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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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ja …« sagte Dennys unfreundlich. »Danke für die Nachricht.«
    »Das wird eine wunderbare Nacht.« Tiglahs Finger tasteten nach Sandys Arm.
    Dennys wandte sich ab. Die Zeltklappe stand noch immer offen. Higgaion lag in der Öffnung und schwenkte den Rüssel, als wolle er sich Luft zufächeln.
    Sandy zögerte.
    Rasch nützte Tiglah ihre Chance. »In einer solchen Nacht sollte man Spazierengehen. Wir könnten Yalith und O- holi-bamah auf dem Heimweg von Mahlah treffen…«
    Sandy schluckte den Köder. »Wenn es nicht zu lang dauert… Und wenn wir in der Nähe bleiben…«
    »Ganz in der Nähe«, versicherte Tiglah. »Wir gehen nur ein kleines Stück.«
    Sandy merkte, daß Dennys nachdrücklich den Kopf abwandte. »Kommst du mit?«
    »Nein.«
    »Stört es dich, wenn ich…?«
    »Mach, was du willst.«
    »Ich bin bald wieder da.«
    »Laß dich nicht auf halten.«
    Sie hatten keine Gesprächsbasis mehr. Das irritierte Sandy. Aber er blieb fest. Tiglah flocht ihre Finger in seine Hand.
    Als sie den Weg erreichten, schaute Sandy sich um.Higgaion hatte das Zelt verlassen und stand nun bei Dennys.
    Die Nacht lastete schwerer als sonst auf ihm. Die Sterne waren irgendwie verhangen, aber zum Greifen nahe. Der Sturm hatte die Hitze nicht gemildert, im Gegenteil. Aus dem Vulkankrater kräuselte Rauch.
    »Gehen wir in die Wüste«, schlug Tiglah vor. »Gleich steigt der Mond auf.«
    Nur ein paar Schritte brachten sie aus der Oase in die Wüste. Und doch war es Sandy, als hätten sie ein sicheres Schiff verlassen und sich aufs offene Meer gewagt.
    Tiglah führte ihn zu einem Felsen. »Setz dich.«
    Sandy starrte fasziniert in den Himmel. Er erschrak, als ihm Tiglah plötzlich die Sicht nahm, ihren Mund auf seinen preßte. Sie mußte knien, um sein Gesicht zu erreichen. Ihre Lippen rochen nach Beeren. Und wieder hüllte ihn dieser lästige Geruch nach schwerem Salböl und einem ungewaschenen Leib ein.
    Er wußte, was sie von ihm wollte, und wollte es ebenfalls. Er war bereit – aber, trotz ihrer prallen Sinnlichkeit, nicht für Tiglah. Sie war es nicht wert. Ihretwegen würde er die Fähigkeit einbüßen, ein Einhorn berühren zu können.
    Mit Yalith hingegen…
    Er wußte, daß er und Dennys nicht in den Lauf der Dinge eingreifen durften. Daß es ihnen verboten war, die Geschichte zu ändern. Selbst wenn Yalith…
    Nein, jetzt schoß er übers Ziel. Yalith war nicht Tiglah. Yaliths liebliches Lächeln galt ohne Unterschied ihnen beiden.
    Tiglahs rote Haare, silberrot vor dem Mond, wuschen über sein Gesicht, raubten ihm mit ihrem scharfen Duft den Atem. Tiglah massierte Sandys Nacken, den Ansatz der Schultern. Ihr Atem mischte sich mit seinem. Er wußte, daß er der Situation unverzüglich ein Ende machen mußte; noch konnte er es. Gerade noch. Mit einem heimlichen Seufzer kämpfte er sich frei, stand auf.
    Tiglah rappelte sich hoch, legte den Kopf zurück, schaute ihn vorwurfsvoll an. »Gefällt dir das denn nicht?«»Doch, es gefällt mir.« Seine Stimme klang heiser. »Es gefällt mir nur zu gut.«
    »Zu gut? Wie kann etwas zu gut sein? Das Leben ist dazu da, daß man es genießt. Das ist nicht zuviel verlangt.«
    »Du verlangst zu viel von mir.« Er versuchte zu lachen. »Ich muß zurück. Großvater Lamech ist krank.«
    »Er ringt mit dem Tod«, stellte Tiglah unberührt fest. »Sagt Rofocal.«
    »Rofocal ist nicht allwissend.«
    »Er weiß mehr als wir. Mehr als die Sterblichen.« Sandy spitzte die Ohren. Sirrte da eine Stechmücke? Nein, alles war wieder still.
    Er drehte sich um und ging auf die Oase zu.
    Tiglah glitt vom Felsen, lief ihm nach, holte ihn ein, griff nach seiner Hand.
    »Du bist so groß«, sagte sie. »So stark. Du und Rofocal, ihr stammt bestimmt aus demselben Geschlecht. Woher kommst du?«
    Diese Frage hatte Sandy längst satt. »Von einem anderen Ort auf diesem Planeten. Aus einer anderen Zeit.« »Warum seid ihr beiden hier?«
    »Es war ein Irrtum«, sagte er knapp.
    »Wieso ein Irrtum? Ich bin froh, daß ihr gekommen seid. Wie lange wollt ihr bei uns bleiben?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Aber ihr habt doch etwas im Sinn. Was werdet ihr jetzt machen?«
    »Uns um Großvater Lamechs Garten kümmern.«
    »Das ist alles? Dafür nimmt man keine solche Reise auf sich. Ihr habt einen anderen Grund.«
    »Nein«, sagte er kurz angebunden und schüttelte ihre Hand ab.
    »Ich bekam nichts aus ihm heraus«, sagte Tiglah. »Ich stellte ihm alle Fragen genau so, wie du es mir aufgetragen hattest, aber er blieb mir

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