Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
fort: »trauen Sie den allzu kostbaren Etuis, den zu schweren Kutschen und den allzu ähnlichen Porträts nicht! – Adieu, Gilbert! Adieu, Herr Graf! Gott nehme Sie in seinen heiligen Schutz!«
    »Wer ist dieser Herr?« fragte Charny.
    »Ein Freund von mir,« sagte Gilbert, »ein Mann, der alles weiß, der uns aber sein Wort gegeben hat, uns nicht zu verraten.«
    »Sein Name?«
    Gilbert zögerte einen Augenblick.
    »Baron Zannone«, sagte er.
    »Es ist sonderbar,« erwiderte Charny, »der Name ist mir nicht bekannt, und doch glaube ich das Gesicht zu kennen ... Haben Sie den Paß, Doktor?«
    »Hier ist er, Graf.«
     

27. Kapitel
     
    Das Mißtrauen, das insgeheim alle Vertrauten der königlichen Familie gegen Frau von Rocheveul hegten, war nicht ohne Grund gewesen. Obgleich ihr Dienst am 11. aufgehört hatte, war sie doch, da sie Verdacht hegte, unter irgendeinem Vorwande wieder ins Schloß gekommen, und sie hatte bemerkt, daß die Schmuckkästchen der Königin zwar an ihrem Platze, aber die Diamanten nicht mehr darin waren. Marie Antoinette hatte sie ihrem Friseur Leonard anvertraut, und dieser sollte am Abend des 20., einige Stunden vor seiner erlauchten Gebieterin mit Herrn von Choiseul, dem Befehlshaber der ersten Truppenabteilung, abreisen. Der letztere sollte überdies zu Varennes sechs gute Pferde in Bereitschaft halten, und er erwartete in seiner Wohnung die Befehle des Königs.
    Die Kammerfrau des Dauphin hatte vermutet, daß die Abreise auf Montag den 20., abends um elf Uhr, festgesetzt sei und ihren Geliebten, den Adjutanten Gourion, davon in Kenntnis gesetzt.
    Am Abend dieses bedeutungsvollen Tages saß Andrea in ihrem Salon Isidor von Charny gegenüber, der eine Kurierjacke trug und in der Hand einen runden Tressenhut hielt.
    »Noch einmal, Vicomte,« sagte sie, »warum ist er dann nicht selbst gekommen?«
    »Mein Bruder hat mich seit seiner Rückkehr mehrmals beauftragt, Ihnen Nachricht von ihm zu geben.«
    »Ich weiß es, aber ich meine doch, er hätte persönlich Abschied von mir nehmen können.«
    »Es wird ihm wohl nicht möglich gewesen sein, Madame.«
    »Vicomte, hat der Graf auf dieser Reise eine große Gefahr zu bestehen?«
    »Wer kann sagen,« erwiderte Isidor ausweichend, »wo in unserer Zeit Gefahr ist, und wo nicht! Heutzutage kommt die Gefahr aus der Erde, und manchmal begegnet man dem Tode, ohne zu wissen, woher er kommt.«
    Andrea erblaßte.
    »Er ist also in Todesgefahr«, sagte sie; »nicht wahr, Vicomte?«
    »Ich denke, Madame, daß es nicht schaden würde, wenn Sie mich beauftragten, ihm Ihre Gedanken und Wünsche mündlich oder schriftlich zu überbringen.«
    »Es ist gut, Vicomte,« sagte Andrea aufstehend, »warten Sie nur fünf Minuten.«
    Der Vicomte sah nach der Uhr. »Ein viertel Zehn!« sagte er; »der König erwartet uns um halb Zehn .... Zum Glück ist es nicht weit bis in die Tuilerien.«
    Nach einigen Minuten kam die Gräfin mit einem gesiegelten Briefe zurück. »Vicomte,« sagte sie, »Ihrer Ehre vertraue ich dies an! Merken Sie wohl, was ich Ihnen sage. Wenn Ihr Bruder, der Graf von Charny, seine Reise glücklich vollendet, so haben Sie ihm nur zu sagen, was ich für ihn empfinde: Sympathie für seine Treue, Achtung für seine Bereitwilligkeit, Bewunderung für seinen Charakter! ... Wenn er verwundet wird, so bitten Sie ihn, daß er mir erlaube, zu ihm zu kommen ... Wenn er tödlich verwundet wird, so übergeben Sie ihm diesen Brief. Wenn er ihn nicht mehr lesen kann, so lesen Sie ihm diese Zeilen vor, denn ich will, daß er vor seinem Ende mit dem Inhalte derselben bekannt werde ... Geben Sie mir Ihr Ehrenwort, Vicomte, daß Sie meinen Wunsch erfüllen wollen?«
    Isidor von Charny neigte sich über die Hand der Gräfin und küßte sie wie zur Beteuerung. Dann eilte er fort. Als er in die Tuilerien kam, begegnete er zwei ihm unbekannten Offizieren, die im Vorzimmer des Königs warteten.
    Eine Tür tat sich auf, und der König erschien. Sofort machte er von Charny mit Malden und Valory bekannt.
    »Meine Herren,« sagte er dann, »Sie wissen, daß ich ein Gefangener bin ... Ich habe auf Sie gezählt, auf Ihren Beistand, um dieses demütigende Joch abzuschütteln und meine Freiheit wiederzuerlangen. Mein und der Meinigen Schicksal lege ich in Ihre Hände; alles ist zur Flucht bereit. Sie haben nichts zu tun, als uns noch heute abend von hier fortzuhelfen.«
    »Sire, befehlen Sie!« sagten die drei jungen Kavaliere.
    »Sie sehen wohl ein, meine Herren, daß wir nicht

Weitere Kostenlose Bücher