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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Ihr Herz fühlt nicht das Bedürfnis nach Liebe, wie andere Frauenherzen; aber meine Nichtachtung würde sie mit Recht übelnehmen ...«
    »Herr Graf,« erwiderte die Königin, »Sie sind ja sehr besorgt ... Sie sollten sich zuvor überzeugen, ob die Gräfin an Sie denkt.«
    »Ich weiß nicht, ob die Gräfin jetzt an mich denkt«, erwiderte Charny; »aber bei meiner Abreise hat sie an mich gedacht, das weiß ich.«
    »Sie hat Ihnen geschrieben?«
    »Sie hat meinem Bruder Isidor einen Brief an mich übergeben.«
    »Aber sie hatte mir doch geschworen ... Antworten Sie, was stand in dem Briefe! ...«
    »Ich habe den Brief nicht gelesen. Er sollte mir durch meinen Bruder nur in dem Falle, daß ich tödlich verwundet würde, übergeben werden, aber er fiel ... Man hat dem Toten seine Papiere abgenommen, unter denen der Brief der Gräfin war und dieser Zettel ... wenn Eure Majestät die Gnade haben wollen, ihn zu lesen?«
    Die Königin las:
    »Dieser Brief ist an meinen Bruder, den Grafen Olivier von Charny gerichtet; er ist von seiner Gemahlin, der Gräfin von Charny, geschrieben ...«
    Als sie die Worte gelesen hatte: » ... damit er vor seinem Ende das darin enthaltene Geheimnis kennenlerne ...«, sagte sie:
    »Leugnen Sie es jetzt noch, daß Sie von ihr geliebt werden? ...«
    »Wer, ich? ... Die Gräfin sollte mich lieben? Das ist unmöglich!«
    »Warum denn? ... Liebe ich Sie doch!«
    »Aber die Gräfin würde mir's gesagt haben, sie hatte sechs Jahre Zeit.«
    »Nein,« erwiderte Marie Antoinette, »sie hat Ihnen nichts gesagt, weil ... sie wohl weiß, daß sie Ihre Gattin nicht sein kann!«
    »Die Gräfin von Charny kann meine Gattin nicht sein?« wiederholte Olivier.
    »Nein,« erwiderte die Königin, »sie weiß wohl, daß zwischen Ihnen ein Geheimnis besteht, das Ihre Liebe töten würde; sie weiß, daß sie durch die Mitteilung dieses Geheimnisses Ihre Verachtung verdienen würde.«
    »Meine Verachtung! ... ich sollte die Gräfin verachten?«
    »Was anderes verdient die Mutter ohne Gatten, das Weib, das nur dem Namen nach Gattin ist?«
    Charny wurde leichenblaß.
    »Madame!« sagte er, »Sie haben zuviel oder zuwenig gesagt ... und ich habe das Recht, Sie um eine Erklärung zu bitten.«
    »Was fällt Ihnen ein, Herr Graf? Von mir, der Königin, verlangen Sie eine Erklärung?«
    »Ja, Madame«, erwiderte Charny.
    In diesem Augenblick ging die Tür auf:
    »Doktor Gilbert bittet um die Ehre, Eurer Majestät seine Ehrerbietung bezeigen zu dürfen!«
    »Er soll hereinkommen!«
    Die Königin wandte sich wieder zu dem Grafen und sagte mit starker Betonung:
    »Sie wünschten eine Erklärung in betreff der Gräfin. Diese Erklärung verlangen Sie von dem Doktor Gilbert ... er kann sie Ihnen besser und vollständiger geben als irgend jemand.«
    Gilbert hörte die letzten Worte der Königin und blieb unbeweglich an der Tür stehen.
    Marie Antoinette warf dem Grafen das Billett seines Bruders zu und wollte in ihr Ankleidezimmer gehen; aber Charny trat ihr in den Weg und faßte ihre Hand.
    »Verzeihen Sie, Madame,« sagte er, »diese Erklärung muß in Ihrer Gegenwart abgegeben werden.«
    »Herr Graf,« sagte Marie Antoinette, indem sie ihm einen flammenden Blick zuwarf, »Sie scheinen zu vergessen, daß ich die Königin bin!«
    »Sie verleumden Ihre Freundin; Sie beleidigen aus Eifersucht die Gattin eines Mannes, der seit drei Tagen zwanzigmal sein Leben für Sie gewagt hat ... die Gemahlin des Grafen von Charny! ... In Ihrer Gegenwart soll der Verleumdeten Gerechtigkeit widerfahren ...«
    »Gut, es sei«, sagte die Königin. »Herr Gilbert, Sie hören, was der Herr Graf wünscht.«
    Gilbert trat vor und sah Marie Antoinette mit tiefem Schmerz an.
    »Herr Graf,« sagte er, sich an Charny wendend, »was ich Ihnen zu sagen habe, ist die Schmach eines Mannes und der Ruhm einer Frau ... Ein Bauer, der kaum dem Knabenalter entwachsen war, entbrannte in sündiger Leidenschaft für das Fräulein von Faverney; er hatte keine Achtung vor ihrer Jugend, Schönheit und Unschuld. Eines Tages fand er sie in Ohnmacht und ... schändete sie! ... Das Fräulein von Faverney ist ein Engel! Die Gräfin von Charny ist eine Märtyrerin!«
    Charny wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Ich danke Ihnen, Herr Gilbert«, sagte er. – »Madame,« setzte er, sich an die Königin wendend, hinzu: »ich wußte nicht, daß das Fräulein von Faverney so unglücklich gewesen ist; ich wußte nicht, daß die Gräfin von Charny so ehrenhaft ist ... sonst

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