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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Königin in ihre Appartements folgen und ihr alles sagen ...«
    Die Königin stand auf und sah bald den König, bald Charny an.
    »Kommen Sie, Herr Graf«, sagte sie endlich.
    Die Königin begab sich in ihr Boudoir und sank sogleich auf ein Sofa, indem sie dem Grafen von Charny einen Wink gab, die Tür hinter sich zu schließen. Die beiden waren allein.
    Kaum saß Marie Antoinette, so wallte ihr volles Herz über, und sie schluchzte laut.
    Charny fühlte sich tief ergriffen. Aber er kämpfte diese Aufwallung nieder, denn er fühlte, daß sein Gefühl für Andrea stärker geworden war, und daß diese Liebe siegen müßte.
    Die Königin weinte, ohne ein Wort zu sprechen. Raubte ihr die Freude den Gebrauch der Sprache oder der Schmerz?
    »Seine Majestät«, sagte Charny, »hat mich ermächtigt, Sie von allem, was ich für Ihre Rettung getan, in Kenntnis zu setzen; geruhen Sie daher, meinen Bericht anzuhören.«
    »O Charny! Charny!« sagte die Königin, »haben Sie mir denn nichts Wichtigeres zu sagen?«
    Sie drückte dem Grafen zärtlich die Hand und sah ihn mit einem Blicke an, für den er einst sein Leben gelassen haben würde. Während sie ihn ansah, bemerkte sie, daß er keineswegs bestaubte Reisekleider, sondern ganz hofmäßige Staatsuniform trug.
    Diese Beobachtung schien sie zu verstimmen.
    »Wann sind Sie denn angekommen?«
    »Soeben, Madame, von Montmédy«, antwortete Charny.
    »Sie haben also die Reise durch halb Frankreich gemacht?«
    »Ja, seit gestern früh habe ich neunzig Meilen zurückgelegt.«
    »Wie! Nach, dieser langen, ermüdenden Reise sind Sie so sorgfältig gebürstet, lackiert, gekämmt, wie ein Adjutant des Generals Lafayette! ... Die Nachrichten, die Sie zu überbringen hatten, waren also nicht sehr wichtig?«
    »Im Gegenteil, aber ich dachte, es würde Aufsehen erregen, wenn ich im Hofe der Tuilerien aus einer mit Staub bedeckten Postchaise stiege. Seine Majestät sagte mir soeben, wie scharf Sie bewacht werden, und ich war froh, daß ich in Uniform gekommen war, wie ein gewöhnlicher Offizier, der nach kurzer Abwesenheit seine Aufwartung machen will.«
    Marie Antoinette drückte dem Grafen mit deutlich bemerkbarer Unruhe die Hand.
    »Ja, es ist wahr,« sagte sie mit unsicherer Stimme, »ich vergaß, daß Sie in Paris eine Wohnung haben.«
    Charny stutzte. Erst jetzt wurde ihm die Absicht der Fragen klar.
    »Ich ... in Paris?« sagte er. »Darf ich fragen, wo?«
    Marie Antoinette vermochte nur mit Mühe ihre Fassung zu behaupten.
    »Mich dünkt, in der Rue Coq-Héron«, sagte sie. »Dort wohnt doch die Gräfin, nicht wahr?«
    Charny fühlte sich tief verletzt; er wäre beinahe aufgefahren wie ein Tier, dem man den Sporen in eine noch schmerzende Wunde drückt. »Madame,« erwiderte er mit tiefer Betrübnis, »ich hatte vor meiner Abreise die Ehre, Ihnen zu sagen, daß das Haus der Gräfin keineswegs das meinige ist. Ich bin bei meinem Bruder, dem Vicomte Isidor von Charny, abgestiegen, und in seiner Wohnung habe ich die Kleider gewechselt.« Die Königin jauchzte vor Freude und wollte auf die Knie sinken, indem sie Charnys Hand an ihre Lippen zog.
    Aber er kam ihr zuvor und hob sie schnell auf.
    »Oh! Madame,« rief er fast bestürzt, »was machen Sie?«
    »Ich danke Ihnen, Olivier«, sagte Marie Antoinette mit so sanftem, gefühlsinnigem Ausdruck, daß Charny tief gerührt wurde.
    »Sie danken mir!« sagte er mit Tränen in den Augen. »Mein Gott! Wofür denn?«
    »Wofür? ... Sie fragen mich, wofür?« erwiderte die Königin. »Ich danke Ihnen für diesen einzigen Augenblick ungetrübter Freude, den ich seit Ihrer Abreise gehabt habe ... Mein Gott! Ich weiß es wohl, die Eifersucht ist eine närrische Sache! Auch Sie waren einst eifersüchtig, Charny; jetzt vergessen Sie es ... Noch einmal meinen Dank, Olivier! Sie sehen, ich bin wieder fröhlich, ich weine nicht mehr.«
    Marie Antoinette versuchte zu lachen; aber sie schien in ihrer langen Leidenszeit die Freude verlernt zu haben, denn ihr Lachen hatte einen so traurigen, unheimlichen Ausdruck, daß der Graf ganz betroffen wurde.
    Charny fühlte, daß er einen Abhang hinabeilte und daß eine Zeit kommen müsse, wo er an ein Anhalten, geschweige an eine Umkehr nicht mehr denken konnte. Er tat sich Gewalt an.
    »Madame,« sagte er, »wollen Sie mir huldreichst erlauben, Ihnen zu erklären, was ich für Sie ausgerichtet habe?«
    »Ach! Charny,« antwortete Marie Antoinette, »was ich Ihnen soeben sagte, würde ich lieber hören ... Doch Sie

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