Die Graefin der Woelfe
nichts! Sie klopfte erneut, dann rief sie. Als sich noch immer niemand rührte, polterte sie an die Tür. »Jakobus, kommt raus, der Stall brennt.«
Ein lautes Krachen, und im nächsten Augenblick stand der Stallmeister in Unterwäsche vor ihr. »Zur Seite, Weib! Es brennt! Los, weck die Burschen«, rief er, während er versuchte, sich an ihr vorbeizudrücken.
»Sachte, sachte, Meister, noch brennt es nicht. Zieht Eure Hosen an, ich muss mit Euch reden.«
Jakobus rieb sich die Augen. »Feuer, wo ist das Feuer?«
»Es gibt kein Feuer. Ich hab Euch nicht anders aufwecken können. Zieht Euch an, ich warte hier, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Jakobus‘ braune Augen blitzten auf. Er trat ohne die Tür zu schließen ins Innere zurück und kam fast im gleichen Augenblick in Hosen und Ärmelrock zurück. »Was haben die Trottel vor?«
»Ich weiß es nicht genau. Thomasz hat gestern etwas von Feuer gesagt. Jedenfalls wird es nicht mehr lange dauern, bis sie hier sind.«
»Wie viele sind es?«
»Ein halbes Dutzend vielleicht, vielleicht mehr. Thomasz und der Schmied, Bednar, Andres, Juri und ein paar weitere.«
»Ich hätt’s mir denken können«, brummte Jakobus.
Sie eilten an die Westseite des Schlosses und harrten aus. Wenig später erkannten sie die flackernden Irrlichter, die in einer Prozession den Hügel hinaufzogen. Es waren etwa zehn. Jakobus stampfte zu den Hunden und kam mit drei besonders großen zurück.
»Hier, Jungfer Margeth, das ist Sixtus. Solange Ihr den neben Euch habt, traut sich keiner der Kerle näher als fünf Fuß an Euch heran. Dabei ist er in Wahrheit ein selten braves Tier.«
Der Hund schnüffelte an Margeths aufgeweichten Schuhen und wedelte mit dem Schwanz. Dass dies ein zahmer Hund sein sollte, konnte sie kaum glauben, so furchterregend sah der Wolfshund aus mit seinem langen Maul und dem dunklen, zotteligen Fell.
»Ich halte die anderen beiden bei mir. Und den hier!« Jakobus klopfte an den Kolben seines Vorderladers.
Die Stimmen der Männer wurden lauter. Margeth machte Thomasz und Gawril aus, ferner glaubte sie, den Schmied zu hören. Es war Eile geboten.
»Wisst ihr denn nicht, dass das, was ihr der geringsten seiner Kreaturen antut, ihr Gott selbst antut?«, rief sie den aufgebrachten Männern entgegen, ehe diese noch den Schlossberg vollständig erreicht hatten. Sie wusste, dass sie falsch zitierte, aber sie vertraute auf die Kraft der Worte und den gesunden Sonntagsschlaf der versammelten Männer.
Sie drängten weiter nach vorn. Ein paar hatten ihre Mistgabeln dabei und viele trugen brennende Fackeln. Thomasz stand so nah vor ihr, dass sie seinen branntweingeschwängerten Atem roch.
»Tritt zur Seite, Jungfer Margeth, dann wird dir nichts geschehen. Wir hegen keinen Groll gegen dich und werden uns auch später nicht erinnern, dass wir dich um diese Stunde hier vorgefunden haben«, fügte er anzüglich hinzu.
»Das ist aber freundlich von dir.« Sie bewegte sich um keine Handbreit.
Sixtus, der bisher ruhig neben ihr gelegen hatte, hob den Kopf. Er knurrte leise. Sie zog an der Leine, fürchtete sich vor dem großen Hund, aber jetzt war nicht die rechte Zeit. Das Tier legte seinen Kopf auf die Pfoten, doch die gesträubten Nackenhaare verrieten seine Aufmerksamkeit.
»Wie ich sehe, bist du auch da, Andres. Wie geht es dem kleinen Caspar? Ich habe ihn neulich gesehen, er hütet ja schon die Gänse.« Margeth schenkte dem Jungbauern ein gewinnendes Lächeln.
»Ist ein strammer Bursche aus ihm geworden«, antwortete der Angesprochene.
»Und weißt du noch, wie der Pfaffe ihm schon die Nottaufe gespendet hatte? Keinen Pfifferling gab er für Caspars Leben. Du hast es einzig der Macht Gottes und der Kunst meiner Medizin zu verdanken, dass der Kleine lebt. Wie geht es eigentlich Betsy? Ich denke, ich sollte bald mal vorbeischauen, wenn ich ohnehin auf dem Weg bin.«
Andres schien vergessen zu haben, warum er sich um diese Zeit auf dem Anwesen des Grafen befand. Er trat ein paar Schritte auf Margeth zu. »Betsy ist wieder guter Hoffnung. Aber Ihr wisst, ich kann Euch derzeit nicht bezahlen. Eine Gans könnte ich Euch geben, wenn das Kind gesund zur Welt gekommen ist.«
»Mach dir darüber mal keine Sorgen. Ich kenne Betsy schon mein ganzes Leben und ich bin froh, wenn ich helfen kann. Sag ihr, dass ich morgen vorbeikomme und ein paar Kräuter mitbringe, die werden sie und das Kind sicher stärken.«
»Es reicht jetzt mit eurer Plauderei«, drängte sich Thomasz
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