Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
Mirabeaus Arm und begab sich mit diesem in die Nationalversammlung, die in der Reitschule tagte.
    »Sie kennen also den Mann?« fragte Mirabeau den Doktor Gilbert.
    »Ich kenne ihn, wie man solche Leute kennt,« erwiderte Gilbert; »er war vormals Gefreiter und ist jetzt ein Spieler, ein Gauner.«
    Mirabeau ging in düsterer Stimmung weiter.
    »Wie!« sagte Gilbert, »sind Sie dem so wenig Philosoph, daß Sie sich einen solchen Angriff zu Herzen nehmen?«
    »Nein, Doktor, was mich verstimmt, ist ein gegebenes Versprechen, das ich wahrscheinlich nicht halten kann. Kommen Sie, und Sie sollen eine schöne Sitzung sehen, dafür stehe ich Ihnen ein.«
    Sobald sie die Reitschule betraten, wurde Mirabeaus Mut auf eine schwere Probe gestellt; von allen Seiten rief man ihm »Verrat« zu.
    Mirabeau zuckte die Achseln und stieß alle, die ihm im Wege standen, mit den Ellenbogen zur Seite. Das Geschrei verfolgte ihn bis in den Sitzungssaal und schien dort einen neuen Sturm gegen ihn hervorzurufen. Kaum zeigte er sich, so riefen hundert Stimmen: »Ha! da ist er, der Verräter! der feile Redner!«
    Barnave stand auf der Rednertribüne; er griff Mirabeau an:
    »Jawohl,« sagte er, »du bist der Verräter, gegen den ich spreche!«
    »Wenn du gegen mich sprichst,« antwortete Mirabeau, »so kann ich einen Spaziergang zu den Tuilerien machen, und ich kann wieder hier sein, bevor du fertig bist!«
    Er entfernte sich wirklich aus dem Saale und ging auf die Tuilerien zu. Nach zwei Stunden lehrte er in die Nationalversammlung zurück.
    Barnave verließ eben unter dem rauschenden Beifall des ganzen Saales die Tribüne.
    Kaum sah man Mirabeau auf der Rednertribüne, so brach ein Sturm von Schmähungen und Verwünschungen gegen ihn los. Aber er hob seine gewaltige Hand und wartete. Endlich benutzte er eine Pause und ergriff das Wort:
    »Ich wußte wohl,« rief er mit seiner Donnerstimme, »daß es vom Tarpejischen Felsen zum Kapitol nicht weit ist!«
    So groß ist die Gewalt des Genies, daß diese wenigen Worte die erbittertsten Gegner zum Schweigen brachten.
    Sobald Mirabeau sich Gehör verschafft hatte, war der Sieg halb gewonnen. Fünfmal bestieg er die Tribüne. Barnave hatte zwei Stunden gesprochen; – Mirabeau sprach drei Stunden lang.
    Endlich setzte er folgende Beschlüsse durch: »Der König sollte das Recht haben, nach eigenem Ermessen zu rüsten und über die Streitkräfte zu verfügen; er sollte in der Nationalversammlung den Krieg beantragen und jeder Beschluß sollte, um vollgültig zu sein, der königlichen Sanktion bedürfen.«
    Als Mirabeau die Sitzung verließ, wäre er beinahe in Stücke zerrissen worden. Barnave hingegen wurde vom Volke im Triumph davongetragen.
    Als Mirabeau nach Hause kam, warf er sich auf die am Boden ausgebreiteten Kissen. Seit dem Beginnen der Session hatte sich sein Gesundheitszustand sichtlich verschlimmert. Er war ein Riese an Kräften, aber er hatte ein bewegtes Leben hinter sich, die Jahre der Haft hatten seine Gesundheit untergraben. Er war schon geneigt, seinem Bedienten, der einen Arzt holen wollte, Gehör zu geben, als der Doktor Gilbert die Türglocke zog und in das Zimmer des Grafen geführt wurde.
    Mirabeau reichte dem Doktor die Hand und zog ihn neben sich auf die Kissen.
    »Lieber Graf,« sagte Gilbert, »ich wollte nicht nach Hause gehen, ohne Ihnen Glück zu wünschen. Sie hatten mir einen Sieg versprochen, aber Sie haben mehr errungen, Sie haben einen Triumph davongetragen!«
    »Jawohl, einen Triumph, einen Sieg ... Noch ein solcher Sieg, Doktor, und ich bin verloren!«
    Gilbert sah Mirabeau an.
    »Es ist wahr,« sagte er, »Sie sind krank. Sie haben Schmerzen, Graf?«
    »Wie ein zur Hölle Verdammter! ... Auf Ehre, es gibt Tage, wo ich glaube, daß man meinem Leibe mit Arsenik ebenso zusetzt wie meinem Geiste mit der Verleumdung ...«
    Gilbert zog ein kleines Kristallfläschchen aus der Tasche, welches eine grünliche Flüssigkeit enthielt.
    »Hier, Graf,« sagte er, »wir wollen einen Versuch machen.«
    »Was für einen Versuch?« fragte Mirabeau.
    »Ein Freund von mir, der in den Naturwissenschaften sehr bewandert ist, hat mir das Rezept zu diesem Trank mit der Versicherung gegeben, es sei ein höchst wirksames Universalmittel, ein Lebenselixier. Wollen Sie auch einen Versuch machen?«
    »Aus Ihrer Hand, lieber Doktor, würde ich alles, selbst den Schierlingstrank annehmen, um so lieber das Lebenselixier ... Müssen die Tröpfen unvermischt genommen werden?«
    »Nein, denn sie

Weitere Kostenlose Bücher