Die grosse Fahrt der Sable Keech
Leben im Meer – obwohl sie sich wie viele der Meeresgeschöpfe von Spatterjay auch mal an Land wagen. Sie bewegen sich in Herden fort, deren Stärke zwischen drei und zwanzig schwankt: ein dominantes Weibchen, der Rest Männchen. Heranreifende Männchen bleiben für sich, aber mit der Reife und der Aufnahme sexueller Aktivität werden sie von einem Weibchen für seine Herde rekrutiert. Noch unbewiesen ist die Theorie, dass sich dieses Fortpflanzungsverhalten entwickelte, weil männliche Gleißer oft von einem Virus befallen sind – und das Weibchen jeden infizierten männlichen Samen wieder ausstößt und es nur virusfreien Partnern erlaubt, seine Eier zu befruchten. Wie beim Hummer trägt auch das Gleißerweibchen die Eier an der Bauchpanzer schale, bis der Nachwuchs schlüpft. Einhundertvierzig Varietäten von Gleißern wurden bislang katalogisiert, manche nicht größer als Garnelen, andere bis zu drei Meter lang. Es handelt sich bei ihnen um eine offenkundig erfolgreiche Lebensform – versteinerte Gleißerschalen sind auf dem Planeten begehrte Edelsteine –, aber individuell ist ihre Lebensspanne eher kurz und brutal bemessen. Hooper schätzen ihr Fleisch, und da ein Gleißer in Maul und Hirnpfanne psychoaktive Chemikalien enthält, braten sie gewöhnlich diese Tiere lebendig, da man sie anders nur effektiv töten kann, indem man ihnen den Schädel zertrümmert, wodurch diese Chemikalien ins Fleisch abgegeben werden. Zuzeiten töten Hooper Gleißer absichtlich, indem sie ihren Kopf aufbrechen, gewöhnlich im Vorfeld irgendeiner zügellosen Feier. Der größte Gleißerfresser ist jedoch bei weitem der Zahnkarpfen …
Vrell suchte nach Nahrung, indem er die Luft kostete. Vor seinen Artgenossen waren an Bord des Raumschiffs nur noch leere Panzerschalen und getrocknete Knorpel übrig, aber er verspeiste diese trotzdem wegen der darin enthaltenen lebenswichtigen Mineralien und des Calciums. Er fand auch zähe und faserige Dinge, wie Holz, das sich langsam in verborgenen Spalten ausbreitete, aber trotzdem mampfte er sie mit der Lust des Ausgehungerten. Erst später wurde ihm klar, dass es sich um die verbrannten und zerbrochenen Reste der Leermenschen seines Vaters handelte, transformiert durch das Spatterjay-Virus. Er fand allerdings auch einen noch fast vollständigen weiblichen Leermenschen – abgesehen von einer fehlenden Hand. Der Sklavenregler hatte die Frau abgeschaltet, aber sie war durchaus noch geeignet, wieder in menschliche Form gebracht zu werden. Offenkundig hatte sie wie ein Blutegel geistlos gefressen, bis der Hunger sie letztlich doch außer Gefecht setzte, aber sie lebte nach wie vor. Der Prador schnitt sie mit den Klauen in kleine Stücke und schlang das noch zitternde Fleisch hinunter. Erst als der wütende Hunger endlich teilweise gestillt war, bekam Vrell allmählich seine Gedanken wieder auf die Reihe. Sofort bedauerte er, mit welch dummer Gefräßigkeit er zu Werk gegangen war, denn dieser letzte Leermensch hätte ein nützliches Werkzeug abgeben können, sobald es Vrell gelungen wäre, ihn mit den Steuergeräten seines Vaters wieder unter Kontrolle zu bekommen. Und mit ein bisschen mehr Selbstbeherrschung hätte er auch anderswo Fleisch gefunden, da an Bord Vorräte mitgeführt wurden. Dorthin begab er sich jetzt auf direktem Wege.
Die Kühlaggregate in der Speisekammer mussten kürzlich ausgefallen sein, denn das gelagerte Fleisch verfaulte und wimmelte von Schiffsläusen. Vrell aß trotzdem, da verdorbenes Fleisch die Lieblingsnahrung eines Pradors war. Während er sich durch ein Stück Fleisch mampfte, das aus einem Nutztier seines Heimatplaneten geschnitten worden war – einem Zehnfüßer, den man gentechnisch mit Lungen und internen Verstärkungen ausgestattet hatte, damit er durch Seetangdiät zu gewaltiger Körpergröße wachsen konnte –, entdeckte Vrell weitere Delikatessen, die an einer Stange hingen. Nur drei dieser Menschenkörper waren verdorben, und die Kleiderfetzen an ihnen verrieten Vrell, dass sie aus irgendeiner Menschenkolonie entführt worden sein mussten und nicht speziell im Königreich gezüchtet worden waren. Die übrigen fünf Menschen, die als Leermenschen gezüchtet worden waren, ehe man sie aufgrund irgendeines Defekts als Nahrungsquelle nutzte, waren vom Spatterjay-Virus befallen und zeigten damit noch immer Spuren von Leben. Aufgrund ihrer speziellen Beschädigungen wirkte das Virus an ihnen sogar bestimmte Veränderungen.
Vier dieser Körper waren
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