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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihre Macht. Sie war so ... kraftvoll.
Wie eine der Kriegergöttinnen,
dachte er.
    »Auf jeden Fall müssen wir zumindest den Schankgehilfen festhalten, bis wir das Geheimnis seines Wissens ergründet haben«, sagte Brone, was dem Poeten ein Fünkchen Hoffnung gab. Vielleicht würden sie ihn ja gehen lassen! »Ganz zu schweigen von der Frage, wie er an den Golddelphin kam, den er diesem sogenannten Poeten gegeben hat. Ich nehme an, für den Schankgehilfen kann ich ein Plätzchen im Wächterraum finden — dort haben ihn genügend Leute im Auge. Aber ich weiß nicht, ob ich möchte, daß der andere da in allen Schenken herumerzählt, was er gesehen hat.« Brone runzelte die Stirn. »Ich nehme an, Ihr seid nicht damit einverstanden, daß ich ihn einfach töte.« Kettelsmit blieb die Luft weg; er konnte nur hoffen, daß es scherzhaft gemeint war. »Schade«, erklärte Brone, »weil an so nichtsnutzigen Kerlen wenig Bedarf besteht und es in Südmark ohnehin schon davon wimmelt.«
    »Was Ihr mit dem macht, der den Brief geschrieben hat, ist mir egal.« Brionys Blick war auf Gil geheftet; Kettelsmit verspürte eine absurde Regung von Eifersucht. »Ich glaube nicht, daß er irgend etwas mit der Sache zu tun hat — der Schankknecht kann nicht schreiben und brauchte also jemanden dafür. Schickt den Dichter nach Hause und sagt ihm, wir schlagen ihm den Kopf ab, wenn er nur ein Wörtchen darüber verliert. Ich muß nachdenken.«
    Kettelsmit waren eine ganze Reihe düsterer Erkenntnisse gekommen. Wenn er in den
Sauschwanz
zurückkehrte, würde er sehr bald schon den versprochenen Besuch des Wachsoldaten erhalten, dem er angeblich das Mädel weggenommen hatte; er würde nicht nur brutal zusammengeschlagen werden, sondern auch noch für etwas, woran er sich nicht erinnern konnte — Saufgelage mit Kennit endeten fast immer in einem einzigen Nebel. Er konnte nur hoffen, daß das Mädel hübsch gewesen war, aber so wie der Wachsoldat aussah, bezweifelte er das eher. Doch jetzt, da der Konnetabel seinen Golddelphin beschlagnahmt hatte, konnte er es sich auch nicht leisten umzuziehen. Es gab derzeit in seinem Leben keine begüterte Dame, die ihn aufnehmen konnte, nur Brigid, und die wohnte im
Sauschwanz.
Und es war kalt geworden. Eine mißliche Jahreszeit, um auf der Straße zu leben.
    Kettelsmit tat sich jetzt ausgesprochen leid. Einen Moment lang erwog er, sich eine Geschichte auszudenken, um sich wichtiger zu machen, irgendwie so zu tun, als hätte er Teil an dem seltsamen Wissen des Schankknechts, aber ein Blick auf Brones massige Gestalt belehrte ihn, daß das eine große Torheit wäre. Gil wußte aus irgendeinem Grund Dinge, die er nicht wissen sollte, aber Kettelsmit konnte keine solchen Waffen auffahren, nicht einmal als Bluff. Als er die zerstreute Prinzessin betrachtete, kam ihm eine Idee, so plötzlich, daß er sich unwillkürlich fragte, ob Zosim die grausame Zweischneidigkeit seines letzten Geschenks wettzumachen versuchte. Er fiel auf die Knie.
    »Herrin«, sagte er in seinem aufrichtigsten Ton, dem, der ihm Essen und Trinken gesichert hatte, seit er von zu Hause weggelaufen war. »Hoheit, darf ich um eine Gunst bitten? Es ist viel zuviel verlangt, und ich bin viel zu unwürdig, aber ich bitte Euch, hört mich wenigstens an ...«
    Sie sah ihn an. Das war immerhin ein erster Schritt.
    »Ich bin Poet, Prinzessin — ein bescheidener Poet, dessen Gaben nicht immer gewürdigt werden, aber die, die mich kennen, werden Euch von meinen Qualitäten zu berichten wissen.« Sie verlor das Interesse, also beeilte er sich. »Ich kam in Angst und Schrecken hierher. Mein Versuch, meinem Freund, dem Bierjungen, der ein schlichtes Gemüt ist, einen Gefallen zu tun, hat Euch und Eurem Bruder Unbill bereitet. Es schmerzt mich zutiefst ...«
    Sie lächelte ironisch. »Wenn Ihr irgend jemandem davon erzählt, wird es Euch allerdings zutiefst schmerzen.«
    »Bitte, Hoheit, hört mich einfach nur an. Hört Euren demütigen Diener einfach nur an. Die Tatsache, daß Ihr Euch beständig um die Belange des Landes kümmert, hat gewiß verhindert, daß Ihr von dem Panegyrikus wißt, den ich über Euch schreibe.« Nun ja, neben der Tatsache, daß er bis jetzt nichts dergleichen geschrieben hatte.
    »Panegyrikus?«
    »Ein Loblied auf Eure erstaunliche Schönheit.« Er sah ihren Gesichtsausdruck und fügte rasch hinzu: »Und vor allem auf Eure Klugheit und Güte. Eure Barmherzigkeit.« Das Lächeln erschien wieder auf ihrem Gesicht, wenn auch immer

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