Die große Volksverarsche
als ökologisch sinnvoller als sämtliche Biokraftstoffe wie Rapsöl, Sojaöl und Palmöl. Dass das nicht im Sinne der Biosprit-Industrie sein kann, liegt nah. Darum ist dieser Entwurf auch ein kleines bisschen verändert worden: Die ILUC wird dokumentiert, aber nicht einberechnet. Fazit: Der ökologische Negativeffekt fällt einfach unter den Tisch – und die grün gewaschene Sprit- und Geldquelle sprudelt munter weiter ...
Teuer. Teurer. Energiewende?!
Man stelle sich einmal vor, wie unser aller Alltag ohne Strom aussähe: kein elektrisches Licht, kein Handy, kein Computer, kein TV oder Kino, keine Waschmaschine ... Insofern ist Strom tatsächlich ein kostbares Gut. Aber kostbarer als Klima und Umwelt?
Der Strompreis steigt seit zehn Jahren. Inzwischen ist er schon 70 Prozent höher als 2002. Allerdings ist der Preis für Heizöl heute sogar sage und schreibe 200 Prozent höher als damals. Von den Benzinpreisen ganz zu schweigen. Anfang 2013 nun kletterte der Strompreis noch einmal je Kopf um ca. 4,70 Euro monatlich. Zum Vergleich: Eine Schachtel Zigaretten kostet 4,90 Euro, ein Glas Wein im Restaurant in etwa dasselbe ... Zudem gehen von diesen Strom-Mehrkosten nur zwei Euro auf das Konto des Ausbaus erneuerbarer Energien. Der Rest sind Umsatzsteuer und der Ausgleich für die Strompreisbeihilfen 42 , mit denen energieintensive Unternehmen wie Stahl-, Glas- und Papierproduzenten entlastet werden. Trotzdem kostet die Energiewende, das steht außer Frage. Aber Umwelt- und Wirtschaftsministerium ebenso wie die Industrie posaunen genau das lautstark in die Medienohren, um den ehrgeizigen Plan der Energiewende nach und nach und mit Wählerzustimmung wieder rückgängig zu machen: »Alles viiiel zu teuer!« Kalkuliert man jedoch die Folgekosten der Klimaschäden durch den fossil-atomaren Energiemix und dessen Sicherheits- und Gesundheitsrisiken ein, ist Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne schon heute weitaus günstiger und vor allem gesünder. Dass erneuerbare Energien per se teuer seien, so Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin 43 , sei eine vorgeschobene Argumentation der »Bewahrer«,
um Politikern und Verbrauchern die Energiewende madig zu machen. Dafür wird gern auch mal viel Geld in die Hand genommen. Erinnern Sie sich zum Beispiel an die ganzseitigen Anzeigen der Pro-Atomkraft-Kampagne »Mut und Realismus für Deutschlands Energiezukunft«? In allen großen deutschen Zeitungen warben Herren wie Oliver Bierhoff (Sohn eines früheren RWE-Vorstands), Otto Schily, Wolfgang Clement und die Crème de la Crème der industriellen deutschen Senioren-Riege für die Atomlaufzeitverlängerung. »Wie sieht eine sichere [sic!], saubere und bezahlbare Energieversorgung aus?«, fragten die Herren damals – nur wenige Monate vor der Nuklearkatastrophe von Fukushima ... Dass das Ganze auf nicht wenige Betrachter wirkte wie eine Viagra-Werbung, war vermutlich unbeabsichtigt.
Journalistische Schützenhilfe bekommen die Ewiggestrigen gelegentlich auch von den Medien selbst, indem diese massenwirksam ins Horn der Atompropaganda stoßen. Denn wir stecken mitten in einem Konkurrenzkampf zwischen zwei Systemen: Je mehr die Energiewende, sprich die Umstellung auf erneuerbare Energien voranschreitet, desto mehr Marktanteile verlieren die großen Stromversorger E.ON, RWE, EnBW, Vattenfall samt ihren zahlreichen Tochter- und Subunternehmen. Und ab einem gewissen Zeitpunkt funktionieren Wind- und Solarstrom eben nicht mehr parallel zu Strom aus Atom- und Kernkraftwerken ... Bis zur Katastrophe von Fukushima im März 2011 verfolgten die Stromkonzerne eine ganz simple Strategie: ›Nach Rot-Grün kommt wieder Schwarz-Gelb – und dann machen wir alles wieder rückgängig, was unsere Marktmacht gefährden könnte.‹ Doch unmittelbar nach der Katastrophe in Japan wurde nun auch seitens der schwarz-gelben Bundesregierung lieber schnell die Energiewende ausgerufen, um nicht wie in Baden-Württemberg sämtliche Wahlen krachend zu verlieren. »Wenn wir die
Solarenergie in dem gleichen Tempo ausbauen wie bisher«, so Energieexperte Quaschning, »wird Deutschland schon in sieben, acht Jahren keine Kern- und Braunkohlekraftwerke mehr sinnvoll betreiben können.« Aus Sicht der »alten Hasen« muss dieser rasante Fortschritt also zumindest gebremst, wenn nicht gar gestoppt werden. Da sind sich offensichtlich auch Merkel, Altmaier, Rösler und Konsorten einig.
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