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Die große Volksverarsche

Die große Volksverarsche

Titel: Die große Volksverarsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Jaenicke
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Witz, wenn’s nicht so traurig wär’ ... Doch der deutsche Umweltminister verkündet nur wenige Tage nach seiner Rückkehr im deutschen Bundestag, die Ergebnisse seien wesentlich besser als erwartet. 35 Ja, so kann man sich und vor allem den Wählerinnen und Wählern den erzwungenen Minimalkompromiss auch schönreden. Und während Herr Altmaier die deutschen Erfolge in Sachen Energiewende demonstrativ vor sich herträgt wie schon seine Vorgänger Röttgen und Merkel (als Helmut Kohls »Mädchen« war sie bekanntlich Umweltministerin), sieht die Realität zwischen Ostsee und Alpen ganz anders aus: Nur fünf der 15 energiepolitischen Ziele, die sich die Bundesregierung im Jahr 2008 gesetzt hat, haben nach aktuellem Stand überhaupt Aussicht
auf Erfolg. 36 Viel schlimmer aber ist, dass auch im »Energiewendevorreiter« Deutschland Energieverbrauch, CO 2 - und Methanausstoß weiter steigen. Das Umweltministerium posaunt zwar, die Emissionen seien gegenüber 1990 um fast 27 Prozent gesunken, verschweigt dabei aber, dass genau zu diesem Zeitpunkt die gesamte, ziemlich dreckige DDR-Industrie den Bach runterging und dass die Wirtschaftskrise (= weniger Produktion) den CO 2 - Ausstoß kurzzeitig ein wenig gesenkt hat. Ohne diese beiden Faktoren läge Deutschland signifikant über dem Sollwert – nicht zuletzt wegen der boomenden Unterhaltungselektronik. 37
    Dabei wäre es doch eigentlich ganz einfach: Wer Luft, Atmosphäre und Umwelt versaut, muss blechen, wer ebendiese schont, wird belohnt. Ja. Wären da nicht die Bequemlichkeit des Endverbrauchers, der Lobbyismus und die Profitgier der Industrie sowie die Gemengelage aus Unfähigkeit, Verlogenheit und Korrumpierbarkeit in der Politikerriege.

    Was nach wie vor fehlt, ist ein stringentes, ehrliches Energiekonzept, das die drei zentralen Bereiche Mobilität, Strom und Wärme gleichermaßen berücksichtigt und von allen Beteiligten mitgetragen wird. Was stattdessen da ist, ist ein Tauziehen zwischen verschiedensten Interessengruppen. Verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass ein und derselbe Mensch oft in dem einen Bereich zur umweltbewussten Fraktion, im anderen aber plötzlich zur »Nach mir die Sintflut«-Fraktion gehört. Da wäre zum Beispiel der Hausbesitzer, der sich löblicherweise entschieden hat, kein neues Auto mehr zu kaufen, um die Umwelt zu schonen und Energie zu sparen; doch als der Gesetzgeber von ihm verlangt, eine Außenwanddämmung vorzunehmen, nur weil er die Fassade komplett streichen möchte 38 , geht er auf die Barrikaden. Oder jene Leute, die permanent über zu hohe Stromkosten
meckern und dann bei OBI olle Glühbirnen kaufen, das Fenster bei laufender Heizung gekippt lassen und sich einen stromfressenden Kühlschrank zulegen, weil er gerade so schön billig ist ... Ian Byrden, namhafter Professor für erneuerbare Energien an der Universität von Edinburgh, geht deshalb auch davon aus, dass sich noch viel in den Köpfen der Menschen ändern muss: »Die Leute wollen zwar erneuerbare Energien – aber bitte beim Nachbarn.« 39
    KONSUMENTEN-NAVI
    Die Energiewende betrifft alle Bereiche: Mobilität, Wärme und Strom. Denn diese sind untrennbar miteinander vernetzt. Also ganz oder gar nicht!
    Wenn Politiker/innen behaupten, die Energiewende sei ohne Verzicht des Einzelnen machbar, ist das gelogen. Auch das Prinzip »Hannemann, geh du voran!« funktioniert leider nicht. Politik und Industrie werden die Wende nicht ohne uns hinkriegen – und das heißt: Umdenken und Änderung beim Energiekonsumverhalten.

    Was wir Otto Normalverbraucher in unseren heimischen vier Wänden immer wieder erleben, passiert – wie sollte es anders sein – auch auf politischer Ebene. Zumal Politiker, die langfristige Veränderungen wie die Energiewende vorantreiben und gleichzeitig Wahlen gewinnen wollen, schlechte Karten haben; denn neue Weichen zu stellen ist oft unpopulär und somit kein sicheres Netz zum Stimmenfang. Insofern sagt ein Parteibuch heute auch nichts mehr aus über die jeweilige Gesinnung in Sachen Energiewende. Während zum Beispiel ein FDP-Bürgermeister im brandenburgischen
Feldheim seinen Ort auf energieautark getrimmt hat, verteidigt der Brandenburger Landesherr Platzeck von der SPD »seine« Braunkohle als »Brücke für die Energiewende«.
    Ein katastrophales Kuddelmuddel hat auch der viel gepriesene und hoch subventionierte Biosprit verursacht. Mit seiner Hilfe wollte die Bundesregierung ihre magere Klimabilanz aufpolieren – außer Acht lassend,

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