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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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erstochen und sich dann sofort auf den zweiten gestürzt. Sobald der zweite Mann ebenfalls tot war, ist er auf Euren unbewaffneten Bruder losgegangen.«
    Briony wurde ein wenig übel. Sie durfte es sich nicht zu genau vorstellen — Kendrick, allein und hilflos, wie er abwehrend die Arme hob, sich vielleicht gegen einen Mann zu verteidigen suchte, den er sein Leben lang gekannt und dem er vertraut hatte ... »Und Ihr meint immer noch, es gibt sonst niemanden in der Burg, der es getan oder zumindest Shaso bei der Bluttat geholfen haben könnte?«
    »Das habe ich nicht gesagt, Hoheit. Ich habe nur gesagt, wir können trotz aller Anstrengungen keine solche Person finden, aber es ist nicht gesagt, daß das überhaupt nicht möglich wäre. Selbst bei Nacht halten sich Hunderte von Menschen hier in der Hauptburg auf. Hauptmann Vansen und seine Männer haben fast alle befragt und nahezu jeden Raum durchsucht, aber da sind noch zehnmal hundert weitere Menschen, die am Tag in die Hauptburg kommen und die sich versteckt haben und dann in dem Durcheinander nach dem Mord geflüchtet sein könnten.«
    »Vansen.« Sie schnaubte verächtlich, aber dann überkam sie Zorn. »Es gibt auf der ganzen Welt keine zehnmal hundert Menschen, die den Tod meines Bruders gewollt haben könnten. Aber es gibt etliche, und einige davon glaube ich zu kennen.« Nervöse Unruhe verbreitete sich im Raum, und das Geflüster wurde noch leiser. Es waren weit weniger Höflinge im Thronsaal als sonst: Dutzende verschanzten sich in ihren Gemächern oder Häusern, aus Angst vor Meuchlern und vor dem Fieber. »Zehnmal hundert, Lord Avin — das ist doch nur Wortgeklingel! Wollt Ihr mir erzählen, der einfältige Bauernjunge, der die Rüben von den Ochsenkarren aus Marrinswalk hier heraufbringt, könnte einer von Kendricks Mördern sein? Nein, es war jemand, der sich einen Nutzen davon verspricht.«
    Brone runzelte die Stirn und räusperte sich. »Ihr erweist mir und Euch selbst keinen Dienst, Hoheit. Natürlich habt Ihr recht mit dem, was Ihr sagt. Aber obwohl wir nahezu jeden verdächtigen müssen, dürfen wir doch keinen unnötig beleidigen. Soll ich jeden Edelmann, der vom Tod des Prinzregenten profitieren könnte, einsperren? Ist das Euer Wille?« Er sah sich im Raum um, und plötzlich herrschte Stille. Die Höflinge wirkten so erschrocken wie eine Herde Gänse, die im Freien von einem Gewitter überrascht worden sind.
    Ein Teil von ihr hätte tatsächlich am liebsten all diese übertrieben gekleideten und geschminkten Müßiggänger verhören lassen, aber sie wußte, das war nur Wut und Verzweiflung. Ein paar von ihnen mochten vielleicht wirklich schuldig sein, mochten sich mit Shaso verschworen haben, aber die übrigen wären dann unschuldig und zu Recht erbost über eine solche Behandlung. Der Grundadel war nicht gerade für seine Duldsamkeit und Demut bekannt. Und wenn die Eddons sich nicht mehr auf den Adel stützen konnten, dann waren die Eddons gar nichts.
    Wir haben schon Vater und Kendrick verloren. Ich werde nicht auch noch den Thron aufs Spiel setzen.
    »Natürlich will ich das nicht«, sagte sie und wog ihre Worte genau ab. »Rohe Zeiten erklären rohe Scherze, Graf Avin, daher verzeihe ich Euch, aber bitte, belehrt mich nicht. Ich mag ja jung an Jahren sein, aber solange mein Vater abwesend und mein Bruder Barrick krank ist,
bin
ich die Krone von Südmark.«
    Sie sah ein kurzes Flackern in Brones Augen, aber er senkte den Kopf. »Ich sehe mich verdient zurechtgewiesen.«
    Briony verließen die Kräfte. Sie mußte sich unbedingt hinlegen und schlafen — sie hatte jetzt schon mehrere Nächte kaum Schlaf gefunden. Sie wollte, daß ihr Zwillingsbruder wieder gesund war und ihr anderer Bruder wieder am Leben. Und am allermeisten wollte sie ihren Vater, jemanden, der sie in die Arme nahm und beschützte. Sie atmete tief und langsam durch. Was sie wollte, spielte keine Rolle: Es würde so bald keine Ruhe geben.
    »Nein, Graf Avin, wir alle sehen uns zurechtgewiesen«, sagte sie. »Die Götter lehren uns Demut.«

    Das Gesicht war fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, aber wer es war, stand außer Zweifel. Barrick drehte sich um und rannte los. Rauch und Flammen umwirbelten ihn, als ob er in einen Kamin gefallen wäre oder durch eine Erdspalte den feurigen Tiefen entgegenstürzte. Stiefel hallten auf Steinfliesen, sein Vater war ihm auf den Fersen, ein wutkochender Kernios mit loderndem Bart und Donnerstimme.
    »Kommst du wohl her, Junge! Du machst

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