Die Graefin der Woelfe
sind es mehr geworden«, mutmaßte Gawril.
»Wo hat man denn so was schon gesehen, dass sich jemand Wölfe hält?«, zischte Dagomar und fasste damit die Gedanken aller zusammen.
»Genau! Das ist doch nicht normal.«
»Das wird nichts Gutes werden!«
»Und der feine Herr Juri hat nichts dagegen getan!«
»Sei still, Weib«, schimpfte Bednar. »Wir müssen jetzt zusammenhalten.«
»Ich glaube, dass die Wölfe aus dem Wald durch das fürchterliche Heulen ins Dorf gelockt werden. Was denkst du, Bednar?« Die Frau blickte ihn fragend an.
»Kann sein.«
»Glaub ich nicht.«
»Das ist bestimmt so, war schon immer so. Wo einer ist, kommen auch andere.«
»Ist ja schließlich ein Rudel.«
Alle sprachen durcheinander.
»Wozu, frag ich euch, braucht dieses Weib überhaupt die Wölfe?« Thomasz‘ Stimme schnitt wie ein Messer durch den Raum. Die Frage waberte umher, ging wie Nebel von Mund zu Mund.
Margeth merkte auf. Ihr Magen zog sich zusammen, während sie die Menschen in der Schankstube beobachtete.
»Es wird nichts Gutes sein«, stellte Dagomar düster fest, rieb sich den Bauch und gab ein lang gezogenes Stöhnen von sich.
Der Wirt blickte zu seiner Frau. Sie war nicht die einzige Schwangere im Dorf. Neben Betsy war auch Libuse wieder guter Hoffnung. Alle drei würden ihre Kinder im Frühjahr bekommen.
»Wir müssen unsere Frauen und Kinder schützen«, erklärte der Wirt mit fester Stimme und stellte einen Krug mit schäumendem Bier vor Andres. »Eine Missgeburt reicht!«
»Ja, eine reicht.« Andres blickte stumm zu seinem Vater.
»Wirt, schenk noch mal ein und trink mit uns.« Der Schmied hielt seinen leeren Krug in die Höhe.
Der Angesprochene tat wie ihm geheißen, die Männer tranken. Knapp darauf verließen einige die Gaststätte, auch die Frauen gingen, alle außer Margeth. Sie rückte näher und spitzte die Ohren. Die Stimmung gefiel ihr nicht. Die verbliebenen Kerle tranken zu viel und mit jedem Krug wuchs ihre Feindseligkeit.
Andres, der als Einziger nicht betrunken war, sprach leise mit Juri und Bednar.
Margeth verstand nicht, was er fragte, aber sie hörte Juris Antwort.
»So etwas habe ich noch niemals gehört und kann es auch nicht glauben, Andres. Du weißt, ich hetze nicht gern die Leute auf. Aber was ist, wenn etwas dran ist, an der Sache mit Libuses Kind? Du musst an Betsy denken, an euer Kind.«
»Es ist nicht normal, sich Wölfe zu halten. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen. Es ist einfach nicht normal.« Bednar schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Krüge überschäumten.
Die Männer sahen sich bedeutungsschwer an und tranken sich zu. Nachdem auch diese Runde zur Neige gegangen war, erhob Thomasz die Stimme. »Es reicht jetzt«, polterte er. »Lasst uns dem Ganzen endlich ein Ende setzen. Jetzt, Männer! Wollt ihr nächstes Jahr drei entstellte Kinder? Wollt ihr auch jedes Jahr aus euren Schlafkammern geworfen werden? Dann kannst du hier in der Schankstube schlafen, Wirt.« Thomasz blickte wild um sich.
Der Schmied hatte das Fell fester um sich gezogen und der Schäfer seinen Bierkrug so hart auf den Tisch geknallt, dass er zerbrach. Gawril war aufgesprungen. Diesmal würde er dabei sein, egal was passierte, das stand ihm auf die Stirn geschrieben.
Margeth hatte genug gehört. In einem unbeobachteten Augenblick schlüpfte sie nach draußen. Sie hüllte sich in ihren Umhang und stapfte den Berg hinauf zum Schloss. Ein milchiger Mond erhellte den Weg. Da sie nicht wusste, wie lange die Männer noch beratschlagen würden, beeilte sie sich. Was immer sie vorhatten, es würde noch heute Nacht geschehen.
Je näher sie dem Schloss kam, umso lauter hörte sie das Heulen der Wölfe. Ihre Füße folgten einem eigenen Willen und wurden langsamer, ihre Nackenhärchen sträubten sich. Sie musste sich fast zwingen, weiterzugehen. Einen Schritt vor den anderen. Die Kälte zwickte ihr beißend ins Gesicht. Ihre Schuhe waren nass geworden und sie spürte ihre Zehen nicht mehr.
Endlich stand sie vor dem Schloss und blickte unschlüssig zum erleuchteten Seitenflügel. Sollte sie an der Tür klopfen? Das war kein guter Einfall.
Sie ging um das Schloss herum, schritt auf den Spuren von Juri und den Seinen zu Jakobus’ Haus. Dort war alles still. Einen Augenblick lang fürchtete sie, dass der Jäger nicht da sei, dass er sein Glück bei einer der Mägde gefunden hatte und in weichen Armen selig schlummerte. Doch dann hörte sie sein tiefes Schnarchen.
Margeth klopfte –
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