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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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Augen auf.
    »Diese beiden?«
    »Ja, Hoheit.« Brone zeigte auf Gil. »Das ist der, der die Behauptungen erhoben hat. Der andere sagt, er hat sie nur für ihn niedergeschrieben, obwohl ich da meine Zweifel habe — Ihr seht ja selbst, welcher eher so aussieht, als hätte er den anderen angestiftet.«
    Kettelsmit hatte den starken Drang, seine Unschuld hinauszuschreien, aber so langsam lernte er, wie man sich in einer Situation benahm, in der man ohnmächtig war. Ein halbes Dutzend neue Leute hatten die Kapelle betreten. Vier davon waren königliche Garden, die sich nahe der Tür postiert hatten und leicht verächtliche Blicke mit den rot-golden gekleideten Landsendern des Konnetabels wechselten. Die anderen beiden waren, wie er verblüfft erkannte, die noch lebenden Kinder König Olins, Prinzessin Briony und Prinz Barrick.
    »Warum hier?« fragte die blondhaarige Prinzessin. Kettelsmit mußte zweimal hingucken, um sicherzugehen, daß sie es war, die sprach. Sie war ganz hübsch, auf eine hochgewachsene, knochige Art — Matty Kettelsmit mochte seine Frauen lieber weich, blaß und rund wie eine Sommerwolke —, aber ihr Haar war offen, und sie war höchst seltsam gekleidet, in Reitrock, Hosen und eine lange blaue Jacke, die aussah wie die eines Mannes. Ihr bleicher, rotgelockter Bruder war ganz in Schwarz. Kettelsmit hatte von der permanenten Trauerkleidung des Prinzen gehört, aber es war doch ziemlich verblüffend, Barrick Eddon aus solcher Nähe zu sehen, so als wäre er einfach nur ein Trinkkumpan im
Sauschwanz —
ja, die beiden jungen Regenten direkt vor sich zu haben, so nah und so real, als ob Kettelsmit ein Günstling bei Hofe wäre, den sie mit ihrem Besuch beehrten. Diese Phantasie wärmte ihn einen winzigen Moment. Ach, was wäre das für ein Glück, königliche Gönner zu haben ...
    »Wir sind hier, weil wir hier ungestört sind«, sagte Brone.
    »Aber Ihr sagtet doch, sie wollten uns nur dazu bringen, ihnen Geld für falsche Informationen zu geben.«
    Kettelsmit verlor urplötzlich das Interesse an königlicher Protektion und auch an der Kleidung des Prinzen und der Prinzessin. Ja, es fiel ihm schon unendlich schwer, nur zu schlucken: Es fühlte sich an, als sei ihm ein Igel in die Kehle gekrabbelt. Wenn sie ihn des versuchten Betruges an der königlichen Familie für schuldig befanden, konnte es ihn sehr wohl den Kopf kosten, zumindest aber würde er auf eine der kleineren Inseln verbannt werden oder Zwangsarbeit auf den Feldem leisten müssen, bis er alt war, bis nicht mal mehr ein mageres Kesselflickerweib ihm für seine betörenden Worte (und handfesteren Aufmerksamkeiten) ein Kupferstück zustecken würde. Versuchte Erschwindelung von Geld bei der Königsfamilie! Er preßte die Beine fest zusammen, um sich nicht vor den Eddon-Zwillingen zu bepissen.
    »Ich sagte, das ist es, was ich vermute«, erwiderte Brone und ignorierte geduldig den nörgeligen Ton des Prinzen. »Aber falls einer von ihnen tatsächlich etwas weiß oder gar beide, hielt ich es für besser, es hier herauszufinden und nicht vor dem versammelten Hofstaat.«
    Briony, die Kettelsmit auf eine gar nicht so unfreundliche, wenn auch nicht gerade wohlwollende Art angesehen hatte, wandte sich jetzt plötzlich an den hohlwangigen Gil. »Du da. Mir wurde gesagt, du bist Bierjunge in einer Schenke draußen in der Vorburg. Wie kann dir irgend etwas anderes als Schenkengeschwätz über das bekannt sein, was der settländischen Karawane widerfahren ist?«
    Gil regte sich, schien aber Schwierigkeiten zu haben, seine Augen auf ihre einzustellen. »Ich ... ich weiß nicht. Ich weiß nur, daß ich Träume hatte und daß ich in diesen Träumen ... Sachen gesehen habe.«
    »Sag ›Eure Hoheit‹, Kerl«, blaffte Brone.
    Briony winkte ab. »Er ist ... ich weiß nicht, einfältig, würde ich sagen. Warum geben wir uns überhaupt mit ihm ab? Mit diesen beiden Schwachköpfen?«
    Kettelsmit wünschte, er hätte den Mut, ärgerlich zu werden, zu protestieren. Es war enttäuschend, daß die Prinzessin offenbar nichts von seiner wenn auch bescheidenen, so doch im Wachsen begriffenen Reputation wußte, aber sie mußte ihm doch wohl ansehen können, daß er nicht aus demselben Holz geschnitzt war wie der arme Gil.
    »Sie hat recht«, sagte Prinz Barrick. Er sprach langsamer und stockender, als es die Berichte über seine merkurische Natur hatten erwarten lassen. »Dieser Kaufmannsbursche hat wahrscheinlich in ganz Südmark herumerzählt, was ihm widerfahren ist.

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