Die große Flut
beziehungsvoll.
Elisheba fertigte sie brüsk ab. »Und sie wird ihm eine gute Frau sein. Aber das hat noch viel Zeit.«
Anah wiegte zweifelnd den Kopf, spitzte die Lippen und musterte die Zwillinge betont schelmisch.
Elisheba faßte sie am Arm. »Wir müssen zurück.«
Großvater Lamech verließ kaum noch das Zelt. Er döste meist vor sich hin. Sandy und Dennys gingen allein in den Garten. Es gab nach wie Vor viel Unkraut zu jäten. Über Yalith sprachen sie nicht. Aber über Tiglah.
»Mich stört, daß sie so oft hier auftaucht«, sagte Sandy. »Ich glaube, ich bin noch nicht scharf auf solche Angebote.«
»Eine wie sie«, sagte Dennys, »hätte man bei uns in der Schule eine geile Gans genannt.«
»Sie ist auch zu alt für uns.« Immer noch kein Wort über Yalith.
»Ja«, sagte Sandy.
»Trotzdem.« Dennys zögerte. »Trotzdem. Etwas hat sich verändert. Wir sind keine kleinen Kinder mehr.«
»Da hast du recht.« Sandy bückte sich tief über die Pflanzen.
Dennys riß mit solcher Kraft an einer Wurzel, daß er auf dem Boden landete. »Es ist lange her, daß uns Adnarel oder ein anderer Seraph besuchen kam.«
Sandy nickte. »Ich glaube, die Seraphim mögen uns.«
»Das unterscheidet sie von den Nephilim«, sagte Dennys. »Ich habe gesehen, wie sie uns heimlich nachstarren. Und als letzthin Tiglah da war, schwirrte ständig ein Moskito um mich herum. Ich bezweifle, daß das eine gewöhnliche Stechmücke war.«
»Rofocal«, sagte Sandy. »Tiglah nennt einen der Nephilim Rofocal.«
»Sie haben etwas gegen uns«, sagte Dennys. Und dann: »Aber wenn du mit Tiglah ausgehen willst, laß dich nicht von mir abhalten. Ich meine, nur weil ihr Vater und ihr Bruder mich in die Jauchegrube geworfen haben…« »Keine Lust«, brummte Sandy.
Sie legten jetzt jedes Wort auf die Goldwaage, wenn sie miteinander sprachen. Das hatten sie früher nie getan.
Und keiner erwähnte Yalith.
Yalith, O-holi-bamah und Matred reinigten das Zelt, als plötzlich die Klappe aufging und ein Nephil mit lavendelfarbigen Flügeln eintrat.
Ohne Gruß sprach er sie an. »Mahlahs Stunde naht. Sie wird eure Hilfe brauchen.«
Matred faßte den Palmwedel fester, mit dem sie den Boden fegte. »Kann das nicht einer von euch besorgen?«
Ugiel schaute O-holi-bamah aus halb geschlossenen Augen an. Wies mit spitzem Finger auf sie. »Die da soll kommen. Und Mahlah verlangt nach ihrer Mutter und ihrer Schwester.«
O-holi-bamah wich einen Schritt zurück. »Wie erfahren wir, wann es an der Zeit ist?«
»Ihr kommt heute abend. Wenn der Mond aufgeht. Weil ich, der Nephil Ugiel, es euch so befehle.«
»Wir kommen«, sagte Matred betont sachlich, »weil ich meine Tochter in den Wehen nicht allein lassen will.«
»Gut. Ich werde euch erwarten.«
»Wir kommen«, wiederholte Matred. »Aber du bleibst draußen.«
Ugiel zuckte die Schultern. »Wie du willst. Es ist ohnehin Weibersache, das viele Blut und den Unrat einer Geburt zu sehen.«
Er machte kehrt, drehte sich noch einmal um, starrte Yalith mit brennenden Augen an. Sie schlug den Blick nicht nieder. Mit zusammengebissenen Zähnen hielt sie ihm stand.
»Du weißt, daß du nicht beide haben kannst«, sagte Ugiel.
Und ging.
Yalith und O-holi-bamah trugen die Felle ins Freie, breiteten sie auf den Sträuchern aus. Einige Felle waren zu schmutzig für weitere Verwendung. Die anderen mußten ausgeklopft und gesäubert werden.
»Was hat er damit gemeint?« fragte O-holi-bamah.
»Wer?«
»Ugiel.«
»Womit?«
»Daß du nicht beide haben kannst.«
Yalith warf ein von Flecken verkrustetes Fell auf den Abfallhaufen. »Wer weiß schon, was ein Nephil meint.«
»Du und ich«, sagte O-holi-bamah ruhig. »Wir wissen es. Es bezog sich auf unsere jungen Zwillinge.«
Yalith tat so, als müsse sie eines der Felle sorgfältig untersuchen. »Erst traf ich den Sand. Dann haben wir den Den vor dem Sonnentod gerettet.«
»Sie sind zwei«, sagte O-holi-bamah, »nicht einer.«
»Aber das ist es ja. Ach, Oholi! Und wenn man sie näher kennt, merkt man erst, wie wenig sie einander gleichen.«
»Und du liebst nicht den einen mehr als den anderen?«
Yalith schüttelte den Kopf.
»Aber du liebst sie.«
»Ja.«
»Du liebst beide.«
Yalith hob die Felle auf. »Ich trage sie ins Zelt. Wir müssen Schluß machen. Die Sonne steht hoch, es wird zu heiß für die Arbeit im Freien.«
Matred sagte zu Elisheba: »Du warst seit zwei Monden nicht mehr im Frauenzelt.«
Elisheba nickte, errötete, preßte wie ein
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