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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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Selbst als Libuse ein entstelltes Kind zur Welt brachte, hatte er sich nicht daran erinnert.
    »Es ist nie mehr als einmal passiert, hat mir meine Mutter berichtet. Niemand weiß, warum und wodurch es kommt.« Margeths Stimme klang tröstlich, aber sie tröstete nicht.
    Thomasz versuchte, sein Vergessen zurückzubekommen und seine Würde. So fest er konnte gab er der Hexe seine Meinung zu verstehen. »Wie’s beliebt. Diesmal höre ich noch auf dich. Lasst uns zurückgehen, Männer.« Er richtete den Blick zum Stall, neben dem er den Jäger vermutete. »Sorgt dafür, dass die Biester in ihren Käfigen bleiben, sonst mach ich Euch persönlich dafür verantwortlich, wenn wieder etwas geschieht.« Dann drehte er sich auf dem Absatz um und machte sich auf den Rückweg.
     

4. Kapitel
    Herbst 1724
     
     
     
    A malia hatte vor Aufregung feuchte Finger und rieb sie an ihrer Reitkleidung. Immer wieder trat sie ans Fenster und blickte hinaus in den strahlenden Morgen. Frost lag noch auf den bunten Blättern der Bäume.
    »Nur Geduld, Gräfin«, mahnte Marijke und trat neben sie. »Es wird in Kürze losgehen.«
    Bereits vor Stunden waren Andres und seine Männer zur diesjährigen Treibjagd losgezogen, um das Wild aus seinen bevorzugten Plätzen aufzuscheuchen und sternförmig zusammenzutreiben. Nun würden sich bald die Reiter auf den Weg machen, denen sich Amalia zum ersten Mal seit Jahren wieder anschloss.
    »Ich gehe in den Hof«, murmelte sie.
    Amalia fand keinen Grund mehr, weiter auf das Reiten zu verzichten. Zu viele Jahre hatte sie vergebens auf ein Kind gewartet. Jetzt war ihr Vorrat an Hoffnung erschöpft. Amalia versuchte, sich mit der Realität abzufinden und das Reiten gehörte dazu.
    Heute sah sie all die Pracht und den Glanz nicht, während sie durch die Halle eilte. Ihr war, als schnürte ihr das Schloss die Kehle zu und sie bekäme erst wieder Luft, wenn sie draußen in der Kälte stand. Sie riss die Tür des Portals viel zu hastig auf und trat hinaus.
    Seit Trine den Hof verlassen hatte, trank Amalia auch keine Wolfsmilch mehr. Die Tiere waren geblieben, lebten in ihrem Zwinger und wurden von Jakobus, der sich nicht traute, sie in die Freiheit zu entlassen, versorgt.
     
    Amalia gab ihrem Pferd die Sporen und genoss die ungewohnt gewordene Freiheit auf dem Rücken ihres Pferdes. In gestrecktem Galopp setzte sie über Sträucher und Bachläufe und gab sich mit den jüngsten und mutigsten Recken ihrer Gesellschaft lustige Wettrennen. Sie amüsierte sich prächtig, wenn sie an den Knaben vorbeigaloppierte, und freute sich ebenso an den athletischen Männern, die es ohne Anstrengung mit ihr und ihrem Wallach aufnahmen. Ihre Rockschöße wehten hinter ihr her und sie musste mit einer Hand ihren Hut festhalten, wenn sie unter tief hängenden Ästen hindurchjagte.
    Was für ein herrlicher Tag, voller Freiheit und voller Glück. Amalia wollte ein Mal nicht daran denken, welch schwerer Schatten auf ihr lag.
    Von fern vernahm sie ein leises Grollen, das rasch lauter wurde. Einzelne Rufe stachen aus dem Stimmengewirr heraus, Hunde bellten, Vögel stiegen kreischend über die Wipfel der Bäume. Noch gab es kein Rotwild zu sichten, aber Füchse und Hasen, Marder, Iltisse und vieles Kleinvieh mehr rannte fiepend, schreiend und brüllend aus dem Wald. Das Getrampel unzähliger Hufe erscholl und die Luft war schwer vom Angstschweiß der gehetzten Kreaturen.
    Die Jäger, vom Jagdeifer erfasst, schossen auf alles, was sich bewegte.
    Amalia wandte sich um und beobachtete Erasmus, der einige Pferdelängen hinter ihr sein Glück versuchte, wenngleich Schießen und Reiten nicht zu seiner Natur gehörten. Sie spürte das Zucken ihrer Mundwinkel, als sie sich erinnerte, wie er vor einigen Jahren seine Flinte auf einen Hasen angelegt hatte, sie aber im letzten Augenblick solcherart verriss, dass er sowohl den Hasen als auch Graf Wenzel nur um ein Weniges verfehlte. Eine Geschichte, die böse hätte ausgehen können, doch zum Glück noch immer für fröhliche Heiterkeit am stets bestens gedeckten Tisch ihres Hauses sorgte.
    Sie gab ihrem Pferd die Sporen und stürmte auf eine kleine Waldwiese, wo sie den Wallach, dessen Flanken heftig bebten, ausruhen ließ. Das Tier tänzelte zum Rand der Lichtung. Amalia duckte sich unter die überhängenden Äste und genoss das glitzernde Lichtspiel, das sich vor ihr auf dem Waldboden zeigte.
    Wenig später ritt ein Jäger mit seinem Burschen in die Lichtung ein. Er zügelte sein Pferd, hieß

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