Die grosse Fahrt der Sable Keech
großen Gleißer zurückzukehren, dessen vorderes Ende nur noch ein verkohlter Hohlraum war. Das Leuchten in Zephirs Augen erlosch langsam. Erlin dachte an ihr vorangegangenes Gespräch mit dem Golemsegel zurück, und ihr kam der Gedanke, dass Zephir wahrscheinlich einen hohen Platz auf der Rangliste der Mächtigen … und der Geistesgestörten einnahm.
Die Dunkelheit, fand Ambel, spiegelte seine Stimmung wider. Er lehnte sich auf die Schiffsreling, starrte zur Insel hinüber und fragte sich, was zum Teufel er jetzt tun sollte. Seit Jahren hatte Erlin irgendwie sein Leben definiert, und jetzt, da sie nicht mehr da war, kam er sich ziellos vor – abgesondert von seiner »langen Gewohnheit des Lebens«. Er war ruhig – ein Bollwerk der Gelassenheit ruhte im Zentrum seines Wesens, langsam, Schicht auf Schicht, über die Jahrhunderte seines Lebens gewachsen –, aber hier fehlte der Abschluss, wie immer, wenn jemand eines solch sinnlosen Todes starb. Rache würde ihm nicht helfen. Falls die Treader blieb, sei es auch hier auf der anderen Seite der Insel, Erlins Lager gegenüber, griff die Kreatur, die Erlin gefressen hatte, womöglich auch das Schiff an, und Ambel zweifelte sehr daran, dass sie einen solchen Angriff überleben konnten. Und falls sie davonfuhren und erst die nötige Ausrüstung beschafften, um ein solches Monster zu erledigen, war es wohl schon fort, wenn sie endlich zurückkehrten. Außerdem hatte es seine Jungen verteidigt, und obgleich die Kreatur zweifellos sehr alt und gerissen war, war nicht zu erwarten, dass man irgendeine echte Bösartigkeit in ihr fand.
»Peck«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Hoch mit dem Anker – Zeit, dass wir von hier verschwinden.«
Er hörte Peck seufzen, als sich der Crewmann entfernte, gefolgt von seinen gebrüllten Befehlen, dem Klappern der Ankerkette und den unvermeidlichen Flüchen, als das dafür eingeteilte Besatzungsmitglied all das herunterklopfte, was mit der Kette heraufgekommen war.
Ambel drehte sich um. »Sturmgreifer, bring uns raus!«, rief er.
Das Segel hatte bis dahin ganz oben auf dem Mast gehockt, weil es die Kreatur roch, die vermutlich Erlin verschlungen hatte; jetzt senkte es sich vorsichtig wieder in Position und packte seine diversen Griffe. Es drehte sowohl sich selbst als auch die übrigen Masten mit den Stoffsegeln, sodass sie alle den Wind auffingen, und die Treader schwenkte langsam herum. Ambel blickte zur Brücke hinauf, wo Anne das Ruder führte. Er ignorierte ihren fragenden Blick und ging in seine Kabine. Er schloss und verschloss die Tür hinter sich, nahm die Donnerbüchse von den Schultern und legte sie auf den Tisch, trat dann an seine Seekiste heran und holte ein silbernes Polisgerät heraus. Es war halbkugelförmig und wies eingelegte Steuertasten auf. Ambel legte es mit der Flachseite neben die Waffe, drückte eine Taste und wartete, reglos und mit unerschütterlicher Geduld. Es dauerte eine halbe Stunde, ehe Kapitän Sprage in der Kabine materialisierte, begleitet von einem leisen Flüstern und aufflackerndem Licht.
»Also dann«, sagte der andere Alte Kapitän und zündete sich die Pfeife mit dem Laserfeuerzeug an.
Ambel glaubte, den Tabak zu riechen, aber dieser holografische Konferenzapparat arbeitete auf einer niedrigen Energieeinstellung und produzierte somit nur Laute und Bilder.
»Erlin wurde von einem Titanicus erwischt. Es scheint, dass sie eines seiner Jungen seziert hat«, berichtete Ambel hölzern.
»Erwischt? Du meinst tot.«
»Ja. Ich habe die Insel abgesucht. Erlin ist nicht mehr da.«
»Nicht clever von ihr, eines der Jungen zu nehmen.«
Ambel spürte Ärger, unterdrückte ihn aber. »Ich war der Dummkopf. Ich bin davon ausgegangen, dass sie es besser wusste, als so etwas zu tun. Deshalb ist sie tot … oder noch Schlimmeres.«
»Mir scheint, du findest die Vorstellung der Schuld immer noch ein bisschen verlockend«, sagte Sprage.
»Nur, wenn ich schuldig bin.«
»Dann frage ich mich aber wirklich, wer das war, den Verlan dabei entdeckte, wie er von einem verdammt großen Golemsegel namens Zephir in den Osten getragen wurde, von dir aus gesehen.«
»Ah …«, sagte Ambel.
Es war einer von Blocs Handlangern, angetan mit einer kugelsicheren Kapuzenweste über dem grauen Uniform-Umweltanzug. Shive schlug die vertrocknete Hand von seiner Schulter und fluchte.
»Verzeihung, Freund«, sagte der Reifi und ging weiter.
Shive schnupperte am Schulterstück der Krabbenpanzerung. Was für ein
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