Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
mitkommen«, sagte Svenja und zog sich einen dünnen Baumwollmantel über, den sie über dem Arm getragen hatte. »Wir suchen einen Mann, der uns Auskunft geben kann.«
Svenja wählte die rechte Schnellfeuerkanone. Sie schaute zu dem Schützen hoch und sagte: »Hallo, ich bin Shannon von CDIC , wir drehen hier und machen Reportagen. Gibt es im Flughafen einen Mann, der uns Auskunft geben kann, wie das alles hier im Krieg abläuft?«
»Ja, wir haben da einen«, antwortete der Mann unbeteiligt. »Das ist Galina, der macht das.«
»Und wo finde ich den?«
»Du gehst rein und dann nach links. Da ist eine große Treppe, und dann ist es, glaube ich, die zweite Türe links. Steht aber auch dran.«
Svenja dankte und ging durch eine der Pendeltüren.
»Wieso Reportagen? Und wieso drehen?«, fragte der Junge. Er war nicht misstrauisch, er wollte etwas lernen.
»Im Augenblick ist es so, dass die Medien die wichtigste Gruppe sind. Die Rebellen brauchen sie. Also bin ich Shannon und drehe fürs Fernsehen und schreibe Reportagen.«
»Aha«, sagte der Junge und ging neben ihr die Stufen hinauf.
Auf der zweiten Tür nach links war ein Pappschild angeheftet. Darauf stand »Mr. Jusuf Galina, Manager, Press Officer«.
Svenja klopfte.
Nach einer Weile öffnete sich die Tür ein wenig, und ein dickes, ungeheuer gutmütiges, rotes Gesicht fragte: »Wer will zu mir?«
»Mein Name ist Shannon Ota.« Svenja lächelte. »Shannon von CDIC . Wir berichten aus Ihrem Land. Wir drehen hier und recherchieren für unsere Reportagen. Mister Galina, würden Sie mir vielleicht helfen, Sir?«
»Ich helfe, wo ich kann«, sagte Galina freundlich in verständlichem Englisch. »Kommen Sie einfach rein.« Dann drehte er sich um und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Svenja stieß die Tür auf, ließ den Jungen an sich vorbeigehen und schloss die Tür hinter sich.
»Wissen Sie, ich bin ziemlich hilflos«, schnatterte sie weiter. »So viele Eindrücke, so viele Fakten und so viel Geschwätz und Lüge.«
Galina hatte sich hinter seinem Schreibtisch verschanzt und wischte sich mit einem großen Taschentuch über das Gesicht. Er war vielleicht vierzig, wog garantiert mehr als zweieinhalb Zentner, und der Schweiß rann ihm unaufhörlich in breiten Bächen über die Stirn. Er saß an einem Schreibtisch, auf dessen Arbeitsplatte nicht das kleinste Blatt Papier lag. Im ganzen Zimmer gab es weder Akten noch Unterlagen, alles wirkte furchtbar trostlos.
»Wem sagen Sie das?«, bemerkte Galina trocken. »Ich habe täglich mit Vertretern Ihrer Branche zu tun, die, wie ich Ihnen vertraulich versichern kann, oft ausgesprochen dumme Fragen stellen und häufig keine Ahnung haben. Das kann das Leben schwierig machen. Also, was kann ich für Sie tun … äh …«
»Shannon, Sir, Shannon. Von CDIC .«
»Richtig, Shannon. Und wer ist der junge Mann?«
»Ali, mein Fahrer, er zeigt mir die Wege in dieser Stadt und passt auf mich auf. Er ist in Tripolis zu Hause.« Plötzlich wurde sie sich bewusst, dass sie den Namen des Jungen nicht kannte, und sie lächelte flüchtig. Warum nicht Ali?
»Also, was wollen Sie wissen?«, fragte Galina.
»Ich möchte wissen, ob Ihr ehemaliger Herrscher tatsächlich eine Boing 757 besessen hat.«
»Das hat er. Sie ist in Staatsbesitz, und der Staat war er. Sie steht unten im Hangar. Nächste Frage.«
»Und wenn er zu Staatsbesuchen aufbrach, hatte er doch immer eine Reihe von jungen Frauen in Uniform bei sich. Auf mich wirkten die immer so wie Krankenschwestern, wie getarnte Krankenschwestern, würde ich mal sagen. Das sah in den Ländern des heutigen Europa und überall, wohin er kam, etwas grotesk aus. Und dann ließ Mister Gaddafi ja auch immer ein Zelt aufschlagen, um zu signalisieren, dass er aus der Wüste kam. Und man sagt, die uniformierten Mädchen seien ihm zu Diensten gewesen. Also, in jeder Beziehung, meine ich. Können Sie das für mich aufklären, Sir?«
»Das habe ich auch gehört, natürlich. Es ist immer gesagt worden, sie könnten nicht nur schießen. Aber Genaues weiß ich nicht. Außerdem interessiert mich der Schwanz unseres früheren Führers nicht mehr. Der Mann ist Geschichte. Nächste Frage, bitte.« Er zog wieder das große Taschentuch aus der Jacke seines zerknitterten Anzuges aus hellem Leinen und fuhr sich damit über das Gesicht. Er atmete leicht keuchend.
»Wenn der Staatschef wegflog, wo genau ging er an Bord seines Flugzeugs?«
»Na ja, soweit ich weiß, unten, vor der Abflughalle.«
»Und wo
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