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Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Grenzgängerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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erst einmal zu uns kommen wollen, um die neue Situation zu überdenken. Für einen Zeitraum von etwa drei Monaten, denke ich. Für jeden von uns bedeutet das glasklar, dass er unter diesen besonderen Umständen auf eine andere Stelle wechseln wird oder aber den Dienst verlässt. Das unterschreiben wir zusammen. Verweigern dürfen wir uns aber auf keinen Fall, das macht das Vaterland nicht mit. Aber wir könnten uns auf eine zusätzliche Formulierung einigen. Die legen wir jedoch nicht schriftlich fest. Wir sagen mündlich, dass wir uns die Möglichkeit offenhalten, mit den Medienvertretern unserer Wahl zu sprechen. Kein Mensch wird es unter diesen Umständen riskieren, irgendetwas gegen uns zu unternehmen. Sie werden blanke Angst haben, wie der Teufel vor dem Weihwasser.«
    »Du bist richtig gut«, sagte Svenja bewundernd.
    »Ich bin ja auch schon erwachsen.«
    »Dann haben wir den äußerst kritischen Fall Svenja Takamoto«, sagte Sowinski. »Sie ist von der Rechtsabteilung zunächst einmal lahmgelegt worden und soll sich zur Verfügung halten. Das bedeutet, dass sie nichts tun kann.«
    »Was ist, wenn wir sagen, wir brauchen sie für irgendwelche Handlangerarbeiten? Fahren zum Beispiel, am Computer recherchieren?«, fragte Goldhändchen. »Wir könnten uns an Lammers wenden. In dieser kritischen Situation brauchen wir jede Hand.«
    »Darauf würde ich verzichten«, sagte Gillian. »Wir setzen sie ein und lassen sie normal arbeiten. Falls jemand darauf kommt, dass das durch die Rechtsabteilung nicht gedeckt ist, können wir immer noch reagieren. Man muss Vater Staat ja nicht alles auf die Nase binden.«
    »Wir haben also alle genug zu tun und können nur hoffen, dass uns keine Katastrophen mehr ereilen«, sagte Esser. »Es ist richtig, erst mal weiterzumachen. Krause würde nichts anderes erwarten.«
    »So problemlos ist das Ganze aber nicht, Leute, und wir können unter keinen Umständen einfach zur Tagesordnung übergehen.« Goldhändchen sah besorgt aus. »Das ist nämlich auch kein Gerücht: Unser geliebter Arthur Schlauf, genannt Atze, ist gestern von Amsterdam aus gegen Mittag in diese Stadt eingeflogen, um heimlich seinen Vater zu besuchen. Dieses Mal als ein gewisser Johann van Streiten, königlich holländischer Kaufmann mit Sitz in Beirut. Es war nur peinlich, dass irgendein kleingeistiger Nachbar seines Vaters die Polizei anrief, die Atze daraufhin festnahm. Er sitzt hier in Berlin in Untersuchungshaft, und es sieht ziemlich schlecht für ihn aus. Denn abgesehen von der Steuergeschichte ist er jetzt auch noch wegen der getürkten Papiere und weiß der Himmel was dran. Die Frage ist, ob wir ihn hängen lassen.«
    »Dass der BND Steuerflüchtlinge und Wirtschaftsgauner anheuert, ist kein Gerücht«, sagte Müller scharf. »Dass er Atze hängen lässt, ist eines. Wir müssen dem Mann helfen.«
    »Karl?«, fragte Esser. »Dein Fall?«
    »Einverstanden«, sagte Müller. Er wandte sich an Svenja: »Kannst du dann die Fotografin knacken?«
    »Aber ja«, sagte sie. »Die erste Paparazza meines Lebens.«
    »Da ist noch etwas«, sagte Esser. »Wir haben von der CIA die Unterlagen über die Morde mit Gitarrensaiten. Es geht um drei tote amerikanische Agenten in Mogadischu und Afghanistan und einen toten Kokainkönig in Seoul. Das kann weder Sowinski noch ich erledigen, weil wir den gesamten Rest steuern und noch drei Leute draußen haben. Thomas, machen Sie das? Material sichten, Unterlagen lesen. Aber kein Memo schreiben. Das hält zu lange auf. Einfach vorbereitet sein, abwarten, was geschieht.«
    »Was könnte denn geschehen?«, fragte Dehner.
    »Na, ja, es könnte sein, dass jemand mit einer Gitarrensaite nach Deutschland einreist«, erwiderte Esser.
    Als Svenja die Fotografin Dora Fuß zum ersten Mal sah, war ihr sofort klar, dass es Stunk geben würde.
    Dora stand ganz vorn in einem großen Tross von Medienleuten in der Lobby des Willy-Brandt-Hauses und lauschte scheinbar hingegeben zwei Männern, die irgendetwas zur Zukunft dieses Landes in zwei Mikrofone sagten.
    Dora war eine Frau von etwa dreißig Jahren, hatte drei schwere Kameras umhängen und schoss ein Bild nach dem anderen, wobei sie einem ARD-Kameramann von der Seite auf die Füße trat und ihn verächtlich und unüberhörbar ein »Arschloch!« nannte.
    Der Kameramann war eine milde Seele und rückte kampflos ein Stück zur Seite.
    Dora Fuß wirkte auf den ersten Blick wie ein lustiger Kobold, trug eine graue Ballonmütze auf kurzen, dunklen Haaren.

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