Die Graefin Charny
folgen, Billot?« fragte Gilbert aufstehend.
»Werden Sie mir verzeihen?« fragte Billot, auf den Doktor zutretend.
Die beiden Männer sanken einander in die Arme.
»Gut,« sagte Gilbert, »wir reisen ab.«
»Wann?« fragte Cagliostro.
»In acht Tagen, denke ich.«
Cagliostro schüttelte den Kopf.
»Nein,« sagte er, »Sie müssen heute abend abreisen.«
»Warum?«
»Weil ich morgen abreise.«
»So, wohin denn?«
»Ihr werdet es einst erfahren, Freunde.«
»Aber wie sollen wir fortkommen?«
»Der .Franklin' segelt in sechsunddreißig Stunden nach Amerika ab.«
»Aber wir haben keine Pässe?«
»Hier sind Pässe.«
»Und mein Sohn ...«
Cagliostro wandte sich ab und öffnete die Tür.
»Kommen Sie herein, Sebastian,« sagte er, »Ihr Vater ruft Sie.«
Sebastian kam und warf sich in die Arme seines Vaters.
Billot konnte einen tiefen Seufzer nicht unterdrücken.
»Es fehlt uns nichts mehr als eine Postchaise«, sagte Gilbert.
»Mein Wagen hält vor der Tür.«
Gilbert ging an einen Sekretär, in dem sich die gemeinsame Kasse, etwa tausend Louisdor enthaltend, befand und winkte Billot, seinen Anteil davon zu nehmen.
»Haben wir genug?« fragte Billot.
»Wir haben mehr, als wir brauchen, um eine Provinz zu kaufen.«
Billot sah sich verlegen im Zimmer um.
»Was suchen Sie, Freund?« fragte Gilbert.
»Ich suche etwas, das mir ganz unnütz sein würde, wenn ich es fände, da ich nicht schreiben kann.«
Gilbert lächelte und nahm eine Feder.
»Diktieren Sie«, sagte er.
»Ich möchte von Pitou Abschied nehmen«, sagte Billot.
»Ich will es in Ihrem Namen tun.«
Er setzte sich nieder und schrieb. Als er fertig war, fragte ihn Billot:
»Was haben Sie geschrieben?«
Gilbert las:
»Lieber Pitou!
»Wir verlassen Frankreich, Billot, Sebastian und ich, und wir alle drei sagen Ihnen ein herzliches Lebewohl.
»Da Sie Billots Meierhof verwalten, werden Sie wohl alles haben, was Sie brauchen. – Wahrscheinlich werden wir Ihnen bald schreiben und Sie einladen, uns zu folgen.
Ihr Freund Gilbert.«
»Ist das alles?« fragte Billot.
»Es ist noch eine Nachschrift.«
»Wie lautet sie?« '
Gilbert sah den Landwirt scharf an und sagte:
»Billot empfiehlt Ihnen Katharina.«
Billot dankte ihm und schloß ihn voll Freude in seine Arme.
Zehn Minuten nachher war die Postchaise, in der Gilbert, Sebastian und Billot ihre Reise antraten, auf dem Wege nach Le Havre.
58. Kapitel
Etwa ein Jahr später hatten sich an einem klaren Wintermorgen auf dem Schloßplatz von Villers-Cotterets etwa drei- bis vierhundert Personen zusammengefunden, die auf das Erscheinen eines Brautpaares warteten, das von unserem alten Bekannten, dem Bürgermeister von Longpré, in den Ehestand geführt wurde.
Die beiden Brautleute waren Ange Pitou und Katharina Villot. Ach! es hatte sehr wichtiger Ereignisse bedurft, um die Geliebte des Vicomte von Charny, die Mutter des kleinen Isidor, zur Heirat mit Ange Pitou zu bewegen. Gehen wir einmal kurz zurück, wie Katharina zu diesem Entschluß kam.
Die von Cagliostro am Abend des 21. Januar prophezeiten Ereignisse waren über alle Erwartung rasch und in furchtbarer Weise eingetroffen und hatten eine lange, unauslöschliche Blutspur zurückgelassen.
Am 1. Februar 1793 hatte der Nationalkonvent die Emission von achthundert Millionen Assignaten beschlossen, wodurch die Gesamtsumme der in Umlauf gesetzten Assignaten auf drei Milliarden und hundert Millionen stieg.
Am 28. März 1793 hatte er ein Dekret erlassen, das die Ausgewanderten auf Lebenszeit verbannte, für bürgerlich tot erklärte und ihre Güter zugunsten der Republik konfiszierte.
Am 7. November hatte der Konvent das Komitee des öffentlichen Unterrichts beauftragt, einen Entwurf über einen neuen Kultus, der an die Stelle des katholischen Gottesdienstes treten sollte, vorzulegen.
Wir übergehen die Ächtung und den Tod der Girondisten mit Stillschweigen; wir schweigen von der Hinrichtung des Herzogs, von Orleans, der Königin, Baillys, Dantons, Camille Desmoulins und vieler anderer.
Billot und Gilbert waren als Ausgewanderte betrachtet und ihre Güter konfisziert und verkauft worden.
Ebenso verfuhr man mit den Gütern des Grafen von Charny.
So war Katharina von dem Meierhofe zu Pisseleux vertrieben und die Besitzung als Nationaleigentum erklärt worden.
Pitou hatte wohl im Namen Katharinas Verwahrung eingelegt; aber er hatte sich den gemäßigten Patrioten angeschlossen und war dadurch etwas verdächtig
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