Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
wird gleich Zeit für Sie haben.«
Sie warteten ein paar Minuten, dann kam ein Mann den Flur herunter auf sie zu. Er lächelte sie an, schüttelte erst Svenja, dann Müller die Hand und sagte: »Livio. Herzlich willkommen. Folgen Sie mir doch bitte in mein Büro. Dort können wir ungestört miteinander reden.«
Er ging vor ihnen her.
Sein Büro war ein Glaskasten an der Ecke des Gebäudes. Ein Schreibtisch ohne ein einziges Blatt Papier darauf, ein überdimensionierter Bildschirm, kein einziger persönlicher Gegenstand.
Livio war ein Mann um die fünfzig, die schwarzen Haare glatt nach hinten gegelt, keine Spur von Bauch, ein glattes, rundes Gesicht. Sehr aufmerksame dunkle Augen, ob grau oder braun, war nicht klar zu erkennen.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte er.
Svenja zog das gefaltete Foto aus der Tasche, machte zwei Schritte auf Livio zu, klappte es auf, legte es vor ihn auf den Schreibtisch und sagte: »Wir wollen wissen, wer Ihnen den Auftrag gab, dieses Foto zu schießen.«
Er starrte kurz auf das Foto, dann sah er sie sehr misstrauisch an. »Ich kenne das Bild nicht. Ich habe es nie gesehen. Woher soll ich wissen, wer es gemacht hat?« Jetzt war er ein aalglatter Geschäftsmann.
»Es war Dora Fuß«, sagte Svenja. »Das wissen wir bereits. Sie hatte den Auftrag von Ihnen. Wir möchten gern den Namen Ihres Klienten haben.«
»Ich verkaufe Sicherheit. Und das bedeutet, dass ich niemals einen Auftraggeber preisgebe. Und wer bitte ist Dora Fuß?«
Müller sagte: »Das Foto zeigt mich. Und ich fürchte um meine Sicherheit, deshalb bin ich hier. Also, wer hat Sie engagiert?«
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen«, sagte Livio tonlos. Aber jetzt war er sehr wachsam.
»Wir haben nicht sehr viel Zeit«, stellte Müller kühl fest.
»Da geht es mir ebenso. Wissen Sie, was das Beste ist? Sie schicken mir eine schriftliche Anfrage.«
»Aber nicht doch«, sagte Müller freundlich. »Sie machen jetzt Ihrem Computer Beine und rufen die Bilder von Dora Fuß auf.«
»So nicht«, sagte Livio hart. »Auf gar keinen Fall.«
»Dann machen wir das«, sagte Svenja lächelnd. »Leute wie Sie lernen einfach nicht dazu, das geht immer schief.«
»Stopp! Lassen Sie Ihre Finger, wo sie sind. Nicht mit der Tastatur spielen«, sagte Müller.
»Geht das nicht ein bisschen zu weit?«, fragte Livio.
»Da könnten Sie recht haben.« Müller nickte.
Livio hatte offensichtlich Mikrofone und Lautsprecher einbauen lassen, und die hübsche Dame am Empfang hatte Alarm geschlagen. Die Tür öffnete sich vollkommen lautlos, und zwei Männer kamen herein. Große Männer, einer von ihnen ein Schwarzafrikaner, der andere sah aus wie ein bulliger Gangster aus einem alten Hollywoodfilm. Sie standen da in grauen Anzügen und roten Krawatten, starrten Svenja und Müller an und warteten wahrscheinlich auf das Zeichen zu ihrem Einsatz. Livio sagte: »Tja, tut mir leid, die Veranstaltung ist zu Ende.«
»Na ja«, sagte Müller sanft, »wir haben eigentlich gedacht, es geht etwas zivilisierter. Aber wenn Sie uns so kommen, müssen wir uns natürlich wehren.«
»Ach ja?«, fragte Livio und lachte kehlig.
»Wenn du Schwarz nimmst, nehme ich den Rest«, sagte Svenja.
»Aber ja«, antwortete Müller. »So machen wir das.«
Sie standen auf, gingen zu den beiden Männern, stellten sich dicht vor sie, und Svenja sprang ein wenig hoch und beförderte den Gangster mit einem schweren Tritt zwischen die Beine auf den Teppichboden. Der Mann schrie laut auf, griff sich in den Schritt und kippte nach vorn.
Müller drehte eine Pirouette und traf den Schwarzen mit der Ferse des rechten Fußes an der rechten Gesichtshälfte. Der Mann gab einen dumpfen Laut von sich, streckte beide Arme weit nach vorn und ging dann ebenfalls zu Boden.
»Und jetzt schalten Sie den Computer ein«, sagte Svenja freundlich.
»Nein!«, brüllte Livio und hielt plötzlich eine Waffe in der Hand. Es war ein 38er Colt Special. »Sie verschwinden jetzt, sonst hole ich die Polizei!«
»Schalten Sie lieber den Computer ein«, sagte Svenja. »Das hier ist eine Nummer zu groß für Sie. Und die Polizei wollen Sie doch gar nicht.«
»Was Sie nicht sagen!«
Müller hatte sich sehr weit nach außen bewegt, er stand jetzt in einem überaus ungünstigen Winkel für Livio, der seine Waffe etwas hektisch zwischen Svenja und Müller hin und her bewegte, dabei aber immer noch in seinem Schreibtischsessel saß, was äußerst dumm war.
Die Instruktoren hatten beim
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