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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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abzweigten. Entsetzt und aufgewühlt, wie er nach Agvurs Mitteilungen war, achtete Howard darauf, sich die Route, die sie einschlugen, genau einzuprägen.
    Howard erwiderte nichts auf die Worte des Merkurianers. Er fühlte sich hilflos einer außerirdischen, übermenschlichen Rasse ausgeliefert, die offenbar über wissenschaftliche Kenntnisse und Errungenschaften gebot, die der Menschheit noch nicht zur Verfügung standen. Er überdachte seine Lage mit einer Schnelligkeit, die purer Verzweiflung entsprang. Und er gelangte zu dem Entschluss, dass es am besten war, so zu tun, als füge er sich dem Willen seiner Entführer. Seine Hand stahl sich instinktiv zur Tasche, in der er die kleine Tonanit -Pistole mit ihren zwölf Ladungen tödlicher Hitze-Explosivgeschosse verwahrt hielt. Bestürzt, wenn auch kaum überrascht, stellte er fest, dass die Waffe fehlte.
    Howards Handbewegung war Agvur nicht entgangen und ein eigentümliches, höhnisches Lächeln flog über das nichtmenschliche, vergeistigte Antlitz des Gelehrten. In seiner Verzweiflung dachte Howard daran, aus dem Fahrzeug zu springen. Doch angesichts ihrer hohen Geschwindigkeit hätte dies den Tod oder zumindest gebrochene Knochen bedeutet.
    Howard bemerkte, dass der abschüssige Korridor in eine geräumige, horizontale Höhle mit vielen Seiteneingängen mündete, durch die zahlreiche Oumni ein- und ausgingen. Hier entstiegen sie dem bootsähnlichen Gefährt und Howard wurde von Agvur durch einen der Seiteneingänge in eine weitere Höhle mit den Ausmaßen eines Saals geleitet. Hier hatten etwa fünfzig der weißen Unterweltbewohner in schweigenden, halbkreisförmigen Reihen Aufstellung bezogen.
    Sie alle hatten ihre Gesichter der gegenüberliegenden Wand zugekehrt. Doch viele von ihnen drehten sich um, als er eintrat, und betrachteten den Mann von der Erde mit undurchdringlichen Mienen, aus denen im besten Fall Neugier, im schlimmsten Fall Verachtung sprach. Unterdessen schob Agvur seinen Gefangenen nach vorne in die erste Reihe der Wartenden. Dort bedeutete er ihm, am äußeren Ende Platz zu nehmen.
    Jetzt sah Howard erstmals das ungewöhnliche Gebilde, dem sich die Oumni zugewandt hatten. Offenbar handelte es sich um ein wurzelloses pflanzliches Gewächs mit einem gedunsenen, gelblichen Stamm oder Rumpf, der dem eines Kugelkaktus glich. Von dieser mannshohen Basis hing ein Dickicht schlaffer, geringelter, blattloser Zweige von schriller, arsengrüner Färbung und gesäumt von weißlichen Borsten bis auf den Höhlenboden herab.
    In einem eindringlichen Flüsterton erklärte Agvur: »Diese Pflanze wird die Roccalim genannt. Wir benutzen sie, um aus einer festgelegten Gruppe die Person auszuwählen, die in den Schmelzofen mit dem flüssigen Mouffa geworfen wird. Sie werden bemerken, dass gemeinsam mit Ihnen etwa fünfzig Anwärter auf diese Ehre versammelt sind – sie alle haben aus dem einen oder anderen Grund den Unmut von Ounavodo erregt oder Anlass zu Zweifeln an ihrem gesellschaftlichen Nutzen gegeben. Ihr alle werdet einer nach dem anderen im Kreis um die Roccalim herumschreiten, immer in Reichweite der empfindsamen, beweglichen Zweige. Die Pflanze wird das vorbestimmte Opfer hervorheben, indem sie es mit den Spitzen dieser Zweige berührt.«
    Bei Agvurs Worten verspürte Howard den Schauder einer unterschwelligen Drohung. Doch während des folgenden unheimlichen Rituals geriet dieses Vorgefühl akuter Gefahr beinahe in Vergessenheit.
    Einer nach dem anderen traten die schweigenden Oumni vom äußeren Ende der Reihe, in der auch Howard stand, vor und umrundeten die sonderbare Pflanze gemessenen Schrittes. Stets hielten sie einen etwa armlangen Abstand zu den reglosen, giftgrünen Zweigen ein, die an schlafende, halb zusammengerollte Schlangen gemahnten. Die Roccalim bewahrte eine gleichgültige Grabesstille und äußerte nicht das geringste Lebenszeichen, während ein Oumni nach dem anderen die gefährliche Umkreisung vollendete und sich auf die gegenüberliegende Seite des Gemachs zurückzog, wo er Aufstellung bezog und die Musterung der übrigen Kandidaten verfolgte.
    Etwa zwanzig der weißhäutigen Unsterblichen hatten sich dieser Prozedur bereits unterzogen, als Howard an die Reihe kam. Entschlossen und mit dem Gefühl, einer unwirklichen und bizarren Situation statt echter Gefahr ausgesetzt zu sein, trat er vor und begann die orakelhafte Pflanze zu umschreiten. Die Oumni sahen wie Alabasterstatuen zu; alles war reglos und stumm, abgesehen von einem

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