Die grosse Fahrt der Sable Keech
dieser Lebensform sind wie der größte Teil der planetaren Fauna virusinfiziert und damit nahezu unverwundbar, und man spekuliert, dass einzelne Exemplare dieser Wellhornschnecke sogar älter sind als manche Segel. Möglicherweise wird die Überlebensfähigkeit noch verstärkt durch entweder bewusste oder unbewusste Kontrolle über die Virenfasern des eigenen Körpers. Diese Theorie liegt auf dem Tisch, seit man eine kleine Population dieser Tiere entdeckte, die das Verdauungssystem von pflanzenfressenden Heirodonten entwickelt hatten. Sie hausten in einem Teil des Lamarckgrabens, der bei einer kürzlichen Unterwassereruption seine komplette Fauna verloren hatte, aber von Kelpbäumen wimmelte, die sich vom mineralischen Ausstoß derselben Eruption ernährten. Aber der erwachsene Whelkus titanicus hat es nicht in jeder Beziehung perfekt, denn er selbst dient einem gleichermaßen titanischen Meeresheirodonten als Nahrung, und junge erwachsene Schnecken können sogar von großen erwachsenen Hammerschnecken aufgebrochen werden …
Kapitän Orbus verließ den Tankraum unsicheren Schrittes, lehnte sich an die Schiffsreling und starrte über das nachtdunkle Meer hinaus. Einen Augenblick später packte er den Rest der Fessel am rechten Handgelenk, zog heftig daran, drückte und drehte. Mit dumpfem Knacken zersprang das Keramal und klapperte aufs Deck. Die Dinger hatten ihn nur festhalten können, weil er nicht ganz bei Sinnen gewesen war. Töricht von den Leuten hier zu glauben, dass solch mickrige Fesseln einen Alten Kapitän festhielten. Aber was jetzt? Bald würde jemand bemerken, dass Orbus fort war, und nach ihm suchen, wahrscheinlich bewaffnet oder mit noch stärkeren Hilfsmitteln wie den Kapitänen Ron, Ambel und Drum. Ob Orbus sich dann wehrte? Würde er sich die übliche Entlastung verschaffen, indem er gewalttätig wurde?
Orbus schüttelte den Kopf und fühlte sich innerlich müde und ausgetrocknet. Er stellte fest, dass sich etwas in ihm verändert hatte. Er blickte auf sein Leben zurück – die langen Jahrhunderte voller sadistischer Brutalität und die sinnlose, zyklische Natur all dessen – und erkannte es als das, was es war: eine Verschwendung. Vielleicht sollte er es jetzt beenden, seine Neu-Skind-Banknoten in ihren Gegenwert an Sprine umtauschen und einfach vergessen, was dieses an Gift mit sich brachte.
Nein, auf keinen Fall!
Ja, sein Leben war bislang vergeudet. Aber es brauchte nicht so weiterzugehen.
»Käpten …«
Orbus drehte sich um und erkannte Silister und Davy-bronte ein Stück entfernt an Deck. Beide trugen sie batianische Waffen und wirkten verängstigt. Als er Laufschritte hinter sich hörte, blickte er in diese Richtung und sah Forlam und weitere Hooper näher kommen, langsam genug, damit Ambel und Drum sie von weiter hinten einholen konnten. Orbus konnte jetzt kämpfen, und viele von ihnen würden über Bord fliegen und im Schrank für gehäutete Fische enden, ehe sie ihn letztlich überwältigten. Er wusste, welche Verwüstungen er anrichten und welche Schmerzen er austeilen konnte!
»Was kann ich für euch tun?«, fragte er.
»Du hast deine Fesseln gesprengt«, sagte Silister.
»Ich fühle mich inzwischen viel besser«, erklärte Orbus. »Ich habe auf dem Pradorschiff große Läuse verspeist, und sie haben die Verwandlung gehemmt. Ich werde also niemandem wehtun.«
Davy-bronte schnaubte verächtlich und zielte mit der Waffe auf Orbus’ Kopf. Der Kapitän starrte ihn lange an und drehte sich dann zu den beiden anderen Kapitänen um, die an ihn herantraten. Er deutete mit dem Kopf zum Tankraum.
»Die Fesseln dort können mich nicht halten. Wo möchtet ihr mich haben?«, fragte er sie.
»Wo wären alle vor dir sicher?«, fragte Ambel und kam näher.
Drum blieb ein paar Schritte hinter ihm und klatschte sich mit einem schweren Eisenprügel in die Handfläche.
»Ihr habt an Bord vermutlich nichts, was mich wirklich halten kann. Aber falls ihres möchtet, kehre ich schnurstracks dorthin zurück …« Orbus deutete erneut mit dem Kopf zum Tankraum. »… und Erlin kann mir einen Neuroblocker ansetzen und vom Hals abwärts alles abschalten.«
Ambel runzelte die Stirn. »Ja, das scheint mir eine sinnvolle Maßnahme.«
»Aber ich tue auch niemandem weh, falls ihr mich frei herumlaufen lasst.«
Ambel trat dicht an Orbus heran und starrte ihm ins Gesicht. Einen Augenblick später sagte er: »Zeige mir deine Zunge.«
Orbus streckte sie heraus. Die Spitze war noch hohl, und er
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