Die grosse Fahrt der Sable Keech
Boxyschwärmen, deren Würfelleiber wie Pixel in einem massiven holografischen Display wirkten. Die Sable Keech lag jetzt ein paar Meter höher und glitt über das Raumschiff hinweg, angetrieben von den eigenen Schrauben. Die U-Boot-Luke musste ein ganzes Stück vor Wade liegen, und er konnte sie auf keinen Fall schwimmend erreichen, solange er seine derzeitige Last mitführte. Die APW trug er auf dem Rücken, und er riss sich rasch Handschuhe, Stiefel und dann das Synthofleisch der Hände und Füße herunter, sodass die skeletösen Metallfinger und -zehen freigelegt wurden. Mit der Linken packte Wade die Kabel, mit denen die Handgelenke der beiden Seeleute gefesselt waren, ging in die Hocke und stieß sich vom Pradorschiff ab. Als er zwei Meter Höhe gewonnen hatte, fuhr der Kiel der Sable Keech mit hoher Geschwindigkeit über ihn hinweg. Er packte den Kiel mit der freien Hand, wobei sie abrutschte und Splitter losschabte, grub die Finger in die Schiffswand, schwenkte die Füße hoch und trieb auch die Zehen hinein. Der Zug der Strömung drohte ihn loszureißen, bis er die beiden Seeleute losließ und rasch die Hand unter die Handfesseln schob, sodass diese am Arm entlangrutschten und in der Armbeuge festgehalten wurden. Dann packte er den Kiel auch mit der anderen Hand. Jetzt ans Klettern.
Er befreite die rechte Hand, griff nach oben und trieb sie erneut ins Holz, dann gefolgt von einem Fuß, der anderen Hand, dem anderen Fuß. Qualvoll langsam arbeitete er sich so vom Kiel aus nach oben, eine gekrümmte Decke aus Planken hinauf, die groß war wie ein Sportplatz. Die beiden Seeleute rutschten am Arm entlang, bis sie ihm an der Schulter hingen. Boxys fegten vorbei, als das Schiff beschleunigte; dann grub ein vorbeischwimmender Turbul die Kiefer um den Fuß eines Seemanns, und Wade musste die Finger tiefer ins Holz bohren, um nicht vom Rumpf gerissen zu werden. Die Kreatur löste sich schließlich von ihrer Beute, nahm aber den Fuß mit.
Wade wäre ohne seine Last viel schneller vorangekommen, aber obwohl er dringend an Bord gelangen musste, hielt er die beiden geretteten Hooper hartnäckig fest.
Zephir, warte auf mich! Du musst noch etwas erfahren!
Das war gelogen, aber vielleicht hielt er das Golemsegel damit auf, obwohl die Gefahr eines Beschusses durch das Pradorschiff sank.
Ich habe genug gesehen, entgegnete Zephir. Das Leben liegt ständig im Krieg mit dem Tod, und ich werde in diesem Feldzug einen Schlag führen … Das geht dich nichts an.
Dieser letzten Bemerkung entnahm Wade, dass Zephir gleichzeitig mit den beiden lebenden Segeln im Gespräch war. Vielleicht hielten sie ja das Golemsegel auf. Wade erreichte jetzt die steilere Kurve an der Schiffsflanke und entdeckte aufgerührtes Wasser über sich. Es war nicht mehr weit. Jetzt stießen Dinge im Wasser an ihn: rötlich-braun, mit Schwanenhälsen und langen flachen Leibern.
Oh, das meinst du doch bestimmt nicht ernst!
Einer der Egel packte Wades freiliegenden Knöchel und riss, begleitet von einem Geräusch wie von einem elektrischen Schraubenzieher, ein Stück Synthofleisch heraus. Das Raubtier löste sich dann, zappelte wie ein Blutwurm und spuckte das unappetitliche Stück aus. Andere Egel bissen in die beiden Seeleute und rissen auch aus ihnen Stücke heraus, konnten sich aber kein zweites Mal bedienen, da die Strömung sie wegtrug. Wade konzentrierte sich auf seine unmittelbare Aufgabe – das Gespräch mit Zephir bremste ihn nur. Falls er die beiden Hooper nicht bald aus dem Wasser brachte, würde er nichts weiter retten als das, was die Hooper kahl gefressenen Fisch nannten.
Als er endlich an der Oberfläche war, zerrte er sich an der steilen Rumpfwand hinauf. Nach zwanzig Metern kam er an einem der eckigen Fenster vorbei, aus dem ihn eine weibliche Reifikation musterte, vielleicht verwirrt – das konnte man nicht feststellen. Er sah, wie sie sich abwandte und Sensortasten auf ihrer Computerkonsole drückte. Derweil drehten sich die Reste eines Laserturms am Schiffsrumpf in seine Richtung und versprühten Funken, als wären sie frustriert. Als er schließlich nur noch fünfzehn Meter bis zur Reling hatte, blickte ein Gesicht zu ihm herab. Ein gebrülltes »Hier drüben!« ertönte, und wenig später entrollte sich ein Seil in seine Richtung. Sobald er es gepackt hatte, wurde er mitsamt seiner Last schnell hinaufgezogen. Seine Annahme, dass hier eine Winsch zum Einsatz kam, erwies sich als unrichtig, als er Kapitän Ron am anderen Ende des
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