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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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gedämpftes Stöhnen entlockte — und begann, an einem zweiten Loch überm Schulterblatt des Mannes herumzuwischen. »Hier ist er eingedrungen — seht Ihr? Ich werde eine Wundauflage aus Beinwell- und Weidenrindenpaste machen müssen ...«
    Brionys Gesicht war so blaß, wie sich Barricks eigenes anfühlte, aber seine Schwester sprach ganz ruhig. »Warum liegt dieser Mann blutüberströmt in Euren Räumen, Graf? Und warum versorgt ihn Bruder ... Bruder Okros? Warum nicht unser Hofarzt? Chaven ist doch schon seit Tagen wieder zurück.«
    »Ich werde Euch gleich alles erklären, aber ich wollte, daß ihr das hier aus dem Mund des Mannes selbst hört. Dreht ihn wieder um, Okros, ich bitte Euch. Dann werden wir Euch allein lassen, damit Ihr seine Wunden verbinden und ihn in jeder nötigen Weise verarzten könnt.«
    Gemeinsam drehten Brone und der kleine Priester den Bärtigen wieder zurück. Okros hielt Stofflappen fest auf die Wunden in Brust und Rücken des Mannes gepreßt.
    »Gerad«, sagte der Konnetabel. »Ich bin's, Brone. Erkennt Ihr mich?«
    Der Blick des Mannes flackerte über ihn hinweg. »Ja, Herr«, stöhnte er.
    »Sagt mir noch einmal, was Ihr in Gronefeld gesehen habt, Gerad. Sagt mir, was Euch zu dem eiligen Ritt hierher veranlaßt und Euch vermutlich den Pfeil im Rücken eingetragen hat.« Brone sah die Zwillinge an. »Dieser Mann hätte eigentlich unterwegs sterben müssen, jemand glaubte ganz offensichtlich, er würde nicht lebend hier ankommen.«
    Gerad stöhnte wieder. »Männer des Autarchen«, sagte er schließlich. »In Gronefeld.« Er versuchte mühsam, sich die Lippen zu befeuchten, schluckte schwer. »Die verfluchten xixischen Mistkerle waren ... Ehrengäste der alten Herzogin.«
    »Männer des Autarchen ...? Bei den Tollys?« Barrick sah sich um, als könnten jeden Moment die gesichtslosen Männer seiner Albträume aus den Schatten auftauchen.
    »Jawohl«, sagte Brone grimmig. »Und jetzt kommt mit. Ich werde Euch den Rest der Geschichte erzählen.«

    Als Tribut an die kalte Nacht hatte sich Brone eine Decke um die mächtigen Schultern geschlungen. Sein Bart war halb verdeckt. Er sah aus wie ein Riese aus einer alten Sage, dachte Barrick, wie etwas, das an Knochen nagte und mit bloßen Händen Steinmauern zum Einsturz brachte.
    Was wissen wir eigentlich wirklich über ihn?
Barrick rang darum, klar zu denken. Er fühlte sich schwindelig und benommen, so als zupfte das Fieber wieder mit heißen und gleichzeitig kalten Fingern an ihm.
Unser Vater hat ihm vertraut, aber genügt das? Jemand hat Kendrick ermordet. Jetzt erzählt uns Brone, daß Gailon Tolly verschwunden und daß Gailons Familie mit dem Autarchen im Bunde sei. Und wenn der wahre Verräter nun der Konnetabel selbst ist? Ich mag Tolly ja nicht leiden können — ja, ich mochte ihn tatsächlich nie, so wenig wie den verflixten alten Herzog mit seiner roten Nase und seiner Brüllstimme —, aber reicht das aus, um Brone und seinem Spion zu glauben, daß Tolly ein Verräter ist?
    Als teilte sie seine Gedanken, sagte seine Schwester: »Wir sind Euch sehr dankbar für Eure Bemühungen im Dienste der Krone, Graf Avin, aber das ist ein ganz schön schwerer Brocken, um ihn einfach so zu schlucken. Wer
ist
der Mann dort auf dem Bett? Warum habt Ihr nicht den königlichen Leibarzt gerufen?«
    »Und wichtiger noch, wo ist Gailon?« fragte Barrick. »Es ist doch sehr praktisch, daß er nicht da ist, um sich und die Seinen zu verteidigen.«
    Barrick war sich sicher, daß es Zorn war, der da kurz in den Augen des Konnetabels aufblitzte. Brone schwieg einen Moment, trank von seinem Wein. Als er sprach, war seine Stimme ruhig. »Ich kann Euch nicht verdenken, daß Ihr überrascht seid, Hoheiten, und auch nicht, daß Ihr mißtrauisch seid. Und auf die letzte Frage weiß ich keine Antwort. Ich wollte, ich wüßte sie.« Er runzelte die Stirn. »Kalt geworden — der Wein, meine ich.« Er stapfte zum Kamin und hielt das Schüreisen ins Feuer »Was die anderen Fragen betrifft, so werde ich sie Euch beantworten, und dann müßt Ihr selbst entscheiden.« Er grunzte und sah sie mit einem säuerlichen Lächeln an. »Wie Ihr es immer tut. Dieser Gerad ist, wie Ihr bereits erraten habt, ein Spion. Er ist ein rauher Bursche, nicht die Sorte Mann, die ich an einem Ort wie dem Hof von Gronefeld bevorzugt einsetzen würde, aber es war ein Notbehelf. Erinnert Ihr Euch an diesen Musikanten, Robben Hulligan? Den Rothaarigen?«
    »Ja«, sagte Briony. »Er war ein

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