Die Grasharfe
Person Schwester Idas unterrichtet. Sie war nie zuvor in unserer Stadt gewesen, aber Amos, der ab und zu eine kleine Reise machte, behauptete, sie auf dem Jahrmarkt in Bottle, einem Landstädtchen unweit von uns, gesehen zu haben. Auch für Reverend Buster schien sie keine Fremde zu sein, denn sofort nach ihrer Ankunf hatte er den Sherif aufgespürt und ein Polizeiverbot der Versammlungen der kleinen Homer Honey-Truppe von ihm verlangt. Erpresser nannte er sie und brachte vor, daß die sogenannte Schwester Ida im Umkreis von sechs Staaten als eine verrufene Dirne bekannt sei. Man denke, fünfzehn Kinder und keine Spur von einem Ehemann! Amos war ebenfalls überzeugt, daß sie nie verheiratet gewesen war; aber seiner Meinung nach verdiente eine so tüchtige Frau Respekt. Der Sherif seufzte: „Haben wir nicht schon genug andere Probleme?" und fuhr fort: „Kann sein, diese Narren da haben den richtigen Gedanken, setzen sich in einen Baum und kümmern sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten." Für fünf Cents würde er da auch hingehen und ihnen Gesellschaf leisten. Der alte Buster bedeutete ihm aber, in diesem Fall sei er zum Sherif ungeeignet und müsse seine Dienstabzeichen ablegen. Inzwischen hatte Schwester Ida schon, ohne einen polizeilichen Einspruch, zu einem Gebetsabend mit Gaukeleien unter den Eichen des Hauptplatzes eingeladen. Erweckungsprediger sind in unserer Stadt populär; das macht die Musik, die Gelegenheit zu singen und sich im Freien zu versammeln. Im besonderen hatte Schwester Ida mit ihrer Familientruppe den Nagel auf den Kopf getroffen; selbst Amos, sonst so kritisch, erzählte Riley, man habe daran nichts aussetzen können; diese Kinder da konnten wirklich Krakeel machen, und was den kleinen Homer Honey betraf, so war er so geschickt wie ein kleiner Kreisel beim Tanzen und Seilspringen. Jedermann hatte seinen Spaß mit Ausnahme von Hochwürden und Mrs. Buster, die gekommen waren, um Unruhe zu stifen. Zu welchen Sündenböcken wurden die Kinder, als sie beginnen wollten, Gottes Wäscheleine zu ziehen, ein Seil mit Wäscheklammern, an denen man eine kleine Spende befestigen konnte. Leute, die nie auch nur zehn Cents in Busters Kollektenbüchse getan hatten, hängten Dollarscheine auf. Er machte also einen Sprung hinüber in die Talbostraße und hatte dort ein kurzes, aber hefiges Gespräch mit Verena, deren Beistand, wie er sich klargemacht hatte, er brauchte, um handeln zu können. In Übereinstimmung mit Amos wiegelte er Verena mit der Behauptung auf, eine liederliche Wanderpredigerin habe Dolly als eine von Christus Abgefallene, als eine Feindin Christi bezeichnet, und Verena schulde es dem Namen Talbo, dabei mitzuhelfen, daß das Weib aus der Stadt gewiesen werde. Es war unwahrscheinlich, daß Schwester Ida bis dahin jemals den Namen Talbo gehört hatte. Aber erregt, wie sie war, ging Verena umgehend ans Werk; sie rief den Sherif an: „Nun hör mal zu, Junius, ich will, daß der Landkreis sofort von dieser Landstreicherin gesäubert wird." Das waren Befehle; und der alte Buster machte es zu seiner Pficht, ihre Ausführung zu überwachen. Er begleitete den Sherif zu dem Platz, wo Schwester Ida und ihre Brut sich nach der Versammlung säuberten. Sie hatte mit einer richtigen Rauferei geendet, hauptsächlich, weil Buster mit der Beschuldigung rechtswidrigen Gewinns darauf bestand, daß das Geld für Gottes Wäscheleine konfisziert würde. Er bekam es auch – allerdings nicht ohne einige Schrammen.
Es half nichts, daß viele von den Herumstehenden Schwester Idas Partei ergrifen. Der Sherif bedeutete ihr, daß es besser wäre, die Stadt am nächsten Tag frühmorgens zu verlassen. Nachdem ich nun das alles gehört hatte, fragte ich Riley, warum er denn nicht hilfreicher sein wollte gegen Leute, die man so ungerecht behandelt hätte? Auf die Antwort, die er mir gab, wäre man schwerlich selbst gekommen. Todernst sagte er, eine liederliche Frau sei kein Umgang für Dolly.
Ein Reisigfeuer züngelte unter dem Baum; Riley sammelte dürres Laubwerk dafür, und der Richter, dessen Augen vom beißenden Rauch tränten, beschäftigte sich mit unserem Mittagsmahl. Wir, Dolly und ich, waren die einzigen Trägen. „Ich fürchte", meinte sie und packte die Spielkarten aus, „ich fürchte allen Ernstes, daß Verena das Nachsehen hat mit diesem Geld. Und weißt du, Collin, ich bezweife, daß es der Geldverlust ist, der sie am meisten kränkt. Sie vertraute ihm, aus welchem Grund auch immer, dem Doktor Ritz,
Weitere Kostenlose Bücher