Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
eines Gerätes, dessen Funktionsweise euren Radios ähnelt, wird unsere Unterwelt von künstlich abgestrahltem Sonnenlicht erhellt.«
Howard versicherte Agvur seiner Dankbarkeit. Sein Gehirn schwindelte und seine wirren Gedanken verloren sich in einem Labyrinth frappierender Spekulationen.
Mit einer raschen und anmutigen Geste schien Agvur Howards Dankesrede abzuwehren. Das Wesen, das Howards Kleider trug, trat vor und half ihm mit dem Geschick eines Kammerdieners, sie wieder anzulegen.
Howard brannten Hunderte von Fragen auf der Zunge. Allein schon die Existenz intelligenter, hoch entwickelter Lebewesen wie den Oumni auf dem Merkur war ja von irdischen Wissenschaftlern nicht erahnt worden. Vor allem aber erfüllte ihn die von Agvur unter Beweis gestellte Beherrschung der menschlichen Sprache mit Neugier. Als hätte der Merkurianer die Frage, die Howard auf den Lippen lag, mit einer Art telepathischen Fähigkeit vorhergesehen, antwortete er: »Wir besitzen zahlreiche hochempfindliche Instrumente, die uns befähigen, über gewaltige Entfernungen hinwegzusehen und zu hören, ja sogar fremde Sinneseindrücke zu empfangen. Wir erforschen die näher gelegenen Planeten Venus, Erde und Mars schon seit langer Zeit und haben uns oft damit vergnügt, menschlichen Unterhaltungen zu lauschen. Dank der Entwicklung unserer Gehirne, die dem Ihren weit überlegen sind, war es ein Leichtes für uns, eure Sprache zu erlernen. Selbstverständlich sind die Wissenschaft, die Geschichte und die Soziologie eurer Welt ein offenes Buch für uns. Wir beobachteten den Anflug Ihres Raumschiffs durch das All, und kein einziger Schritt, den ihr Ankömmlinge seit eurer Landung tatet, ist uns entgangen.«
»Wie weit bin ich von der Raumrakete entfernt?«, fragte Howard. »Ich hoffe, Sie können mir helfen, dorthin zurückzugelangen.«
»Sie befinden sich derzeit gut anderthalb Kilometer unterhalb der Oberfläche des Merkurs«, erläuterte Agvur, »und der Abschnitt der Dämmerungszone, in dem Ihr Gefährt steht, ist etwa acht Kilometer entfernt und leicht erreichbar über einen Anstieg, der zu einem schmalen Ausgang in Sichtweite des Schiffes hinaufführt. Fraglos haben Mitglieder Ihrer Mannschaft die Höhle gesehen und angenommen, dass es sich bloß um den Schlupfwinkel irgendwelcher Tiere handelt. Als Ihr Raumschiff landete, trugen wir Sorge, den Ausgang mit einigen losen Felstrümmern und Gesteinsbrocken zu versperren, die leicht wieder entfernt werden können.
Was die Rückkehr zu Ihren Kameraden betrifft – nun, ich fürchte, das ist kaum machbar. Sie müssen unser Gast bleiben. Vielleicht für immer.«
In beinahe schroffem Tonfall fügte er hinzu: »Wir wünschen nicht, dass unsere Existenz Kundschaftern von der Erde bekannt wird. Nach allem, was wir von eurer Welt und eurem Umgang mit den Völkern des Mars und der Venus gesehen haben, deren Territorien ihr allmählich an euch reißt, halten wir es für unklug, uns menschlicher Neugier und Raublust auszusetzen. Unsere Zahl ist gering und wir wünschen, in Frieden gelassen zu werden – unbehelligt zu bleiben.«
Bevor Howard irgendeinen Widerspruch vorbringen konnte, fand eine bemerkenswerte Unterbrechung statt. Laut und sich Gehör verschaffend wie ein Fanfarenstoß erklang eine Stimme in der leeren Luft zwischen Agvur und dem Mann von der Erde. Howard erschrak sichtbar und die drei Merkurianer schienen in gebannter Obacht förmlich zu erstarren. Die Stimme redete fast eine Minute lang. Sie sprach schnell und in hochmütigem, befehlsgewohntem Ton. Howard verstand kein einziges der Wörter, deren Klang ihm seltsam und fremd vorkam. Und doch verursachte etwas an der Ehrfurcht gebietenden Stimme in ihm einen kalten Schauder: etwas, das von schrankenloser, unbeugsamer Macht kündete.
Die Stimme verstummte mit einem hellen, barschen Laut und die merkurianischen Zuhörer vollführten eine seltsame Kopfbewegung, so als bekundeten sie Gehorsam gegenüber einem höheren Willen.
»Unser gegenwärtiger Herrscher und oberster Wissenschaftler Ounavodo«, erläuterte Agvur, »hat eben aus seiner Halle in den unteren Ebenen zu uns gesprochen. Nach stundenlangem Bedenken hat er eine Entscheidung über Ihr Schicksal getroffen. In gewisser Hinsicht bedauere ich seinen Entschluss, der mir ein wenig hart vorkommt. Doch müssen die Anordnungen des Shol, wie wir unseren uralten Herrscher nennen, bedingungslos befolgt werden. Ich muss Sie ersuchen, mich zu begleiten. Unterwegs gebe ich Ihnen eine
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