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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihrer uralten Mörtelumrandung. Und als er weiter zog und zerrte, war es nicht nur die eine Platte, die sich hob, sondern ein Verbund von vier Steinen. Es gelang ihm, die Finger beider Hände darunterzuschieben. Ächzend hob er das ganze schwere Ding wie einen Zisternendeckel an und rückte es beiseite. Es hatte ungefähr die Form eines Quadrats, dessen Seiten nicht ganz zwei Großwüchsigen-Ellen maßen, und war nicht dicker als Cherts Faust. Unter der Stelle, wo es gelegen hatte, war Dunkel.
    Durch die Öffnung stiegen Wärme und ein intensiver Geruch, der Geruch des Quecksilbermeers. Chert beugte sich vor und leuchtete mit der Korallenlampe hinab. Stufen, eine steile Wendeltreppe, die in der Tiefe verschwand. Er richtete sich auf und rieb sich die Stirn. War das der Eingang, den der Junge gefunden hatte? Oder war es einfach nur ein weiterer Teil der Mysterien, ein Weg, an dessen Ende ihn noch Schrecklicheres erwartete, als nur im Dunkel des Labyrinths gestrandet zu sein?
    Aber ich habe ja schließlich nichts Besseres zu tun,
sagte er sich.
Und wenn die Alten zornig auf mich sind ... na ja, viel schlimmer kann es das auch nicht mehr machen.
    Er hatte schon bessere Argumente gehört, ließ sich aber dennoch vorsichtig durch die Öffnung hinab und ging dann ein paar Stufen tiefer vorsichtig in die Hocke, um so weit wie möglich den primitiven Treppenschacht hinabzuspähen, nur für den Fall, daß ein paar Fuß unter ihm die Stufen plötzlich endeten und ihm nur der freie Fall blieb. Obwohl der Schacht weit weniger sorgfältig angelegt wirkte als der Rest des Labyrinths, war er doch allem Anschein nach solide Funderlingsarbeit, und nirgendwo gähnte ein jähes Loch. Während Chert sich vorsichtig ein paar weitere Stufen hinabarbeitete, blickte er empor und sah, daß in die Unterseite eines der vier Deckelsteine eine Kerbe gehauen war, ein Griff, um das Ding von unten wieder an seinen Platz zu ziehen.
    Das werde ich wohl eher nicht tun,
dachte er, wunderte sich aber, wie Flint das bewerkstelligt haben sollte, falls er diese Treppe hinabgestiegen war. Der Junge war ja drahtig, aber so stark?
    Diese Gedanken brachten Chert auf eine weitere Idee, und er kroch wieder durch das Loch nach oben. Er löste das Hemd, das er sich, als Giebelgaup es nicht mehr benötigte, um die Taille gebunden hatte — hier unten war es viel zu heiß, als daß er es gebraucht hätte —, und warf es so in den Ausgang der Sackgasse, daß es vom Hauptgang aus sichtbar war.
    Das und der weggerückte Steindeckel — besser könnte ich den Tempelbrüdern nicht mitteilen, wo ich hin, und wenn ich ihnen einen Brief schreiben würde.
    Trotz der Ungewißheit, was ihn in diesem engen Schacht erwarten mochte, ein wenig ermutigt, machte sich Chert an den Abstieg.
     
    Entweder waren die Quecksilberdämpfe hier wirklich viel stärker, oder irgend etwas anderes an diesem Abstiegsschacht war ... seltsam ..., denn Chert hatte Mühe, sich auf die schmalen Stufen zu konzentrieren.
    Der Treppenschacht bestand weitgehend aus nacktem, unverziertem Fels: Nur alle paar Dutzend Stufen kam Chert an einer Aneinanderreihung von Symbolen vorbei, die ein einzelnes, sehr groß geschriebenes Wort in derselben stilisierten Schrift wie oben hätte sein können. Dennoch wurde er das Gefühl nicht los, daß sich alles um ihn herum bewegte und daß das nur noch sehr schwache Licht der Koralle von den kahlen Steinwänden auf eine Art reflektiert wurde, als bräche es sich in etwas weit weniger Stumpfem als gewachsenem Fels, als führte der Treppenschacht nicht durch den wohlvertrauten Kalkstein des Midlanfels, sondern durch einen riesigen, trüben Kristall. Außerdem schien sich der Schacht irgendwie auszudehnen und zusammenzuziehen, während Chert hinabstieg. Er war zunächst völlig desorientiert, dann überfiel ihn die schreckliche Gewißheit, daß er sich in der lebendigen Felskehle des Leuchtenden Mannes befand, hinuntergeschluckt wurde ins Herz der Mysterien. Aber dieses Gefühl legte sich wieder, und statt dessen waren da jetzt flimmernde Lichtpunkte, wie die Funken, die hinter geschlossenen Lidern tanzen. Wortloses Flüstern drang den Treppenschacht empor, ein dumpfes, fernes Rauschen wie von Brandungswellen, und Chert packte wieder die Furcht.
    Hier habe ich nichts zu suchen. Nur die Tempelbrüder dürften hier sein, und selbst die wissen vielleicht gar nichts von diesem Schacht.
    Flint,
ermahnte er sich, um die Panik zu bekämpfen, die ihn zusammengekauert auf einer der

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