Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
dessen Gefühl sich empörte; »lassen Sie das; tun Sie, was Ihnen befohlen ist, aber binden lasse ich mich nicht.«
    Die Nachrichter begannen laut zu sprechen, es fehlte nicht viel, so hätten sie Gewalt gebraucht, und der Märtyrer hätte die Achtung und Teilnahme, die er sich durch, sechs Monate der Ruhe und Ergebung erworben, wieder verscherzt; da näherte sich einer der drei Brüder Samson, der vom Mitleid gerührt war und dennoch die traurige Pflicht hatte, den schrecklichen Befehl zu vollziehen.
    »Sire,« sagte er ehrerbietig, »mit diesem Schnupftuch.«
    Der König sah seinen Beichtvater an. Dieser nahm seine Fassung zusammen, um zu sprechen.
    »Sire,« sagte er, »Eure Majestät werden dadurch dem Heiland, der Sie nun bald belohnen wird, um so ähnlicher werden.«
    Der König blickte mit unendlichem Schmerz zum Himmel auf.
    »Sie haben recht«, sagte er, »nur sein Beispiel kann mich bewegen, in eine solche Beschimpfung zu willigen ... Tut, was ihr wollt«, sagte er zu den Henkern, indem er die Hände ausstreckte, »ich will den Leidenskelch bis auf den Grund leeren.«
    Die Stufen des Blutgerüstes waren hoch und glatt; er stieg sie am Arme des Priesters hinan. Edgeworth fürchtete, der König könne im letzten Augenblick schwach werden, denn er fühlte den Arm des Königs schwer auf dem seinigen. Aber auf der obersten Stufe machte Ludwig XVI. sich von den Händen seines Beichtvaters los und ging rasch auf die andere Seite der Plattform. Seine Wangen waren gerötet und hatten nie so lebhaft und frisch ausgesehen.
    Die Trommeln wurden gerührt. Mit einem gebieterischen Blick brachte er sie zum Schweigen und sprach mit lauter Stimme folgende Worte:
    »Ich sterbe unschuldig aller Verbrechen, die man mir zur Last legt; ich verzeihe den Urhebern meines Todes und bitte Gott, daß das Blut, das ihr jetzt vergießen werdet, nie über Frankreich komme.«
    »Rührt die Trommeln!« rief eine Stimme, die man lange für die Stimme Santerres gehalten hat; aber diesen Befehl gab Beaufranchet, Graf von Oyat, Sohn Ludwigs XV. und der Buhlerin Morphise.
    Es war also der natürliche Oheim des Verurteilten.
    Der Trommelwirbel begann von neuem; aber der König stampfte mit dem Fuße und rief noch lauter und gebieterischer als zuvor:
    »Schweigt! ich habe noch etwas zu sagen!«
    Aber die Trommler hörten nicht auf.
    »Tut eure Pflicht!« schrien die Pikenmänner, die das Schafott umgaben, den Nachrichtern zu.
    Diese stürzten auf den König zu, der langsam zurückkam und einen Blick auf das Fallbeil warf, von welchem er ein Jahr zuvor selbst eine Zeichnung gemacht hatte.
    Dann fiel sein Blick auf den Priester, der am Rande des Blutgerüstes kniend betete.
    Hinter den beiden Pfählen der Guillotine entstand nun eine Bewegung, das Fallbrett schlug um, der Kopf erschien an der verhängnisvollen Lucke, ein glänzender Gegenstand fuhr blitzend nieder, ein dumpfer Schlag ertönte, und man sah nichts mehr, als einen großen Blutstrahl.
    Einer der Nachrichter nahm den Kopf auf und zeigte ihn dem Volke. Der Rand des Gerüstes wurde mit königlichem Blut bespritzt.
    Die Pikenmänner brüllten bei diesem Anblick vor Freude laut auf und tauchten ihre Piken, ihre Säbel und Schnupftücher in das Blut. Dabei riefen sie: »Es lebe die Republik!«
    Aber dieser Ruf, der die Völker mit ahnungsvoller Freude erfüllt hatte, verhallte zum erstenmal ohne Echo.
    Die Republik hatte nun einen unauslöschlichen Schandfleck an der Stirn; sie hatte, wie später ein berühmter Diplomat sagte, mehr als ein Verbrechen, sie hatte einen großen Fehler begangen.
    In Paris herrschte ungeheure Bestürzung, die sich bei einigen bis zur Verzweiflung steigerte. Eine Frau stürzte sich in die Seine – ein Friseur schnitt sich den Hals ab – ein Buchhändler wurde wahnsinnig – ein vormaliger Offizier starb infolge heftiger Gemütsbewegung.
    Bei der Eröffnung der Sitzung fand der Präsident einen Brief vor. Dieser Brief war von einem Manne, der wünschte, daß ihm der Leichnam Ludwigs XVI. übergeben werde, damit er ihn neben seinen Vater begrabe.
    Dann wurde folgendes Protokoll verfaßt:
    Protokoll über die Beerdigung Ludwig Capets.
    Am 21. Januar 1793, im Jahre II der Französischen Republik, haben wir unterzeichnete Administratoren des Departements von Paris, im Auftrage des Gemeinderates und infolge der Verordnung der provisorischen Vollziehungsbehörde der Französischen Republik, uns um neun Uhr morgens in die Wohnung des Citoyen Recaves, Pfarrers zu St.

Weitere Kostenlose Bücher