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Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Grenzgängerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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er es plötzlich verdammt eilig. Er sagte nuschelnd zu dem Israeli: »Entschuldige, ich muss schnell telefonieren.«
    »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Habe ich auch.« Dehner drückte drei Nummern auf seinem Handy und wartete, bis der Ruf sich aufbaute.
    »Sowinski.«
    »Dehner hier. Ich sehe gerade eine Frau am Tisch von Atze. Das ist irgendwie irre. Haben Sie mein Memo aus Tirana schon gelesen?«
    »Nein, noch nicht ganz. Wo ist das Problem?«
    »Ich habe eine Frau beschrieben, die in Tirana tausend Kilogramm C4 geordert und bar bezahlt hat. Höchstwahrscheinlich mit Ziel Deutschland. Und diese Frau, angeblich aus Schweden, sitzt hier im Restaurant mit Atze zusammen, und sie speisen in aller Gemütsruhe. Kein Zweifel.«

ACHTES KAPITEL
    »Fahr irgendwo auf einen Parkplatz«, sagte Svenja. »Ich muss jetzt erst einmal ein paar Dinge überlegen.«
    »Was machst du mit Onkel Tobruks Vater?«, fragte der Junge und hielt in einer Ausbuchtung der Fahrbahn an.
    »Was soll ich denn mit ihm machen?«
    »Irgendetwas. Auch wenn er tot ist. Ich meine, er hat doch seine Leute, und die wollen ihn wiederhaben. Das ist doch natürlich, das ist doch immer so. Und dann Onkel Tobruk: Wenn der erfährt, dass sein Vater tot ist, wird er toben.«
    »Was soll ich deiner Meinung nach denn tun?«
    »Na ja, die Familie anrufen, dass sie ihn holen, oder so.«
    »Die Familie ist doch gar nicht mehr im Land. Und sein Sohn, Onkel Tobruk, ist ein Schwein. Das hast du mir gesagt.«
    »Ja, ja«, murmelte der Junge. Er hatte die Grenzen dessen, was er verstehen und logisch einordnen konnte, längst überschritten.
    Svenja überlegte, ob es nicht besser wäre, einen anderen Fahrer anzuheuern. Einen Mann mit mehr Erfahrung. Aber bei all den Möglichkeiten, die wahrscheinlich auf sie zukamen, war der Junge immer noch viel besser einzuschätzen als ein neuer, vollkommen unbekannter und unberechenbarer Fahrer. Der Junge würde das tun, was sie von ihm verlangte. Das war der ausschlaggebende Punkt.
    »Kennst du dich am Flughafen aus?«, fragte sie.
    »Nicht besonders«, antwortete er. »Warum?«
    »Ich denke, du bist Taxifahrer.«
    »Ja, schon. Aber erst seit mein Bruder verwundet wurde. Er hat den Wagen vorher gefahren.«
    »Was ist mit deinem Bruder passiert?«
    »Er hat ein Bein verloren. Sie haben ihn mit einer Granate erwischt. Er saß hinten auf einem Pick-up. Er hat es verloren, weil sie keinen freien Krankenhausplatz hatten. Und dann war es zu spät. Jedenfalls haben die Leute im Krankenhaus das gesagt.«
    »Darf ich mal zusammenfassen?«, fragte Svenja. »Du hast gar keinen Führerschein, und du bist vor dem Krieg hier noch nie Taxi gefahren, und du warst als Taxifahrer auch niemals am Flughafen. Ist das alles richtig so?«
    Der Junge wirkte betreten. »Aber meine Mutter hat gesagt, ich soll fahren, weil wir das Geld brauchen. Wenigstens am Tag, sagt sie. Wieso fragst du nach dem Flughafen?«
    »Weil das Spiel dort weitergeht.«
    »Das Spiel?«, fragte er irritiert.
    »Ich erkläre es dir, okay? Der Mann, den ich suche, ist ein Freund, ein sehr guter Freund. Onkel Tobruk hat ihn geschnappt und erpresst mich jetzt. Er sagt: Ihr kriegt den Freund nur zurück, wenn ihr mir ein Flugzeug schickt, das mich aus Libyen nach Beirut ausfliegt. Hast du das verstanden? Gut. Wir waren eben in Tobruks Haus. Da ist niemand mehr, außer dem Vater. Und der ist tot. Und er hätte dich erschossen, das weißt du auch. Also muss ich wissen, wohin sie gegangen sind: Tobruk, seine Leute und mein guter Freund. Sie können nur am Flughafen sein. Denn dahin soll ich die Maschine schicken. Das ist logisch, verstehst du das?«
    »Ja«, antwortete der Junge unsicher. »Deine Leute kommen mit einem Flugzeug, Onkel Tobruk und die anderen steigen ein. Aber das ist gefährlich, oder?«
    »Ja, das ist es. Das kann blutig werden. Das ist Erpressung, und ich will unbedingt herausfinden, wo genau sie jetzt sind, um meinem Freund zu helfen. Ich muss ihn da rausholen, verstehst du? Und zwar jetzt, solange er noch in Libyen ist.«
    »Und wer soll wissen, wo dein Freund jetzt ist?«
    »Das weiß ich noch nicht«, antwortete sie. »Es muss jemanden geben, der diesen Flughafen genau kennt. Diese Person muss ich finden. Und zwar so schnell wie möglich. Onkel Tobruk ist nicht allein«, erklärte Svenja weiter, weil die Hilflosigkeit des Jungen sie rührte. »Er hat seine Leute bei sich. Wie viele das sind, wissen wir nicht. Vielleicht sechs, vielleicht zehn. Und

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