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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihm auf, der Bart wie eine grauschwarze Gewitterwolke. »Vergießt du Krokodilstränen wegen deiner Verbrechen wider die Krone, Mann? Das hilft dir vielleicht vor den Trigonatspriestern, aber nicht bei mir.«
    Kettelsmit quetschte die Tränen weg. »Nein, Euer Hochwohlgeboren, ich bin unschuldig.«
    »Warum flennst du dann?«
    Irgendwie schien es Kettelsmit keine gute Idee, zu sagen, was der Wächter getan hatte. Das würde die Abreibung, die ihm der Mann zu verpassen gedachte, womöglich in etwas Tödlicheres verwandeln. »Ich ... ich habe einen Katarrh, Euer Hochwohlgeboren. Er überfällt mich manchmal. Die feuchte Luft hier ...« Er deutete mit einer vagen Handbewegung auf seine Umgebung, aber sofort überkam ihn neue Panik. »Nicht, daß ich mich beschweren wollte, Herr. Ich bin außerordentlich gut behandelt worden.« Er schwafelte jetzt einfach drauflos. Kettelsmit hatte Brone noch nie von nahem gesehen: Der Mann sah aus, als könnte er einen Poetenschädel mit einer fleischigen Hand zerquetschen. »Die Wände sind sehr solide, Herr, die Böden erstklassig.«
    »Ich nehme an, jemand hat dich geschlagen«, sagte der Konnetabel. »Wenn du nicht sofort den Mund hältst, werde ich es wahrscheinlich ebenfalls tun.« Er wandte sich an einen der königlichen Garden, die sich jetzt von der Bank erhoben hatten. »Ich nehme beide Gefangene mit.« Er winkte einem der beiden Soldaten, die er an der Eingangstür zum Kerker hatte warten lassen; beide trugen die Farben von Landsend, Brones Grafschaft. »Mitnehmen, alle beide«, erklärte er dem Mann. »Schlagt sie, wenn nötig.«
    Der Kerkerwächter guckte ein wenig erstaunt. »Sind ... Sind der Prinz und die Prinzessin ...?«
    »Natürlich sind sie informiert«, knurrte Brone. »Was glaubt Ihr, wer mich geschickt hat, sie nach oben zu schaffen?«
    »Ah. Ja. Gut, Herr.«
    Kettelsmit rappelte sich schleunigst auf. Er war entschlossen, überaus gefügig mitzugehen. Er wollte keine Schmerzen mehr leiden, und schon gar nicht wollte er, daß der riesige, furchterregende Konnetabel noch zorniger wurde.
     
    Trotz seiner Angst war Kettelsmit doch überrascht, als Brone und die beiden Soldaten sie durch ein Labyrinth von Gängen hinter der großen Halle und schließlich in eine kleine, aber wunderschön ausgestattete Kapelle führten. Ein Blick auf die Wandgemälde sagte ihm, daß das die Erivor-Kapelle selbst sein mußte, die Kapelle, die dem Meeresgott und Schutzpatron der Eddons geweiht war — einer der berühmtesten Räume in ganz Südmark. Das Dekor schien in gewisser Weise passend, da Gil, der Schankknecht, sich auf dem ganzen Weg hierher so langsam und entrückt bewegt hatte, als befände er sich unter Wasser. Kettelsmit war verblüfft, sich an einem solchen Ort wiederzufinden, aber er fühlte sich schon etwas besser: Sie würden ihn doch gewiß nicht auf der Stelle töten, und sei es nur, damit kein Blut auf die vielgepriesenen Wandfresken spritzte.
    Außer, sie erdrosseln mich. Pflegt man Verräter nicht zu erdrosseln?
Sein Herz raste.
Aber das ist doch verrückt — ich bin doch kein Verräterl Ich habe den Brief doch nur geschrieben, weil dieser Verbrecher von Gil mich, einen armen Poeten, mit seinem unrechtmäßig erlangten Gold geblendet hat!
    Bis Avin Brone sich auf der langen Bank, die beim Altar aufgestellt worden war, niedergelassen hatte, war Kettelsmit schon wieder den Tränen nahe.
    »Ruhe«, sagte Brone.
    »Herr, ich ...«
    »Halt den Mund, Tropf. Meinst du, nur weil ich mich hingesetzt habe, würde ich nicht wieder aufstehen und dir eins verpassen? Das Vergnügen ist mir die Anstrengung wert.«
    Kettelsmit verstummte augenblicklich. Die Fäuste, die aus den Spitzenmanschetten dieses Mannes ragten, waren so groß wie Festtagslaibe. Der Poet sah verstohlen zu Gil hinüber, der nicht nur keine Angst zu haben schien, sondern überhaupt so wirkte, als bekäme er gar nicht mit, was um ihn herum vorging.
Fluch über dich und dein Gold!,
wollte ihn Matty Kettelsmit anschreien.
Du bist wie so ein Giftelf aus einer Geschichte, der allen nur Unglück bringt.
    Da er sich sagte, die beste Methode, keinen Ärger zu kriegen, bestünde wohl darin, Mund und Augen fest zuzupressen und zum Gott der Poeten und Betrunkenen zu beten (auch wenn ihn dessen Antwort auf sein letztes Gebet an die Schwelle einer Verräterzelle geführt zu haben schien), bekam er gar nicht gleich mit, daß weitere Personen den Raum betreten hatten. Erst als er die Stimme des Mädchens hörte, riß er die

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