Die Grabstein-Clique
Grab, wo ein Toter in Ruhe schlafen kann, nein, das ist es nicht. Es ist ein Ort, wo der Teufel gern hinkommt, wo er vielleicht auch wohnt, wo er seine Freude hat und daraufwartet, daß Menschen ihn besuchen.«
»Haben Sie ihn besucht?«
Der Wildhüter schaute mich an, als hätte ich ihm einen schmutzigen Antrag gemacht. »Nein!« erklärte er entschieden. »Ich meide den Ort, und das solltet ihr auch tun, wenn euch euer Leben lieb ist. Da regieren die Mächte des Bösen. Man hat das Grab zerstört, aber man hat den Fluch nicht vertreiben können.«
»Warum zerstörte man es?« wollte ich wissen, ohne auf seine Warnung einzugehen.
»Weil man merkte, daß es gefährlich ist.«
»Ist es schon lange ein Trümmerhaufen?«
»Nein.«
Ich räusperte mich. »Bleiben wir bei der Zerstörung. Sie hat also nichts geholfen, wie ich annehme – oder?«
»Nicht viel. Und ich bin sicher, daß es der Teufel wieder aufrichten lassen wird.«
»Warum?«
Sean Watkins hob die Schultern. »Das kann ich euch nicht genau sagen. Für ihn ist es wichtig, denn von dort kann er in sein Reich gelangen. Muß ich noch mehr sagen?«
Suko wollte es genauer wissen. »Ist es vielleicht ein Zugang zur Hölle?«
Sean Watkins hob die Schultern. »Also ja.«
»Man sagt es.«
Suko ließ nicht locker. »Und man hat diesen Zugang zerstört.«
»Das versuchte man.«
»Aber es gelang nicht?«
Der Wildhüter zuckte mit den Schultern. »Nein, nicht so, wie man es sich vorgestellt hat.«
»Wer fand den Mut, das Grabmal zu zerstören?«
Sean Watkins schwieg. Er starrte zu Boden, knetete seine Hände. Mir kam ein bestimmter Verdacht. In die Stille hinein fragte ich mit leiser Stimme. »Waren Sie es?«
»Warum fragen Sie, wenn Sie es wissen.«
»Weil wir hinwollen.«
Watkins wollte lachen, doch es klang wie ein Gurgeln. »Sind Sie Selbstmörder, oder stehen Sie auf der Seite des Teufels.«
»Das bestimmt nicht. Wir wollen ihn stoppen. Wir wollen das vollenden, was Sie begonnen haben.«
»Und dabei euer Leben verlieren.«
»Nein.«
»Der Teufel ist stärker. Man kann nicht gegen ihn ankämpfen, nicht als Mensch. Ich weiß das, und ich weiß auch, daß er weiß, wersein Grabmal zerstört hat.«
»Was bedeutet das?«
»Daß er mich vernichten wird. Er wird kommen und mir keine Chance lassen. Er wird sogar wahrscheinlich heute erscheinen. Als ich euch sah, dachte ich, daß er zwei Helfer geschickt hat. Aber seine Helfer sehen anders aus.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil ich eine Frau sah. Zwar nur aus der Ferne, aber ich konnte erkennen, daß sie die Kleidung einer Nonne trug, und sie bewegte sich auf das Grabmal zu.«
Normalerweise hätte ich gesagt, daß eine Nonne sich bestimmt nicht mit dem Höllenherrscher verband. Mir blieb diese Bemerkung im Hals stecken, denn ich dachte an die tote Äbtissin, die durch eine ihrer Schwestern umgebracht worden war.
Sie war nicht die einzige gewesen, es gab noch weitere Tote, so daß wir damit rechnen mußten, auf weitere Gegner zu treffen und die Nonne nicht allein das Grab besuchte, sondern sich mit drei anderen Mördern zusammentat.
Ein besseres Quartett hätte sich der Teufel nicht aussuchen können. Und das würde noch an diesem Tag oder in der folgenden Nacht ablaufen. Deshalb mußten wir so schnell wie möglich hin.
»Ihr glaubt mir?« fragte der Mann.
»Sicher.«
»Dann werdet ihr auch so vernünftig sein und euch jetzt auf den Rückweg machen. Das Böse kennt kein Pardon. Es wird euch ebenso überrennen wie mich.«
»Wir werden es stoppen!«
»Narren!« schimpfte er. »Verdammte Narren. Wie leicht nehmt ihr den Teufel denn?«
»Wir kennen ihn«, sagte Suko.
»Ach ja? Woher denn?«
»Wir bekämpfen ihn!«
Watkins schwieg. Diese Antwort verstand er bestimmt nicht, aber ich wollte etwas anderes von ihm wissen und erkundigte mich danach, wie weit das Grab von dieser Hütte aus entfernt lag.
»Wenn man den Weg kennt und querfeldein geht, kann man es in zwanzig Minuten erreicht haben. Ansonsten dauert es länger.«
»Würden Sie uns denn führen, Mr. Watkins?«
Er setzte sich starr hin. Alles an ihm schien eingefroren zu sein. »Ich soll wieder zu diesem Grab? Nein, das… das kann keiner von mir verlangen. Ich werde nicht gehen, ich weiß, daß mich der Teufel besucht, um sich zu rächen, doch ich werde ihm nicht freiwillig in die Arme laufen. Das kann keiner verlangen.«
»Aber den Weg würden Sie uns beschreiben?« fragte Suko.
»Sicher. Allerdings ungern. Ich will nicht, daß
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