Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
die Hucke vollzulügen?«
»Was wollen Sie eigentlich?« Ihre Stimme wurde schrill, sie hatte offensichtlich Angst.
»Ich will das Original dieser Fotos. Ich will Ihre gesamte Speicherung haben. Ich will wissen, ob Sie Ulrich Schmallenberg dafür bezahlt haben, dass Sie von seiner Terrasse aus das Bild schießen durften.«
»Ach, der!«, sagte die Fotografin plötzlich ganz heiter. »Der Kokser.«
»Es ist mir egal, wie Sie ihn titulieren. Ich will diese Fotos. Und zwar alle, jetzt.«
»Das kostet Sie aber einen satten Tausender. Und das sind Sie darauf, nicht wahr? Ich habe Sie fotografiert.« Jetzt schwamm sie wieder oben, und Svenja sah ihren triumphierenden Blick.
»Ich glaube, Sie haben mir nicht zugehört. Wer hat Sie beauftragt, diese Fotos zu machen?«
»Das weiß ich nicht mehr«, behauptete sie.
»Sie sollten sich aber schleunigst daran erinnern«, sagte Svenja beinahe tonlos.
»Was ist sonst?« Dora Fuß klang siegesgewiss.
Sie saßen über Eck, Svenja griff ihr in den Pullover und zog sie schnell und hart zu sich heran, dann stieß sie sie kraftvoll zurück. Dora verlor den Halt und stürzte von dem Stuhl auf die fleckigen Fliesen. Der Stuhl fiel um.
»So geht es weiter, Mädchen«, versicherte Svenja. »Immer weiter.«
Die Tür wurde geöffnet, die Tante schrie krächzend: »Was ist denn hier los?«
»Nichts«, sagte Svenja hart. »Machen Sie die Tür zu!«
Die Tür wurde geschlossen.
»Wer ist Ihr Auftraggeber?«, fragte Svenja erneut.
Dora Fuß saß auf dem Boden und lehnte sich gegen den Kühlschrank. Sie war sehr blass. »Das geht doch so nicht.«
Svenja blieb stumm.
»Diese Aufträge sind diskret!«, wandte Dora Fuß ein.
»Ich gebe Ihnen eine Minute«, sagte Svenja. »Und beim nächsten Mal breche ich Ihnen einen Knochen. Sie können mit einer massiven Beschwerde vom Deutschen Journalisten-Verband rechnen. Und mit dem Einzug Ihres Presseausweises.«
»Scheiß doch darauf!«, schnaubte Dora Fuß.
Im Bruchteil einer Sekunde war Svenja ganz dicht bei ihr, riss sie hoch und schmetterte sie gegen den Kühlschrank. Dann folgten zwei harte Ohrfeigen.
Die Tür zum Flur wurde wieder geöffnet. Die Tante jammerte: »Was ist denn los?«
»Tür zu!«, fauchte Svenja.
Die Tür wurde geschlossen.
Dora Fuß blutete aus der Nase.
Svenja holte ein Päckchen Papiertaschentücher aus der Weste und warf es zu ihr hinunter.
»Puder dir die Nase. Ich brauche den Auftraggeber.«
Dora Fuß hatte Schmerzen. Sie stöhnte.
»Ich habe keine Geduld mehr mit Ihnen«, sagte Svenja. »Nennen Sie mir Ihren Auftraggeber.«
Dora Fuß wischte sich mit einem Papiertaschentuch über das Gesicht, was ihren Anblick entschieden scheußlicher machte. Sie war fassungslos.
»Den USB -Stick und den Auftraggeber. Und ich möchte mich nicht mehr zu Ihnen hinunterbeugen müssen.«
Dora Fuß stand etwas mühsam auf. »Der Stick ist da bei den anderen. Da drüben, in der Schublade. Und der Auftraggeber war eine Sicherheitsagentur. Die heißen SURE , wie sicher.«
»Wie heißt der Mann, der zuständig ist?«
»Livio, wie das Öl. Potsdamer Platz. Der ist ein echter Gangster.«
»Ach nee!«, höhnte Svenja. »Jetzt such mir den Stick raus, ich habe keine Zeit mehr.«
Von Beginn an hatte Müller den Eindruck, dass es eine schwere Mission sein würde. Er hockte erst einmal in einem Besucherzimmer und wartete darauf, von einem Oberstaatsanwalt empfangen zu werden, der offenbar nur in großen Abständen jemanden zum Gespräch vorließ. Müller konnte sich ausrechnen, die nächsten drei bis vier Stunden in diesem öden Raum warten zu müssen. Sechzehn Frauen und Männer waren noch vor ihm dran. Dann platzte ihm der Kragen. Er stand auf, ging hinaus und betrat ohne zu klopfen ein Zimmer mit dem Schild »Vorzimmer OStA Bartuschat«.
An einem gewaltigen Schreibtisch, hinter Bergen dünner Akten saß eine ältere Dame mit goldgelbem Haar, die ihm neugierig entgegenblickte.
»Ich habe keine Zeit«, sagte Müller und legte ihr eine Visitenkarte auf die Schreibtischunterlage. Darauf stand »Dr. Kai Dieckmann, Sicherheitsberater der Bundesrepublik Deutschland«.
»Ja, und?«, fragte Gelbhaar empört.
»Ich habe keine Zeit, es ist dringend«, erklärte er.
»Das ist es immer«, sagte die Frau aus jahrelanger Erfahrung. Dann nahm sie die Visitenkarte in die Hand und starrte darauf. »Und um wessen Sicherheit geht es bei Ihnen?«
»Um die des Landes«, sagte Müller. Er entdeckte einen alten, schiefen Sessel an einem
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