Die Grabstein-Clique
sie freigemacht worden war.
»Sind alle da?«
»Wir haben nur noch auf dich gewartet.«
Clara war zufrieden. Trotzdem fragte sie. »Und wenn ich nicht gekommen wäre, sondern eine andere Person, eine Fremde?«
»Hätten wir sie getötet, denn ihr Blut hätte die Erde des Meisters tränken müssen.«
Die Nonne schauderte zusammen, als sie die Worte vernahm. Es war bei ihr kein Schauder der Angst, sondern der Ehrfurcht, wußte sie doch, daß sie sich unter Gleichgesinnten befand.
»Wo gehen wir hin?«
Cora Vandell streckte den Arm aus und bewegte winkend ihre Finger. Die Nonne verstand das Zeichen. Sie lächelte und nickte zweimal heftig. Endlich fühlte sie sich sicher.
Geborgen im Schoß des Teufels…
***
Der Mann mit dem Gewehr hatte unsere Polizeiausweise gesehen, war etwas freundlicher geworden und schaute uns trotzdem noch mißtrauisch aus seinen dunklen Augen an, die dieselbe Farbe aufwiesen wie sein Seehundbart auf der Oberlippe.
Der Mann gehörte zu den Jägern und Hegern im Gebiet der Black Mountains. Man hatte uns den Rat gegeben, seine Hütte im Wald anzufahren, uns aber gleichzeitig vor ihm gewarnt, denn die lange Einsamkeit hatte ihn menschenscheu und seltsam werden lassen.
»Was wollt ihr Polizisten hier aus dem Dreckloch London?« knurrte er uns an.
»Unter anderem mit Ihnen sprechen.«
»Und wenn ich nicht will?«
»Bitte«, sagte ich. »Man hat uns erzählt, daß Sie uns weiterhelfen könnten.«
Er schaute auf unseren Rover, verzog verächtlich die Lippen, nickte und deutete nach vorn, wo sein Holzhaus fast im Schatten der Bäume verschwand, die hinter dem Haus hochwuchsen. Vor der Tür saß ein Schäferhund, der hin und wieder nach Insekten schnappte, uns ansonsten aber nicht aus den Augen ließ, obwohl er sich schläfrig gab. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und fluchte innerlich über die sommerliche Schwüle. Südwind hatte uns diese Temperaturen gebracht. Da wir früh am Morgen gestartet waren, fühlten wir uns nach der langen Fahrt schlapp.
Dr. Howard hatte uns noch erklärt, wo wir das ungewöhnliche Grabmal finden konnten, aber eine ganz genaue Beschreibung hatten wir nicht erhalten.
In einem kleinen Ort hatten wir uns erkundigt. Ein uniformierter Kollege hatte uns dann an Scan Watkins verwiesen, den Wildhüterund Beinahe-Einsiedler. Bei diesem Wetter hatte man Blei in den Knochen, da machte auch ich keine Ausnahme, dementsprechend müde schlurfte ich durch das hohe Gras auf die vor dem Haus stehende Holzbank zu, die aus schlichten Balken gezimmert war.
Sean Watkins deutete schweigend auf die Sitzfläche, und wir nahmen Platz. Der Schäferhund verließ seinen Platz. Er trottete auf uns zu, beschnüffelte uns, schien zufrieden zu sein und legte sich zu den Füßen seines Herrn nieder.
Der sagte erst mal nichts. Er schaute nach vorn gegen die Berge und hinein in die wilde Gegend, wo mit Blumen bestückte Wiesen aussahen wie ein bunter Teppich.
»Was lohnt eine Fahrt von London hierher?« fragte er uns.
Suko räusperte sich. »Ein Grabmal.«
Watkins hob den Kopf und schaute Suko dann an. »Haben Sie von einem Grabmal gesprochen?«
»Richtig.«
»Und da wollt ihr hin?«
»Ja.«
Sean Watkins sagte nichts. Er lachte nicht, er wollte uns auch nicht einreden, daß es falsch war, was wir da getan hatten. Er strich nur über sein Kinn und schaute in die Ferne, schien nachzudenken. Wir störten ihn auch nicht. »Nun?« fragte ich nach einer Weile. »Können Sie uns vielleicht weiterhelfen, Mr. Watkins.«
»Nein.«
Wir ließen uns unsere Enttäuschung nicht anmerken, dennoch wollte ich den Grund wissen. »Dort geht man nicht hin.«
»Aber Sie kennen es?«
Er wischte seine Hände an der rustikalen grünen Lederhose ab.
»Ja, es ist mir bekannt.«
»Dann waren Sie auch mal da?«
»Früher einmal.«
»Und warum heute nicht?«
»Es ist kein guter Ort«, sagte er mir.
Das mußte ich zunächst einmal so stehenlassen. Sicherlich hatte er damit recht, denn er bestätigte indirekt die Worte des Dr. Howard. Aber so einfach wollten wir uns nicht abspeisen lassen, wobei Suko die Schulter hob und meinte: »Das würden wir gern genauer erklärt haben, Mr. Watkins.«
Der hob das rechte Bein und legte es auf das linke. Dann atmete er seufzend. »Ich habe noch niemanden gewarnt. Bei euch tue ich es. Man sagt dem Ort nach, daß er verflucht sei.«
»Durch wen?«
»Es hat keiner einen Fluch ausgesprochen, doch es heißt, daß dort Böses geschehen ist. Es ist kein normales
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