Die Graefin Charny
will die Mutter Sebastians retten.«»Du weißt, daß Danton als Justizminister die Schlüssel des Gefängnisses hat.«
»Jawohl, aber ich weiß auch, daß Sie dem Justizminister sagen können: Schließen Sie diese Tür auf!«
Cagliostro trat an den Schreibtisch, schrieb auf ein kleines Stück Papier einige kabbalistische Zeichen und reichte Gilbert den Zettel.
»Hier, mein Sohn,« sagte er, »geh zu Danton und verlange von ihm, was du willst.«
Gilbert stand auf und eilte zu Danton.
Dieser kannte den berühmten Arzt vom Ansehen und dem Namen nach. Er ging ihm entgegen.
»Sie kommen wie gerufen, Doktor.«
Der Doktor begrüßte Danton und verneigte sich, als er hinter dem letzteren eine Dame bemerkte, die weinte.
»Das ist meine Frau«, setzte Danton, hinzu. »Sie glaubt, ich sei als Justizminister stark genug, Marat und Robespierre und den ganzen Gemeinderat an Mord und Blutvergießen zu hindern.«
Gilbert sah Madame Danton an. Diese stand mit gefalteten Händen da und weinte.
»Madame,« sagte Gilbert, »wollen Sie mir erlauben, diese mitleidigen Hände zu küssen?«
»Da bekommst du ja ganz unerwartet Verstärkung!« sagte Danton.
»Oh, mein lieber Herr,« schluchzte die arme Frau, »sagen Sie ihm doch, daß sein ganzes Leben mit Blut befleckt bleibt, wenn er das Blutbad zugibt.«
»Wenn es weiter nichts wäre,« erwiderte Gilbert, »wenn dieses Blutbad auf der Stirn eines einzigen bleiben müßte, dann wäre es nichts; was liegt an dem Leben, an der Ehre eines einzigen Bürgers. Aber durch eine solche Tat wird ganz Frankreich gebrandmarkt.«
»Gilbert,« sagte Danton, »wenn der Vesuv Feuer speit, so nennen Sie mir einen Mann, der stark genug wäre, die strömende Lava aufzuhalten.«»Wenn man Danton heißt, fragt man nicht, wo ein solcher Mann zu finden ist, man sagt: Hier ist er, und handelt.«
»Gut,« sagte Danton, »ich werde mein Glück versuchen. Ob es gelingt, weiß keiner ... Herr Gilbert, Sie haben ein Anliegen; womit kann ich Ihnen dienen?«
Gilbert zog den Zettel, den ihm Cagliostro gegeben hatte, aus der Tasche.
»Ah! Sie kommen auf seine Empfehlung«, sagte Danton; »was wünschen Sie?«
»Die Freiheit der Gräfin von Charny, die in der Abbaye gefangen sitzt.«
Danton nahm ein Blatt Papier und schrieb sogleich den Freilassungsbefehl aus.
Gilbert verneigte sich und begab sich mit dem kostbaren Papier, das der Gräfin von Charny das Leben wiedergab, in die Abbaye.
Er folgte dem Schließer eine drei Stockwerk hohe Wendeltreppe hinauf und trat in ein kleines Zimmer, in dem eine Lampe brannte.
Der Schließer hatte die Tür hinter dem Doktor zugezogen und blieb draußen stehen.
»Frau Gräfin ...« sagte Gilbert nach einer Weile.
»Sie sind's, Herr Gilbert?« fragte Andrea; »was wollen Sie von mir?«
»Madame,« erwiderte Gilbert, »es gehen unheimliche Gerüchte; man sagt, man werde morgen die Gefängnisse ...«
»Ja,« unterbrach ihn die Gräfin, »man will uns morden ... Aber Sie wissen ja, Herr Gilbert, daß ich auf den Tod vorbereitet bin.«
Gilbert verneigte sich. »Ich bin gekommen, um Sie abzuholen, Madame«, sagte er. »Sie sind frei.« Dabei reichte er ihr den Freilassungsbefehl.
Die Gräfin gab keine Antwort, sie zerriß das Schreiben Dantons in vier Stücke und warf es ins Feuer. Gilbert schrie laut auf.
»Ich will sterben«, sagte Andrea. »Ich habe nur eine Bitte: suchen Sie meine Leiche vor Beschimpfungen zu schützen. Mein Gemahl ruht in der Gruft seines Schlosses Boursonne. Dort habe ich die einzigen glücklichen Tage meines Lebens zugebracht, und ich wünsche an Charnys Seite zu ruhen.
»Gut, Madame, Sie haben Ihren Willen ausgesprochen, ich muß gehorchen.«
Was Danton erwartet hatte, trat ein; sein Antrag wurde abgelehnt.
Der Gemeinderat wollte Blutvergießen und Diktatur. Er entschied sich für die Ernennung eines Aufsichtskomitees.
Um zehn Uhr war dieses Mordkomitee zusammengetreten und erließ sofort den Befehl, vierundzwanzig Gefangene aus der Mairie in die Abbaye. zu bringen. Unter diesen befanden sich neun Geistliche.
Man ließ sie durch die aus Marseille und Avignon herübergekommenen Verbündeten aus ihren Gefängnissen holen und in sechs Wagen fortschaffen. Das Zeichen der Abfahrt wurde durch einen Schuß der Lärmkanone gegeben.
Anfangs blieben die Unglücklichen in den Kutschen unbehelligt; aber bald wurde von ihren vermeintlichen Beschützern das Volk gegen sie aufgereizt.
»Sehet,« sagten sie zu den mit jeder Minute anschwellenden
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