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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Ich gehe jetzt zur Königin. Seid Ihr sicher, daß ich Euch nicht weiter begleiten soll?«
    »Ja«, sagte Barricks Schwester. »Ganz sicher.«
    Das Mädchen machte noch einen Knicks und entfernte sich in Richtung des Frühlingsturms in der äußeren Zwingermauer. Barrick sah ihr nach.
    »He!« sagte er. »Schubs mich nicht.«
    »Dir fallen gleich die Augen aus dem Kopf.« Briony beschleunigte ihren Schritt und bog in die lange Straße ein, die sich die Zwingermauer entlang zog. Die Leute, die die Zwillinge bemerkten, wichen ihnen respektvoll aus, aber es war eine geschäftige Straße voller Karren und lauter Wortwechsel, und viele nahmen sie gar nicht wahr oder taten zumindest so. An König Olins Hof war es nie so formell zugegangen wie unter seinem Vater, und die Burgbewohner waren es gewohnt, die Königskinder ohne großen Pomp im Zwinger herumspazieren zu sehen, nur von ein paar Wachen begleitet.
    »Du bist so gewöhnlich«, wies Barrick seine Schwester zurecht. »Du benimmst dich wie ein Bauernlümmel.«
    »Wo wir gerade bei gewöhnlichen Lümmeln sind«, erwiderte Briony, »ihr Männer seid doch alle gleich. Da braucht nur irgendein Mädchen mit den Wimpern zu klimpern und mit den Hüften zu wackeln, wenn es den Raum betritt, und schon verwandelt ihr euch alle in sabbernde Tölpel.«
    »Manche Mädchen
mögen
es, wenn ihnen Männer nachgucken.« Barricks Wut war jetzt zu kalter Bitterkeit erstarrt. Was spielte das für eine Rolle? Welche Frau würde sich schon in ihn verlieben, ihn, Barrick, mit all seinen Problemen, seinem verkrüppelten Arm und seiner ganzen ... Seltsamkeit? Natürlich würde er eine Frau finden, eine, die so tat, als ob sie ihn liebte — immerhin war er ja ein Prinz — aber das wäre nur eine höfliche Lüge.
    Ich werde es nie wissen,
dachte er.
Nicht, solange ich zu dieser Familie gehöre. Ich werde nie wissen, was andere wirklich von mir halten, wie sie über den verkrüppelten Prinzen denken. Wer würde es schon wagen, sich offen über den Königssohn lustig zu machen?
    »Manche Mädchen mögen es, wenn ihnen Männer nachgucken? Woher willst du das denn wissen?« Briony hatte sich abgewandt, was hieß, daß sie wirklich wütend war. »Manche Männer sind einfach widerlich mit ihrer Gafferei.«
    »Du denkst doch über alle Männer so.« Barrick wußte, er sollte aufhören, aber er fühlte sich so elend und ausgestoßen. »Du haßt doch alle Männer — Vater hat gesagt, er kann sich nicht vorstellen, einen zu finden, den du zum Mann nehmen würdest und der seinerseits bereit wäre, deine Dickköpfigkeit und deine Männersitten in Kauf zu nehmen.«
    Ein scharfes Lufteinziehen, dann eisige Stille. Jetzt sprach auch sie nicht mehr mit ihm. Barrick spürte einen Stich im Herzen, sagte sich dann aber, daß Briony selbst angefangen hatte. Außerdem stimmte es: Alle redeten darüber. Seine Schwester hielt alle Frauen am Hof auf Armeslänge von sich und die Männer noch weiter. Dennoch, als sie die nächsten hundert Schritt nicht mit ihm sprach, bekam er es mit der Angst. Sie waren sich zu nah, und obwohl sie beide von Natur aus hitzig waren, war doch jede Verletzung, die einer dem anderen zufügte, wie eine Selbstverletzung. Ihre Wortgefechte führten fast immer zu raschen Treffern, dann aber zu einer Umarmung, noch ehe die Wunden zu bluten aufgehört hatten.
    »Es tut mir leid«, sagte er, obgleich es nicht sonderlich reuig klang. »Was sollte es dich auch kümmern, was Gronefeld und Wildeklyff und all die anderen Narren denken? Sie sind doch nichts wert, Lügner und Leuteschinder, alle miteinander. Ich wollte, dieser Krieg mit dem Autarchen würde wirklich kommen, und sie würden alle weggesengt wie eine Unkrautwiese.«
    »Wie kannst du so was Abscheuliches sagen!« fauchte Briony, aber jetzt war da wieder Farbe auf ihren Wangen statt der schrecklichen Schockblässe von eben.
    »Wieso? Mir liegt an keinem von denen«, sagte er. »Aber ich hätte dir nicht sagen dürfen, was Vater gesagt hat. Er hat es scherzhaft gemeint.«
    »Für mich ist es aber nicht lustig.« Briony war immer noch ärgerlich, aber er spürte, daß der schlimmste Streit vorbei war. »Oh, Barrick«, sagte sie unvermittelt, »du wirst Scharen von Frauen treffen, die dir schöne Augen machen. Du bist ein Prinz — selbst ein Bastard von dir wäre noch eine Trophäe. Du weißt nicht, wie manche Mädchen sind, wie sie denken, was sie tun würden ...«
    Die ehrliche Angst in ihrer Stimme überraschte ihn. Sie wollte ihn also

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