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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich die Hand vor den Mund. »Was macht Ihr denn hier?« Ein richtiger Mann im Frauenpalast — was würde geschehen, wenn sie ihn entdeckten? Was würde mit ihr geschehen?
    Der Leopardenhauptmann schob sich rasch und behende zwischen sie und die Tür, versperrte ihr den Fluchtweg. Sie sah sich panisch in dem kleinen, dunklen Raum um. Es war nicht viel darin, nur ein niedriger Tisch und ein paar Sitzkissen, und es gab keinen anderen Ausgang.
    »Ich wollte Euch sehen. Ich wollte ... mit Euch reden.« Jeddin trat näher, umschloß mit seinen breiten Fingern ihre Hand, zog sie weiter in den Raum hinein. Ihr Herz raste so sehr, daß sie kaum Luft bekam, aber sie konnte auch nicht gänzlich ignorieren, wie kräftig sein Griff war und welche Gefühle das in ihr weckte. Wenn er wollte, konnte er sie einfach über seine breite Schulter werfen und wegtragen, und sie könnte nichts dagegen tun.
    Außer schreien natürlich, aber was würde es für sie selbst bedeuten, wenn sie es täte?
    »Kommt, ich werde Euch nicht lange aufhalten«, sagte er. »Ich habe mein Leben in Eure Hände gelegt, Herrin, indem ich hierhergekommen bin. Da werdet Ihr mir doch ein paar Augenblicke nicht verweigern.«
    Er sah sie an, so forschend, so eindringlich, daß sie seinem Blick nicht standhalten konnte. Ihr war jetzt wieder heiß und fiebrig. War das vielleicht alles nur ein verrückter Traum? Hatte der Trank der Priester sie wahnsinnig gemacht? Aber Jeddin wirkte beunruhigend real, so mächtig und wohlgestaltet wie ein Tempelrelief. »Was wollt Ihr von mir?«
    »Etwas, das ich nicht haben kann, das ist mir klar.« Er ließ ihre Hand los, ballte seine zur Faust. »Ich ... ich muß immer an Euch denken, Qinnitan. Mein Herz gibt keine Ruhe. Ihr verfolgt mich sogar in meinen Träumen. Ich lasse Dinge fallen, ich vergesse Dinge ...«
    Sie schüttelte den Kopf, jetzt wirklich verängstigt. »Nein. Nein, das ist ...« Sie trat einen Schritt auf ihn zu, bereute es sofort — er hatte die Arme gehoben, als wollte er sie an sich ziehen, und sie wußte, nicht nur seine Kraft würde es ihr schwermachen, sich wieder loszureißen. »Das ist doch alles Wahnsinn, Jeddin ... Hauptmann. Selbst wenn ... selbst wenn wir außer acht lassen, warum ich hier im Frauenpalast bin, wer mich hierher geholt hat ...« Sie erstarrte, weil von draußen ein Geräusch kam, aber es war nur eine der jüngeren Ehefrauen, die vor Lachen kreischte, weil sie mit anderen irgendein Spiel spielte. »Selbst wenn wir das außer acht lassen, Ihr kennt mich doch kaum. Ihr habt mich zweimal gesehen ...!«
    »Nein, Herrin, nein. Ich habe Euch, jeden Tag gesehen, als Ihr noch ein Kind wart und ich auch. Als wir beide Kinder waren. Ihr wart als einzige nett zu mir.« Sein Gesicht war so ernst, daß es komisch gewesen wäre, hätte sie nicht um ihr Leben gefürchtet. »Ich weiß, es ist unrecht, aber ich kann es nicht ertragen, daß Ihr ... daß Ihr für ... für
ihn
bestimmt seid.«
    Sie schüttelte den Kopf ob dieser Blasphemie, wünschte sich nur weit, weit weg. Da war etwas an dem jungen Leopardenhauptmann, das an ihr Herz rührte, in ihr den Wunsch auslöste, ihn zu trösten, und zweifellos empfand sie noch mehr für ihn, aber sie konnte die wachsende Angst nicht beiseite schieben. Mit jedem Moment fühlte sie sich mehr wie ein Tier auf der Flucht vor einer erbarmungslosen Meute. »Das führt doch nur dazu, daß wir beide getötet werden. Ganz egal, was Ihr denkt, Jeddin, Ihr kennt mich kaum.«
    »Nenn mich Jin, so wie früher.«
    »Nein! Da waren wir noch Kinder. Ihr seid meinen Brüdern nachgelaufen. Sie waren grausam zu Euch, ja, aber ich war auch nicht besser. Ich war ein Mädchen, ein schüchternes Mädchen. Ich habe nie irgend etwas zu meinen Brüdern oder ihren Freunden gesagt, um sie davon abzuhalten.«
    »Du warst nett. Du hast mich gemocht.«
    Mit einem verzweifelten Stöhnen sagte sie: »Jeddin! Ihr müßt jetzt gehen und dürft so etwas nie wieder tun!«
    »Liebst du ihn?«
    »Wen? Ihr meint den ... ?« Sie trat näher an ihn heran, so nah, daß sie seinen Atem im Gesicht spürte. Sie legte ihm die Hand auf die breite Brust, um ihn daran zu hindern, sie zu umarmen. »Natürlich nicht«, sagte sie leise. »Für unseren Herrn bin ich nichts, weniger als nichts — ein Stuhl, ein Teppich, eine Handwaschschüssel. Aber ich würde ihm auch keine Handwaschschüssel stehlen und Ihr auch nicht. Wenn Ihr mich ihm zu stehlen versucht, werden wir beide getötet.« Sie holte Luft. »Ich mag

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