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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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jetzigen Zusagen im Widerspruch stehendes Versprechen gegeben hast, bist du bereit, dasselbe zu brechen?«
    »Ja.«
    Der Präsident wandte sich zu den sechs Männern mit der Maske.
    »Brüder,« sagte er, »dieser Mann spricht die Wahrheit; ich selbst habe ihn eingeladen, einer der unsrigen zu werden. Ein großer Schmerz fesselt ihn an unsere Sache. Er hat schon viel für die Revolution getan. Ich will sein Pate sein und bürge für ihn in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.«
    Die sechs Männer erklärten sich einstimmig für seine Aufnahme.
    »Du hörst«, sagte her Präsident. »Bist du bereit, den Eid zu leisten?«
    »Sage ihn vor,« erwiderte Billot, »und ich werde ihn nachsprechen.«
    Der Präsident hob die Hand auf und sagte mit langsamer, feierlicher Stimme den Eid vor, den Billot wiederholte:
    »Im Namen des Gekreuzigten schwöre ich, die fleischlichen Bande zu zerreißen, die mich an Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Weib, Verwandte, Freunde, Geliebte, Könige, Wohltäter und an irgendwelche Wesen fesseln, denen ich Treue, Gehorsam, Dank oder Dienste gelobt habe.«
    »Gut,« sagte der Präsident, »von dieser Stunde an bist du des angeblichen Eides ledig, den du dem Vaterlande und den Gesetzen geleistet. Schwöre daher dem neuen Oberhaupte, das du anerkennst, mitzuteilen, was du sehen oder tun, lesen oder hören, erfahren oder erraten wirst, und selbst jenen Dingen nachzuforschen, die sich deinen Augen nicht darbieten.«
    »Ich schwöre es«, wiederholte Billot.
    »Schwöre,« fuhr der Präsident fort, »daß du Gift und Feuer und Schwert benutzen willst als sichere und notwendige Mittel, die Erde durch den Tod derer, welche die Wahrheit herabwürdigen oder unseren Händen zu entreißen suchen, zu reinigen.«
    »Ich schwöre es«, wiederholte Billot.
    »Jetzt«, sagte der Präsident, »lebe im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.«
    Der Präsident gab Billot einen Wink, und dieser entfernte sich.
    »Nummer 2!« sagte der Präsident laut.
    Der schwarzgekleidete junge Mann trat ein.
    »Wo hast du das Licht empfangen?« fragte ihn der Präsident.
    »Zu Laon, in der Loge der ›Menschenfreunde‹.«
    »Wie alt bist du?«
    »Fünf Jahre.«
    »Wie hießest du unter den Uneingeweihten?«
    »Antoine Saint-Just.«
    »Wie heißest du unter den Erwählten?«
    »Humilité.«
    »Warum wünschest du um einen Grad zu steigen und unter uns aufgenommen zu werden?«
    »Weil es in dem Wesen des Menschen liegt, nach den Höhen zu streben, und weil auf den Höhen die Luft reiner, das Licht glänzender ist.«
    »Hast du Paten?«
    »Robespierre den älteren und Robespierre den jüngeren.«
    »Mit welcher Gesinnung wirst du auf der Bahn wandeln, die du zu betreten wünschest?«
    »Mit dem Glauben.«
    »Wohin muß Frankreich, wohin muß die Welt auf dieser Bahn gelangen?«
    »Frankreich zur Freiheit, die Welt zur Mündigsprechung.«
    »Was würdest du geben, um Frankreich und die Welt diesem Ziele zuzuführen?«
    »Mein Leben ... das ist das einzige, was ich noch besitze, denn mein Gut habe ich schon hingegeben.«
    Als der Schwur geleistet war, tat sich die Tür wieder auf, und Saint-Just entfernte sich.
    Der Präsident sagte laut:
    »Nummer 3!«, und der dritte Jünger erschien. Sein Anzug war elegant, aber man bemerkte daran jene Einfachheit, die in Frankreich Mode zu werden begann.
    »Wo hast du das Licht empfangen?« sagte der Präsident.
    »Zu Paris, in der Loge der freien Männer.«
    »Wie alt bist du?«
    Der Jünger gab durch ein Zeichen zu erkennen, daß er zu der Genossenschaft der Rosenkreuzler gehörte.
    »Wie hießest du unter den Uneingeweihten?«
    »Ludwig Philipp Joseph, Herzog von Orleans.«
    »Wie heißest du unter den Erwählten?«
    »Egalité.«
    »Warum wünschest du unter uns aufgenommen zu werden?«
    »Weil ich immer unter den Großen gelebt habe und endlich unter Menschen zu leben wünsche.«
    »Hast du Paten?«
    »Ja, zwei. Der eine heißt Abscheu, der andere Haß.«
    »Mit welchem Wunsche wandelst du die Bahn, welche du zu betreten wünschest?«
    »Mit dem Wunsche, mich zu rächen an dem, der mich verkannt, an der, die mich gedemütigt hat.«
    »Was würdest du geben, um diesen Zweck zu erreichen?«
    »Mein Vermögen, mein Leben! Ja, noch mehr als mein Leben, meine Ehre!«
    Dann folgte die Eidesleistung, die in ihrem Wortlaut für den Aristokraten noch furchtbarer war als für die beiden anderen Jünger. Der Herzog sprach den Eid mit kaltem Schweiß auf der Stirne. Als er aber den

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