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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf der Hälfte ihrer Vormittagsbahn angelangt war, stießen sie auf die Settländerstraße.
    »Preis allen Göttern!« rief Balk. Er rannte los, vollführte ein schwerfälliges Tänzchen auf dem räderzerfurchten Lehm, der den alten Damm aus Steinen und Holz bedeckte. »Preis jedem einzelnen von ihnen!«
    Während sich die anderen Männer in das Gras am Straßenrand fallen ließen und einander lachend auf die Schultern klopften, blickte Vansen die Straße entlang, erst in die eine Richtung, dann in die andere, noch immer ein wenig mißtrauisch. Es war dieselbe Straße, kein Zweifel, aber das überwältigende war die Erkenntnis, an welchem Punkt der Straße sie sich befanden.
    »Perin Wolkenwanderer!« murmelte er vor sich hin. »Sie hat uns an die Stelle zurückgeführt, wo wir sie gefunden haben. Das ist ein ganzes Stück südlich von dort, wo wir über die Schattengrenze geraten sind. Und ein ganzes Stück näher an Südmark, den Göttern sei Dank!« Er wankte auf schmerzenden Beinen zu dem Mädchen, das leise lächelnd dastand und sich friedlich-verwirrt umguckte. Er packte Willow, küßte sie auf die Wange, hob sie in die Luft und setzte sie wieder ab. Dann fiel ihm noch etwas ein, und er rannte die Straße in östlicher Richtung entlang, während ihm die Männer verdutzte Fragen hinterherschrien. Und tatsächlich, am nächsten geraden Stück fand er eine Anhöhe, erklomm sie und sah, daß keine Meile weiter östlich Nebel die Straße verschluckt hatte.
Sie hat uns auf unsere Seite der Schattengrenze zurückgeführt, und wir sind jetzt zum Glück auch zwischen der Schattenarmee und der Stadt! Aber wie kann das sein?
Er versuchte zu begreifen, was geschehen war, kam aber nur zu der Vermutung, daß das Land hinter der Schattengrenze anders war als andere Länder, nicht nur wegen des Nebels und der Ungeheuer. Irgendwie war es dem Mädchen gelungen, den Weg durch eine Schattenfalte zu finden und sie an die Stelle zurückzuführen, wo sie selbst über die Schattengrenze geraten war, lange bevor sie sie gefunden hatten.
    Er lief rasch zu den anderen zurück. »Wir werden kurz Rast machen«, sagte er, »aber dann müssen wir Pferde auftreiben und reiten, so schnell wir nur können. Südmark liegt vor uns, und der Feind ist hinter uns, aber wer weiß, wie lange er braucht, um uns einzuholen? Das Mädchen hat uns ein kostbares Geschenk gemacht — wir dürfen nicht leichtfertig damit umgehen, so wenig wie mit dem Leben unserer Kameraden.« Er wandte sich an Willow. »Mag sein, daß ich für das alles in Ketten ende, aber wenn Südmark überlebt, werde ich dafür sorgen, daß du in Seide gekleidet und mit Gold überhäuft wirst. Du hast uns vielleicht alle gerettet!«

24

Leoparden und Gazellen
    Wachsende Freude:
Die Waben sind voll,
Die Blätter fallen, schweben langsam herab,
Der Tod ist jetzt lieblich.

Das Knochenorakel
    Qinnitan stöhnte: »Warum fühle ich mich so krank?«
    »Aufstehen, du da!« Die Begünstigte Luian schlug nach einer ihrer Tuani-Dienerinnen, die sich mit einer wohlgeübten Bewegung wegduckte, so daß der Schlag nur ihr schwarzes Haar streifte. »Was machst du denn, du faule Eidechse?« kreischte Luian. »Das Tuch ist ja staubtrocken.« Sie streckte die Hand aus und kniff das Mädchen schmerzhaft in den Arm. »Geh und hole Herrin Qinnitan noch mehr Wasser!«
    Die Sklavin erhob sich und füllte die Schüssel an dem Brunnen, der in einer Ecke des Raums leise vor sich hinplätscherte, brachte sie dann zurück und machte sich wieder daran, Qinnitans Stirn zu kühlen.
    »Ich weiß nicht, Schätzchen«, sagte Luian, als hätte dieser Ausbruch nie stattgefunden. »Ein kleiner Fieberanfall vielleicht? Nichts Schlimmes, da bin ich mir sicher. Du mußt nur deine Gebete sprechen und Hornkleetee trinken.« Irgend etwas schien sie mehr zu beschäftigen als Qinnitans Elend: Ihre Augen huschten hin und her, als ob sie jeden Moment mit einer Störung rechnete.
    »Es ist bestimmt dieser Trank, den sie mir jeden Tag geben.« Qinnitan versuchte sich aufzusetzen, stöhnte, gab auf. Es lohnte die Kraftanstrengung nicht. »Oh, Luian, ich hasse dieses Zeug. Davon fühle ich mich immer so gräßlich. Glaubt Ihr, sie wollen mich vergiften?«
    »Dich vergiften?« Jetzt sah Luian sie wirklich an. Ihr Lachen war hart und ein bißchen schrill. »Meine Süße, wenn der Goldene deinen Tod wollte, wäre es nicht Gift, das ihn herbeiführen würde, es wäre etwas viel ...« Sie erbleichte ein wenig, fing sich. »Wie kannst du so

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