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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ecken des Raums und unterhielten sich leise. Zwei Jünglinge mit dem zarten Schmelz junger Begünstigter auf den bartlosen Gesichtern standen hinter den Sitzkissen und wedelten mit Pfauenfedern. Die gesamte Einrichtung des Empfangsraums schien darauf abgestimmt, Besucher nur an eines denken zu lassen — an ein Schlafzimmer, denn darin wurzelte ja schließlich Arimones Macht. Sie hatte dem Autarchen zwar noch keinen Erben geschenkt, aber er war ja fast das ganze erste Jahr seiner Regentschaft damit beschäftigt gewesen, sein ganzes Reich zu bereisen, weshalb es keine der anderen Ehefrauen wagte, auch nur das leiseste Gerücht von mangelnder Harmonie im königlichen Bett zu verbreiten. Sollte jedoch noch ein Jahr vergehen, ohne daß ein männlicher Thronerbe in Aussicht stand, würden sie natürlich nichts anderes tun.
    »Verzeih, daß ich so lange gebraucht habe, um dich einzuladen«, sagte die Erste Ehefrau. »Du bist jetzt wie lange hier — ein halbes Jahr?«
    »Ungefähr, Hoheit.«
    »Du mußt mich Arimone nennen — wie gesagt, wir sind doch alle Schwestern. Ich habe schon viel von dir gehört, und du bist genauso liebreizend, wie ich es mir vorgestellt habe.« Sie hob eine Augenbraue, die zu einer spinnenbeinfeinen Linie gezupft war. »Ich habe gehört, du bist eng mit der Begünstigten Luian befreundet. Ihr beide seid Cousinen, stimmt's?«
    »Oh, nein, Ho ... Arimone. Wir kommen nur aus demselben Viertel.«
    Die Erste Ehefrau runzelte aufs hübscheste die Stirn. »Bin ich denn so dumm? Wie komme ich darauf, daß ihr beide ...?«
    »Vielleicht, weil Luian eine Cousine von Jeddin ist, dem Leopardenhauptmann.« Arimone beobachtete sie genau; Qinnitan wünschte plötzlich, sie hätte den Mund gehalten. Zu ihrer Bestürzung hörte sie sich immer noch weiterplappern. »Luian spricht natürlich viel von ihm. Sie ist ... sie ist sehr stolz auf ihn.«
    »Ah, ja, Jeddin. Den kenne ich. Ein gutaussehender Bursche, nicht wahr?« Der Abendstern sah Qinnitan immer noch auf eine Art an, die ihr sehr, sehr unbehaglich war. »Ein prächtiges, festes Stück Mannsfleisch. Findest du nicht?«
    Qinnitan wußte nicht, was sie darauf sagen sollte. Die Frauen im Frauenpalast sprachen sehr freimütig über Männer, auf eine Art, die der unberührten Qinnitan oft peinlich detailliert erschien, aber das hier war irgendwie anders, fast wie eine Art Prüfung. Plötzlich überlief sie ein Schauer. Hatte die Erste Ehefrau irgendwelche Gerüchte gehört? »Ich habe ihn kaum je gesehen, Arimone, jedenfalls nicht mehr seit unserer Kinderzeit. Er kann doch bestimmt nicht so gut aussehen wie unser Herr, der Autarch, gepriesen sei sein Name, oder?«
    Ihre Gastgeberin lächelte wie über einen klugen Spielzug. Qinnitan meinte, ein paar von den Sklavenmädchen hinter sich kichern zu hören. »Oh, das ist etwas anderes, kleine Schwester. Sulepis ist ein Gott auf Erden und unterliegt daher nicht den gleichen Urteilen wie andere Männer. Aber er scheint auf jeden Fall sehr angetan von dir.«
    Schon wieder war sie auf unsicherem Terrain. »Angetan? Von mir? Der Autarch?«
    »Aber natürlich, Liebes. Hat er dir nicht eine besondere Unterweisung zukommen lassen? Ich habe gehört, du bist fast jeden Tag bei diesem schnaufenden alten Priester Panhyssir. Du sprichst Gebete und erfährst ... Vorbereitungsrituale. Mystische Praktiken.«
    Qinnitan war wieder verwirrt. Geschah das denn nicht mit allen Ehefrauen? »Ich wußte nicht, daß das etwas Ungewöhnliches ist, Herrin.«
    »Arimone, schon vergessen? Ach, es ist wohl nicht sonderlich überraschend, daß der Autarch neue Interessen entwickelt. Er weiß mehr als die Priester, hat mehr alte Schriften gelesen als sie. Er weiß alles, mein ach so kluger Gemahl — was sich die Götter im Traum zuflüstern und warum sie ewig leben, er kennt die vergessenen alten Stätten und Städte, die geheime Geschichte ganz Xands und anderer Weltgegenden. Wenn er mit mir spricht, verstehe ich ihn manchmal kaum. Aber seine Interessen sind so weitgestreut, und natürlich halten sie nicht lange an. Wie eine große goldene Biene fliegt er von Blüte zu Blüte, wohin sein mächtiges Herz ihn führt. Was auch immer diesmal sein Interesse geweckt hat, ich bin sicher, es wird ... kurzlebig sein.«
    Qinnitan zuckte zusammen, aber sie war erstaunt und fest entschlossen herauszufinden, warum die anderen Ehefrauen in ihr anscheinend etwas Besonderes sahen. »Wie ... wie seid Ihr vorbereitet worden, Arimone? Auf die Ehe, meine ich. Wenn

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