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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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hatte gehofft, wir würden eines Tages wenigstens deine Vermählung gebührend feiern.«
    »Das sollt ihr auch!« rief Yalith. Sie dachte an Mahlahs einsame Heirat, ohne Familie und Freunde. Nein, so wollte sie es nicht haben. Und dann dachte sie an die Zwillinge. Die waren zwar ebenso Fremde wie die Nephilim und die Seraphim, aber sie blieben dabei doch menschlich, ganz menschlich. Und Yalith liebte sie. Sie drückte die Wange an Noahs Brust, um ihre Verwirrung zu verbergen.
    O-holi-bamah hatte genug gesehen. Doch ehe sie etwas sagen konnte, schloß Japheth ihr in liebevoller Umarmung den Mund.
    Die Zwillinge wurden von leisem Wimmern geweckt. Higgaion stand an ihrem Lager.
    Sandy schlug die Augen auf. »Was ist geschehen, Higgy?«
    Dennys setzte sich ruckartig auf. Er war schlagartig hellwach. »Ist Großvater Lamech...?« Er schaute Higgaion fragend an. »Sollen wir Noah holen?«
    »Ist Großvater…?« Auch Sandy brachte die Frage nicht über die Lippen.
    Die beiden Jungen tasteten sich durch das finstere Zelt. Großvater Lamechs Atem ging seltsam flach und stoßweise. Dennys wollte ihm die Hand auf die Brust legen, sah den Skarabäus, war erleichtert. »Adnarel«, sagte er drängend, »wir brauchen Admael. Er könnte uns in seiner Kamelgestalt rascher zu Noahs Zelt bringen, als wenn Sandy oder ich laufen müßten.« Behutsam strich er dem Käfer mit der Fingerspitze über den gepanzerten Rücken, spürte, wie sich der Skarabäus auflöste, spürte nur noch das Ziegenfell, mit dem der Alte zugedeckt war.
    Adnarel stand bei ihnen, ein goldener Schimmer im nachtschwarzen Zelt. »Ich werde Admael rufen. Bleibt bei Großvater Lamech.«
    Er verneigte sich, ging.
    Sandy und Dennys faßten nach Lamechs Händen. Sie fühlten sich kalt und leblos an. Wie Marmor.
    Der Alte röchelte. »Meine guten Jungen.«
    Dennys schob Lamech vorsichtig den Arm unter den Rücken, half ihm, sich aufzusetzen. Jetzt atmete Lamech freier.
    »Ich bleibe bei dir, Großvater«, sagte Dennys. »Sandy geht Noah holen.«
    »Ich kann warten«, flüsterte der Alte. »Bis der letzte Stern verlöscht.«
    Adnarel kam zurück. Er kniete sich an Großvater Lamechs Lager, betrachtete ihn fürsorglich, wandte sich an die Zwillinge. »Admael wartet draußen. Du mußt dich nicht beeilen, Sand. Wir haben noch Zeit.«
    »Bis die Paviane…« röchelte Lamech.
    Adnarel lächelte. »Bis die Paviane durch die Bäume springen, um freudig den neuen Tag zu begrüßen.«
    »Ich bleibe bei Großvater«, sagte Dennys.
    Adnarel nickte, legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. »Gut. Ich bin hier, wenn du mich brauchst.«
    Seine helle Gestalt zerrann, zerfaserte wie Nebeldunst, und auf Higgaions Ohr saß als kleiner heller Punkt der Skarabäus.
    Das weiße Kamel brachte Sandy unbehelligt durch die Wüste. Auf einem Felsen stand majestätisch der Löwe und folgte mit den Augen ihrem Weg.
    Aus Noahs Zelt drang zufriedenes Schnarchen.
    Sandy schob die Zeltklappe auf, rief leise: »Noah!«
    Matred antwortete schlaftrunken: »Wer ist da?«
    »Ich, Sandy. Großvater Lamech schickt mich um Noah.«
    »El.« Das war Noahs tiefe Stimme. »Ich komme.«
    Sandy wartete draußen. Lauschte auf die Geräusche der Nacht, das Summen der Insekten, das sich mit den Schnarchtönen aus den Zelten mischte. Er schaute hinauf zum Himmel und zu den tief hängenden, verwaschenen Sternen. Sie schienen ihn zu rufen, aber er verstand nicht, was sie ihm sagen wollten.
    Noah kam heraus, ein frisches Lendentuch um die Hüften.
    »Dennys und Higgaion sind beim Großvater geblieben«, sagte Sandy.
    Noah nickte.
    »Adnarel meint, wir hätten genügend Zeit. Aber du kommst schneller voran, wenn du auf dem Kamel reitest. Ich gehe zu Fuß.«
    Wieder nickte Noah, nahm das Angebot an.
    Das weiße Kamel knickte die Beine ein, ließ Noah aufsitzen, erhob sich, stieß Sandy sanft mit der Schnauze an, trabte davon.
    Sandy folgte ihnen langsam. Er wußte, daß ihn Dennys, vielleicht auch Higgaion, unter dem Baum erwarten würde, damit Noah die letzten Minuten allein mit seinem Vater verbringen konnte.
    Jetzt lag der Löwe regungslos auf dem Felsen, spitzte nur wachsam die Ohren, als Sandy vorbeikam.
    Am Horizont zeigte sich ein erster rosiger Schimmer. Die Sterne verblaßten. In den Zweigen erwachten die Vögel. Ganz leise, schläfrig, begannen die Paviane zu schnattern. Sandy ging auf die Oase zu. Er durfte nicht länger säumen.
    Er ließ den Kopf hängen, sah seinen Füßen zu, die sich durch den Sand bewegten.

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