Die Grabräuber
Bewacher abgestellt war.
Darüber ärgerte sich Quen immer mehr. Schließlich mischte er selbst bei der Untersuchung mit. Nahm sich aber kein Zimmer vor, sondern einen kleinen Wäscheraum der am Ende des Ganges lag. Da die Tür verschlossen war, trat Quen sie kurzerhand ein. Das Holz splitterte sofort. Es war ziemlich dünn. Quen räumte einige Latten zur Seite und machte Licht.
Der Raum war schmal, aber tief. Rechts und links befanden sich Regale, in denen die Wäsche lag. Und der Tür gegenüber, dabei genau an der Wand, hing der Mann, der als Bewacher abgestellt worden war. Er war tot. Man hatte ihn an einen Haken gehängt.
Quens Blick wurde hart. Durch die Nase saugte er den Atem mit einem scharfen Geräusch ein, dann schwang er herum und rief nach seinen Leuten. Drei kamen sofort.
»Da«, sagte Quen nur und deutete über die Schulter. Die Männer schluckten. Flüsternd sprachen sie den Namen ihres Kollegen aus.
»Tut was!« herrschte Quen die Leute an. »Verhören! Alle hier auf dem Gang! Auch die Ausländer! Aber zuerst das Personal! Habt ihr verstanden?«
»Ja.«
»Ihr findet mich unten. Da will ich Ergebnisse sehen.« Die Männer versprachen, ihr Bestes zu geben.
Quen hielt nichts mehr. Er verspürte Durst und wollte ein Glas trinken. Das war er von seinen Auslandsbesuchen her so gewohnt, und er empfand diese westliche Eigenart sogar als angenehm. Man bekam in China auch alles, wenn man die nötigen Beziehungen hatte. Quen hätte gern einen Scotch getrunken - das traute er sich doch nicht, deshalb nahm er einen Tee und ließ sich das Telefon in Reichweite stellen. Er hatte an der Bar seinen Platz gefunden. Sie war erst nachträglich eingebaut worden, nachdem Touristen aus dem Westen danach verlangt hatten. Zwar konnte sie nicht mit den eleganten Hotelbars anderer Touristen-Herbergen konkurrieren, aber für Shanghai reichte es. Und für Quen auch. Er war froh, dass er sich überhaupt so einen Platz hatte aussuchen können.
Das Verschwinden der beiden Engländer passte ihm überhaupt nicht, wobei er Suko nicht mehr als Landsmann ansah. Zwei Männer aus dem Westen durften sich außerhalb der Kontrolle bewegen. So etwas kam in China nicht vor. Dass es ihnen dennoch gelungen war, lag dem Mann schwer im Magen. Hinzu kam die Gefahr, in der sie sicherlich schwebten. Quen konnte sich nicht vorstellen, dass sie von allein verschwunden waren. Da hatte jemand nachgeholfen.
Und auch den Mord an dem Aufpasser lastete Quen den beiden Engländern nicht an. Dahinter steckte eine andere Gruppe, die sich in diesem Land breit machte. Es musste eine sein, zu der auch Wan gehört hatte. Eine gefährliche Clique, die mit Kräften spielte, die nicht zu kontrollieren waren. Das setzte Quen so zu. Nicht nur die Tatsache, dass er den Überblick verloren hatte, sondern dass es Gegner gab, von denen er noch keine Kenntnis hatte. Fast wütend trank er seinen Tee und bestellte sofort ein neues Glas. Kaum hatte man es vor ihm hingestellt, als das Telefon klingelte. Quen, der ahnte, dass der Anruf ihm galt, hob sofort ab.
Es war sein Stellvertreter, der den Einsatz leitete.
»Habt ihr was gefunden?«
»Nein.«
»Und alles abgesucht?«
»Ja, Quen.«
Der Mann an der Bar schüttelte den Kopf. Er gab nicht sofort eine Antwort, schließlich erkundigte er sich nach den Zeugenbefragungen.
»Sie sind noch nicht durchgeführt worden.«
»Beeilt euch.«
»Ja, Quen.«
Wütend legte der Mann an der Bar den Hörer auf Die Hierarchie wurde hier eingehalten. Sein Gesprächspartner war ihm untergeben, deshalb auch die knappen, devoten Antworten.
Aus dem Hotel waren sie nicht herausgekommen. Davon ging Quen aus. So etwas wäre immer aufgefallen, also mussten sie noch in diesem Kasten stecken oder aber durch einen Schlupfwinkel entkommen sein. Gab es den? Darüber wusste Quen nicht Bescheid. Eine geschlagene Stunde musste er warten, bis man ihm die ersten Ergebnisse durchgab. Keine Zeugen, die etwas gesehen hatten. Auch nicht das Personal, das in diese Richtung hin gut geschult war. Die Engländer schienen sich in Luft aufgelöst zu haben. Nur wollte Quen nicht daran glauben Er rutschte vom Hocker.
»Wir werden das Hotel durchsuchen«, sagte er zu seinem Stellvertreter. »Und wo fangen wir an?«
Quen überlegte einen Moment. »Im Keller. Ich bin mit dabei. Nimm du fünf Leute mit.«
Sein Stellvertreter verschwand, um die Männer zu holen. Quen war wütend. Alles dauerte ihm viel zu lange. Mittlerweile war viel Zeit vergangen, die
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