Die Grasharfe
angefangen von der Summe, die Ben Jones für seine Erdnußernte bekommen hatte, bis zu der Geburtstagsgesellschaf von Mary Simpson, und wer da eingeladen war.
Es war also ganz natürlich, daß Riley zu ihm gegangen war, um Neuigkeiten zu erfahren. Selbstverständlich erzählte er mir alles sofort wieder; und ich konnte mir Amos und sein schwirrendes Kolibrigeschwätz vorstellen: „Da haben wir's, Liebling, das kommt dabei heraus, wenn man sein Geld herumliegenläßt. Und ausgerechnet Verena Talbo! Wir dachten alle, sie trabt mit jedem Zehncentstück auf die Bank. Zwölfausendsiebenhundert Dollar. Aber das ist nicht alles! Es scheint, als ob Verena und dieser Doktor Ritz Geschäfte zusammen machen wollten, darum hat sie die alte Konservenfabrik gekauf. Nun hör gut zu: Sie hat Ritz über zehntausend gegeben, um die Maschinen und Gott weiß was einzukaufen, und nun stellt sich heraus, er hat nichts gekauf, was auch nur einen Penny wert ist. Hat alles in seiner Tasche verschwinden lassen. Und was ihn betrif, von ihm haben sie weder Haut noch Haar gefunden. Südamerika, da werden sie ihn fnden können, wenn überhaupt. Ich bin nicht so einer, der darauf anspielt, sie hätten Dummheiten miteinander getrieben, er und sie; ich sag immer, Verena ist zu eigen dazu. Liebling, der Jude hatte so viel Schuppen, wie ich es nie auf einem menschlichen Kopf gesehen habe. Und eine pfffge Frau war sie, – aber mag sein, sie hat sich was auf ihn eingebildet. Dann all diese Scherereien mit ihrer Schwester, die Aufregung darüber. Kein Wunder, daß Doktor Carter ihr Spritzen gab. Aber mit Charlie Cool, das geht mir an die Nieren. Was macht man mit ihm denn da draußen, wo er sich den Tod holt?"
Wir verließen die Stadt mit doppelter Geschwindigkeit; klatsch, knallten Insekten gegen die Windschutzscheibe und waren Brei. Der trockene Morgenwind pff uns steif um die Ohren. Der Himmel war wolkenlos. Und doch, ich schwöre es, spürte ich ein nahendes Unwetter in meinen Knochen. Das ist sonst eine Plage, der alte Leute ausgesetzt sind, und die bei jungen recht selten ist. Es ist so, als spüre man ein dumpfes Donnerrollen in allen Gliedern. Es tat so weh, ich fühlte mich wie vor einem heranrasenden Orkan, und ich gestand es Riley, der sagte: „Aber geh, du bist verrückt, schau doch den Himmel an!" Wir schlossen gerade eine Wette darüber ab, als wir die scharfe Kurve beim Friedhof nahmen, und dort zuckte Riley zusammen und riß seine Bremsen an. Wir schleuderten, lange genug, um unser ganzes verfossenes Leben mit jeder Kleinigkeit wieder an uns vorüberziehen zu sehen. Es war nicht Rileys Schuld; im Viereck der Straße schleppte sich wie eine lahme Kuh der Lastwagen von Honeys kleinem Homer. Unter dem Gerassel des versackenden Motors blieb der Wagen regungslos stehen. Sofort kletterte der Fahrer heraus, es war eine Frau. Sie war nicht jung, aber es war eine Fröhlichkeit in dem Wiegen ihrer Hüfen, und ihre Brüste rieben sich an der so schmeichelnd pfrsichfarbenen Bluse und schaukelten leise. Sie trug einen mit Fransen besetzten Seidenrock und kniehohe Cowboy Stiefel; das war schade, denn man ahnte, daß ihre Beine, wären sie nicht verborgen gewesen, das Beste an ihr sein müßten. Sie lehnte an der Wagentür. Ihre Augenlider waren halb gesenkt, als seien ihre Wimpern unerträglich schwer. Mit ihrer Zungenspitze benetzte sie ihre üppig roten Lippen. „Guten Morgen, Jungens", sagte sie mit ihrer schleppenden und weichen Stimme. „Ich wäre für ein paar Ratschläge sehr dankbar."
„Was zum Teufel ist mit Ihnen los", begehrte Riley auf. „Sie haben uns beinahe umgeworfen."
„Ich bin überrascht, daß Sie das erwähnen", entgegnete die Frau, und warf ihren großen Kopf mit einem gewissen Liebreiz in den Nacken; ihr Haar, das eine unwahrscheinliche Aprikosenfarbe hatte, war sorgsam gelockt, und als sie die Locken schüttelte, waren sie wie Glöckchen ohne Klöppel. „Sie sind zu schnell gefahren, Lieber", tadelte sie ihn selbstzufrieden. „Ich kann mir gut vorstellen, daß es dagegen eine Verordnung gibt; es gibt Verordnungen gegen alles, ganz besonders hier." Riley schimpfe: „Es müßte eine Verordnung gegen solch eine Rumpelkiste geben, solch eine zusammengebrochene Ruine wie diese – das müßte verboten werden."
„Ich weiß nicht, mein Lieber", lachte die Frau. „Tauschen wir! Obwohl ich fürchte, wir gehen nicht alle in den Wagen, wir sind sogar ein bißchen zuviel für den Lastwagen. Könnten Sie mir
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