Die Grabstein-Clique
sich was zusammen. Wir werden bald im Regen ertrinken. Ich kenne die Gewitter in dieser Gegend. Sie sind fürchterlich. Sie brauen sich zwischen den Bergen zusammen. Es dauert Stunden, bis es zur Entladung kommt. Dann aber explodiert die Welt. Donner und Blitze lösen sich ab. Das ist fast wie in den Tropen.«
»Was erwarten Sie dort oben?« fragte ich, denn ich hatte die beiden inzwischen erreicht.
»Ich will es sehen.«
»Sie kennen es doch!«
Er starrte mich an, seine Lippen zuckten. »Ja«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich kenne es verdammt gut, denn ich habe es sehr oft besucht. Und ich will euch beiden sagen, daß das Böse nicht verschwunden ist. Laßt mich vorgehen, ich bin nicht zum erstenmal dort. Ich werde euch schon den richtigen Weg zeigen.«
Er hatte sehr hektisch gesprochen, sein Blick begann zu flackern. Die Nervosität hielt ihn in ihren Klauen, immer wieder schaute er den Rest der Strecke hoch.
»Gut, gehen Sie!« entschied Suko.
»Ja.« Watkins bewegte seine Hände sehr fahrig. »Machen wir es doch so. Sie lassen mich erst allein an den Platz. Ich sage Ihnen dann Bescheid, was ich entdeckt habe.«
»Wir bleiben in Ihrer Nähe.«
»Das sollen Sie auch.«
So ganz paßte mir das nicht, denn auf der Kuppe des Hangs schien sich tatsächlich etwas zusammenzubrauen. Zudem lag sie an exponierter Stelle. Die dichten, dicken Wolken trieben über sie hinweg und sahen so aus, als wollten sie sich im nächsten Moment auf den Hügel legen, um ihn zusammenzudrücken.
Der Nebel war nicht mehr vorhanden. Trotzdem glaubten wir nicht daran, daß sich auch der Teufel von diesem Ort zurückgezogen hatte. Seine ersten Angriffe waren mißlungen. Ich ging davon aus, daß er weitermachen würde und auf keinen von uns Rücksicht nahm.
»Ich… ich gehe jetzt!« Er sprach den einen Satz hektisch aus. Seine Augen glänzten. Vielleicht aus Freude, möglicherweise aus Erwartung, ich konnte es nicht sagen.
Wußte er mehr?
»Sie haben keinen Schutz, Mr. Watkins«, sagte ich und deutete auf das Kreuz. »Es wäre vielleicht besser, wenn ich es Ihnen überlasse. Sie können es mir dann zurückgeben, okay?«
Damit hatte ich genau das Falsche gesagt. Erschrocken hob er beide Hände. Er zuckte zurück, sah aus, als hätte er Angst vor dem Kreuz und gab uns beiden keine Erklärung. Statt dessen drehte er sich um und lief weiter.
Diesmal jagte er schon fluchtartig der alten Grabstätte entgegen. So schnell, daß wir das Nachsehen hatten und uns auch klar wurde, daß wir ihn nicht mehr einholen konnten.
Das Grabmal selbst konnten wir noch nicht sehen, dafür aber die natürliche Deckung, die sich um den Platz herum aufgebaut hatte. Zähes Gestrüpp mit krummen Armen, die manchmal so dick wie kleine Baumäste waren. Dieses Zeug bildete einen ineinander verschlungenen und verknoteten Wirrwarr.
Scan Watkins durchbrach ihn. Wir hörten das Reißen und Knacken der Äste, dann seine Stimme.
»Ja, es ist da!« brüllte er. »Das Grabmal ist da! Man hat es wieder aufgestellt, man…«
Seine Stimme erstickte. Nicht freiwillig, denn etwas Furchtbares geschah.
Direkt über seinem Kopf ballte sich die dunkelgraue Wolkenmacht zusammen.
Und von dort schoß etwas als gezackter heller Speer hervor. Ohne irgendwelche Vorwarnung jagte er in die Tiefe. Wir hatten den Eindruck, als wäre dieser Blitz an seinem Ende von der Fratze des Teufels gezeichnet.
Ersuchte und fand sein Ziel!
Es war Sean Watkins, in den der helle Speer hineinjagte. Und wir bekamen diese Demonstration des Teufels hautnah mit. Nicht nur der helle Blitz brachte Licht, auch der Mann selbst, der aussah, als würde er von zahlreichen Fotoapparaten zugleich fotografiert, wobei deren Blitze in seinen Körper hineinjagten.
Wie eine Silhouette sah er aus. Im Zentrum dunkel, hell an den Rändern. Und er hatte beide Arme in die Höhe gerissen, wobei er seine Finger bewegte, die Hände zu Fäusten schloß, sie wieder öffnete und streckte, als wollte er mit den Fingerspitzen die nächsten Blitze auffangen, um sie als Lebensenergie verwenden zu können.
Das jedoch schaffte er nicht. Wenn Energie, dann zerstörte sie. So auch ihn.
Sein Schrei war fürchterlich. Der letzte Ruf im Leben eines Menschen, bevor sein Dasein erlosch.
Plötzlich tanzten kleine, helle Feuer um seine Gestalt, die längst an Größe verloren hatte. Sie war zusammengesackt, besaß keine normale Haut mehr, sondern nur ein dunkles, beinahe schwarzes Etwas, vergleichbar mit Rinde und Kohle.
Natürlich
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