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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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im ersten Augenblick, es sei ein Bote der Königin, aber er irrte sich.
    »Von dem Herrn Doktor Gilbert«, sagte Julius.
    »Sage deinem Herrn, daß du mich außer Bett gefunden hättest und daß ich ihn heute abend erwarte«, sagte Mirabeau zu dem Bedienten.
    Der Nachmittag verging, Türklopfer und Klingel waren unaufhörlich in Bewegung; ganz Paris schrieb sich bei Mirabeau ein. Auf der Straße versammelten sich viele Menschen aus den unteren Volksklassen, die aus den Zeitungen von Mirabeaus Krankheit erfahren hatten und den beruhigenden Versicherungen des alten Kammerdieners nicht glauben wollten.
    Gegen fünf Uhr trat Mirabeau auf den Balkon und winkte den braven Leuten, die sich als Wächter seiner Ruhe aufgestellt hatten, seinen Dank zu.
    Er wurde erkannt, und die Chaussee d'Antin ertönte von dem lauten Ruf: »Es lebe Mirabeau!«
    Er aber dachte an die stolze, schöne Frau, die sich nicht im mindesten um ihn bekümmerte, und sein Auge sah sich forschend um, ob nicht ein Lakai in blauer Livree von den Boulevards herkäme.
    Der Abend verging – aber er wartete vergebens. Um elf Uhr trat Gilbert lächelnd ein, aber er erschrak über Mirabeaus Gesicht. »Ist kein Bote gekommen?« fragte er.
    »Nein, lieber Doktor; es ist niemand gekommen.«
    »Unmöglich!« sagte Gilbert. Mirabeau zuckte die Achseln.
    »Sie ehrlicher, argloser Mann!« sagte er zu ihm.
    Dann faßte er Gilberts Hand und setzte hinzu:
    »Soll ich Ihnen sagen, Doktor, was Sie heute getan haben?«
    »Nun, so lassen Sie hören.«
    »Sie waren heute um ein Uhr in den Tuilerien; Sie sprachen mit der Königin; Sie sagten, mein Zustand verschlimmere sich; es sei gut, sich wenigstens aus Berechnung, wenn auch nicht aus Teilnahme, nach meinem Befinden erkundigen zu lassen. Sie schien überzeugt, daß Sie recht hatten; sie entließ Sie mit der Versicherung, daß sie zu mir schicken werde; Sie entfernten sich voll Freude und im Vertrauen auf das königliche Wort ... und sie lachte über Ihre Leichtgläubigkeit ... Jetzt sagen Sie aufrichtig,« setzte Mirabeau hinzu, »ist es nicht so?«
    »In der Tat,« erwiderte Gilbert, »wenn Sie dabei gewesen wären, lieber Graf, hätten Sie nicht besser sehen und hören können.«
    »Wie unpolitisch!« sagte Mirabeau mit Bitterkeit. »Ich sagte Ihnen ja, in den Tuilerien weiß man Zeit und Umstände nicht zu benutzen ... Ein Diener in königlicher Livree, der heute, während sich das Volk unter meinen Fenstern drängte, in mein Haus gekommen wäre, würde die Bourbons wieder für ein Jahr populär gemacht haben!«
    Mirabeau wandte sich ab und drückte die Hand auf die Augen. Gilbert sah zu seinem Erstaunen, daß ihm eine Träne über die Wange rollte. Er sagte:
    »Nehmen Sie jetzt ein Bad, lieber Graf.«
    Zehn Minuten nachher war Mirabeau im Bade, und Gilbert wurde, wie gewöhnlich, von dem alten Kammerdiener hinausbegleitet.
    Mirabeau klingelte.
    »Jean,« sagte er, »laß in meinem Zimmer einen Tisch decken und frage Oliva, ob sie mir das Vergnügen machen will, mit mir zu soupieren ... und die Blumen nicht vergessen!«
    Um vier Uhr morgens wurde der Doktor Gilbert durch heftiges Klingeln geweckt.
    »Ich weiß es schon,« sagte er, aus dem Bett springend, »Mirabeau hat einen Rückfall bekommen!«
    Gilbert irrte sich nicht. Mirabeau hatte Jean und Julius zu Bett geschickt, nachdem das Souper aufgetragen und der Tisch mit Blumen bedeckt war.
    Dann hatte er alle Türen verschlossen, bis auf eine. Diese führte in die Wohnung der Unbekannten, die der alte Diener den bösen Genius des Grafen nannte.
    Um halb vier Uhr wurde heftig geklingelt. Beide Diener mußten einen Umweg durch die Wohnung der unbekannten Frau machen, um in das Schlafgemach zu kommen. Mirabeau, der halb ohnmächtig in seinem Fauteuil lag, hielt die Unbekannte in seinen Armen; vermutlich wollte er sie hindern, um Hilfe zu rufen. Sie hatte in ihrem Schrecken die auf dem Tische stehende Klingel ergriffen. Als sie die beiden Diener bemerkte, rief sie sowohl für sich, als für Mirabeau um Hilfe; denn Mirabeau erdrückte sie fast in seinen krampfhaften Zuckungen.
    Die beiden Diener machten sie mit großer Mühe aus den Armen des Todkranken los. Mirabeau sank wieder in seinen Armsessel zurück; sie flüchtete in ihr Zimmer.
    »Nun, was gibt's schon wieder?« fragte Gilbert.
    »Ach! Herr Doktor,« sagte der alte Diener, »das hat wieder der weibliche Unhold zu verantworten! ... Und dann die verwünschten Blumen! ... Sie werden sehen! Oh, Sie werden sehen!«
    In

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