Die grosse Fahrt der Sable Keech
Vielleicht fanden sie ja hinter dem Sargassum eine Insel, um dort die Harpunen und überhaupt jede verfügbare Waffe auszuteilen, das Schiff auf den Strand zu ziehen und … die Lage zu klären. Ambel zuckte bei dem Gedanken zusammen. Harpunen in Riesenegel zu stoßen, das war ja alles sehr gut, aber er kannte sich ein bisschen, mit dem Ding aus, das ihnen jetzt folgte.
Eine Harpune hineinzustoßen, das würde nicht leicht sein. Nur er selbst und ältere Mannschaftsmitglieder waren dazu überhaupt in der Lage, da man es mit der Aufgabe vergleichen konnte, eine Nähnadel in einen Baum zu rammen, und es wohl ähnlich effektiv war. Also was war zu tun? Soweit er wusste, konnten nur große Heirodonten eine Riesenschnecke töten, und das waren gewaltige Kreaturen mit Mandibeln, die Felsen zermalmten. Wäre nett gewesen, so ein Tier auf seiner Seite zu haben, aber sie verbrachten so viel Zeit wie möglich in großer Tiefe, wo die Egel nicht mehr so dick schwammen, und kamen nur nach oben, um Luft zu schnappen. Und falls ein Heirodont mal heraufkam und irgendein Kapitän ihn erspähte, würde er sein Schiff rasch aus der Gegend bringen. Zwar kursierten keinerlei Geschichten von Heirodonten, die Schiffe versenkten, aber vielleicht lag das nur daran, dass noch niemand überlebt hatte, der eine solche Geschichte hätte erzählen können. Nein, das war Fantasterei, und Ambel musste sich immer noch eine vernünftigere Möglichkeit ausdenken.
Die Aufgabe der Schiffsharpunen bestand natürlich nicht darin zu töten, sondern zu harpunieren. Ambel starrte in die Dunkelheit und dachte über eine sehr alte Geschichte über einen Riesen anderer Art nach.
Einen Kilometer hinter der Treader erlebte die Riesenschnecke eine Lockerung der Eingeweide, die das Wasser ausreichend trübte, damit sie aus der Bahn des angreifenden Heirodonten düsen konnte. Diese mächtige Kreatur glitt gemächlich sorglos heran, denn sie war sich völlig darüber im Klaren, dass sich der Schnecke hier nirgendwo Felsen boten, an die sie sich hätte klammern können. In Panik setzte die Schnecke Gas aus dem Haus frei und begann zu sinken, aber der Meeresgrund lag tief unter ihr, und sie hatte keinerlei Garantie, dass sie dort auf Gestein traf, um sich anzuklammern. Sie breitete die festeren Tentakel auf den Heirodonten zu aus und versuchte, so viel von ihrem übrigen Körper ins Haus einzuziehen, wie sie nur konnte. Es war hoffnungslos. Indem sie die Tentakel ausstreckte, bot sie dem Raubtier nur eine Vorspeise. Dann erblickte sie ansatzweise sternenhelle Linien vor sich. Es war das Tau von dem Schiff, dessen Haken immer noch in einem ihrer Tentakel steckte. Dieses Tau war hart wie nichts sonst im Meer, wie sie wusste, da es in ihr Fleisch hatte schneiden können. Vielleicht konnte es sich auch ins Fleisch eines Heirodonten schneiden? Sie packte das Tauende und wickelte es sich um einen anderen Tentakel, bis sie zehn Meter Taulänge horizontal vor sich ausgebreitet hatte.
Der Heirodont umkreiste sie zweimal und schnippte träge mit dem Schwanz, um den Kurs zu ändern. Er seufzte zufrieden, war er doch jetzt tief genug gesunken, damit sich die ersten Egel von ihm lösten. Er wälzte den Kopf hin und her, als wollte er eine Steifheit im kurzen, starken Hals lockern, und knirschte nun mit den Mandibeln – ein Geräusch, das unausweichlich jede Meereskreatur mit Entsetzen erfüllte, die groß genug war, um ihm ausreichend Nahrung zu bieten. Dann schwenkte er um und näherte sich schnurstracks der Schnecke.
Diese hielt das Taustück zu ihm ausgestreckt, unmittelbar unter Augenhöhe des Räubers. Der Heirodont öffnete die Mandibeln weit, und die schwarzen Knochenplatten im Maul knallten aneinander wie eine Reihe von Schiebetüren. Er stieß auf das Tau, und auf einmal wirbelte die Schnecke rückwärts durchs Meer, und die Mandibeln knallten nur zwanzig Meter von ihr entfernt zusammen. Dann stieg sie nach oben.
Der Heirodont schüttelte den mächtigen Schädel, und Säfte sickerten dort hervor, wo sich das Tau einschnitt. Die Schnecke schwang sich über seinen Schädel und hüpfte dann seinen Rücken entlang, wobei sie einmal einen Schlag von seinem gewaltigen Schwanz erhielt. Sie warf sich herum und breitete die Schürze aus, um ihre Lage zu stabilisieren. Der Heirodont wendete scharf und umkreiste sie erneut. Die Wellhornschnecke musterte den eigenen Tentakel, wo sich das Tau eingeschnitten hatte, ohne den Tentakel jedoch zu durch trennen; sie wickelte das
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