch merkwürdigeren Welten als Satabbor Vizaphmal nun seinen wissenschaftlichen Fantastereien nachging.
Alvor blieb keine Zeit, wie er es andernfalls vermutlich getan hätte, über die Niedertracht des Königs nachzudenken, der ihn so schmählich im Stich gelassen hatte. Mittlerweile drängte sich in allen Stockwerken des riesigen Bauwerkes die aufgebrachte Menge, während sie den Widerstand der Höflinge und Sklaven zum Erliegen brachte – nun nicht länger still, sondern schrille, grimmige Schreie ausstoßend. Wie eine stetig aufsteigende Flut schwappte sie über das Gebäude hinweg; zu den Abbar hatten sich nun auch zahllose Alphads gesellt, und nirgendwo war ein Fluchtweg in Sicht. Innerhalb weniger Augenblicke wurde Alvor von einer Gruppe Abbar gepackt, die keineswegs entsetzt oder beunruhigt über Vizaphmals Verschwinden schienen. Vielmehr sah es so aus, als hätte es ihre Wut entfacht.
Anhand der sonderbaren, mit roter Farbe aufgetragenen Ovale und Längsstreifen auf den ansonsten dunkelhäutigen Körpern wusste er, dass es sich um Priester der Gottheit Cunthamosi handelte. Sie fesselten ihn brutal mit aus den Eingeweiden eines drachenartigen Tieres gefertigten Schnüren und trugen ihn vom Palast fort, durch von einem gaffenden Mob gesäumte Straßen zu einem Gebäude in den südlichen Randbezirken Sarpouloms. Vizaphmal hatte ihn einst darauf aufmerksam gemacht. Es war der Sitz der Inquisition der Kosmischen Mutter.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Häusern in Sarpoulom waren diese Bauwerke auf allen vier Seiten von einer hohen Mauer umgeben und aus gewaltigen grauen Ziegelsteinen errichtet, die aus der vor Ort vorkommenden Erde gebrannt und weit größer und fester waren als Granitblöcke. In einem lang gezogenen, fünfeckigen Saal, in den das Licht lediglich durch schmale Deckenschlitze fiel, sah Alvor sich einem Geschworenengericht aus Priestern gegenüber. Ein aufgedunsener, päpstlicher als der Papst aussehender Alphad, der Großinquisitor, stand dem Gremium vor.
Der Raum war mit ausgeklügelten, grotesken Folterwerkzeugen gefüllt und an den Wänden hingen bis unter die Decke Vorrichtungen, die selbst dem spanischen Großinquisitor Torquemada die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten. Manche waren sehr klein und für die Behandlung spezieller, einzelner Nerven gedacht; andere dienten dazu, die gesamte Hautoberfläche des Körpers mit einer einzigen Umdrehung des Gewindes zu peinigen.
Alvor verstand kaum etwas von den Vorwürfen, die gegen ihn vorgebracht wurden, bekam jedoch so viel mit, dass es in etwa dasselbe war oder zumindest darauf hinauslief, was Vizaphmal ihm bereits gesagt hatte – nämlich dass er, Alvor, eine Monstrosität sei, die Cunthamosi weder empfangen noch geboren haben konnte. Allein seine Existenz, ob nun in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, würde bereits eine entsetzliche Beleidigung dieser Gottheit darstellen, hieß es.
Die ganze Szenerie – der düstere, abschreckende Saal mit seiner Ansammlung teuflischer Gerätschaften, die diabolischen Mienen der Inquisitoren und das hohe, monotone Surren ihrer Stimmen, mit denen sie ihre Anklagen vortrugen und über ihn zu Gericht saßen – war dazu angetan, ein über jeden Albtraum hinausgehendes Entsetzen einzuflößen.
Mit einem Mal richtete der Großinquisitor den boshaften Blick seiner drei starren Augäpfel auf den Dichter und begann einen nicht enden wollenden Urteilsspruch herunterzuleiern. In regelmäßigen Abständen, die anscheinend die einzelnen Klauseln der verhängten Strafe voneinander separierten, hielt er inne. Diese Klauseln wollten kein Ende nehmen, doch Alvor verstand nahezu nichts von dem, was gesagt wurde, und zweifellos war das auch ganz gut so.
Nachdem die Stimme des aufgedunsenen Alphads verstummt war, wurde der Dichter durch endlose Gänge geführt und anschließend eine Treppe hinab, die in die tiefsten Tiefen Satabbors zu reichen schien. Diese Gänge und auch die Treppe ließen
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