Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
Mirabeaus nicht hätte, bedenklich finden sollen. Der Kranke schien dem Ersticken nahe; er atmete schwer, und sein Gesicht war aufgedunsen, der Puls unregelmäßig.
    »Diesmal wird es nichts zu bedeuten haben, lieber Graf«, sagte Gilbert; »aber es war Zeit! ...« Er zog mit jener Geschwindigkeit und Gelassenheit, an der man das wahre Talent erkennt, sein Besteck aus der Tasche und ließ den Patienten zur Ader.
    »Teufel!« sagte Mirabeau, »ich glaube, daß Sie recht haben, Doktor ... Es war Zeit!«
    Augenblicklich fühlte er eine große Erleichterung.
    »Sie sind ein großer Narr, Graf, daß Sie ein Leben, das für Frankreich so kostbar ist, an einige Stunden vermeinter Genüsse setzen.«
    »Bah! lieber Doktor,« sagte Mirabeau, »mein Leben ist für Frankreich nicht so kostbar, wie Sie glauben!«
    »Werden Sie bedenklich krank,« erwiderte Gilbert, »so werden Sie morgen ganz Paris unter Ihren Fenstern haben; sterben Sie übermorgen, so wird ganz Frankreich Ihrer Leiche folgen!«
    »Was Sie mir da sagen, ist sehr tröstlich«, antwortete Mirabeau lachend.
    »Wie fühlen Sie sich jetzt?«
    »Mein Kopf wird leicht; aber ich habe noch Schmerzen in den Eingeweiden.«
    »Oh! das überlassen wir den Zugpflastern, lieber Graf. Der Aderlaß hat das seinige getan; jetzt lasse ich Ihnen eine Stunde Ruhe, dann fahren Sie mit mir nach Paris.«
    »Doktor,« sagte Mirabeau lachend, »wollen Sie mir erlauben, daß ich erst heute abend abreise und Sie um elf Uhr in meinem Hause erwarte? Ich habe mein Wort gegeben; Sie werden doch nicht verlangen, daß ich es breche?«
    »Und heute abend wollen Sie in Paris sein?«
    »Ich habe Ihnen gesagt, daß ich Sie um elf Uhr erwarten werde ... Wahrhaftig, lieber Doktor, jetzt fühle ich mich ganz wohl.«
    »Das heißt, Sie, weisen mir die Tür? Ich würde ohnehin nicht bleiben können; ich habe Dienst in den Tuilerien!«
    »So! Dann werden Sie die Königin sehen«, sagte Mirabeau, der wieder trübe gestimmt wurde.
    »Wahrscheinlich ... Haben Sie etwas an sie zu bestellen?«
    Mirabeau lächelte bitter.
    »Diese Freiheit würde ich mir nicht nehmen, Doktor. Sagen Sie ihr lieber gar nicht, daß Sie mich gesehen haben.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Marie Antoinette Sie fragen würde, ob ich die Monarchie gerettet, wie ich ihr versprochen habe, und Sie würden die Frage mit Nein beantworten müssen ...«
    »Ich soll ihr also nicht sagen, daß Sie sich durch Ihre übermäßigen Arbeiten, durch Ihre Anstrengungen auf der Rednerbühne ins Grab stürzen?«
    »Ja, sagen Sie ihr das ... Wenn Sie wollen, machen Sie mich sogar kränker, als ich bin.«
    »Gut, es soll geschehen.«
    »Und Sie wollen mir alles wieder sagen, was sie über mich sagen wird?«
    »Wort für Wort.«
    »Gut ... Adieu, Doktor ... Tausend Dank!«
    Er reichte Gilbert die Hand.
    Gilbert sah Mirabeau forschend an; dieser Blick schien den Grafen verlegen zu machen.
    »Apropos, ehe Sie fortgehen,« sagte der Kranke, »was verordnen Sie mir?«
    »Keine Krankenwärterin unter fünfzig Jahren ... Sie verstehen mich doch, Graf?«
    »Ich werde Ihre Vorschrift genau befolgen,« sagte Mirabeau lachend, – »und wenn's nicht anders möglich ist, so nehme ich zwei fünfundzwanzigjährige!« Vor der Tür begegnete Gilbert dem Kammerdiener. Der arme Mensch hatte Tränen in den Augen.
    »Oh! Herr Gilbert,« sagte er, »warum gehen Sie fort?«
    »Ich gehe fort, lieber Julius, weil mir die Tür gewiesen wird«, sagte Gilbert lachend.
    »Und wissen Sie, warum?« eiferte der Alte, »Wegen der Dame! Und weil sie der Königin ähnlich ist! ... Mein Gott, die klugen Leute sind doch manchmal herzlich dumm!«
    In Paris begegnete Gilbert Desmoulins, die lebende Zeitung. Er erzählte ihm Mirabeaus Krankheit, die er absichtlich gefährlicher machte, als sie wirklich war. Dann begab er sich in die Tuilerien und meldete die Krankheit des Grafen dem Könige, dann der Königin.
    Die stolze Stirn Marie Antoinettes zog sich in Falten.
    »Warum«, sagte sie, »hat ihn diese Krankheit nicht in der Frühe jenes Tages befallen, wo er seine schöne Rede über die dreifarbige Fahne hielt?«
    Sie schien zu bereuen, daß sie in Gilberts Gegenwart ihren Haß gegen dieses Zeichen der französischen Nationalität geäußert hatte, und setzte hinzu:
    »Es wäre freilich ein großes Unglück für Frankreich und für uns, wenn diese Unpäßlichkeit Fortschritte machte.«
    »Ich glaube Euer Majestät untertänigst bemerkt zu haben,« erwiderte Gilbert, »daß es eine Krankheit und

Weitere Kostenlose Bücher