Die große Volksverarsche
trendigen »grünen« Mantel überzuwerfen. Wie es darunter aussieht und zugeht, ob sie den Mantel hie und da lüpfen, bleibt Sache der Unternehmen. Darum bringt es kritischen Verbrauchern, die sich schnell informieren und vergleichen wollen, wenig, in diese Berichte hineinzulesen. Im Gegenteil, es besteht immer die Gefahr, der gezielten Schönfärberei auf den Leim zu gehen. Jedenfalls solange diese Berichte auf freiwilliger Basis entstehen.
KONSUMENTEN-NAVI
Unternehmenseigene Nachhaltigkeitsberichte sind bislang freiwillig – und damit wenig aussagekräftig.
Werfen Sie lieber mal einen Blick in den »Firmen-Check« der Clean Clothes Kampagne: www.cleanclothes.at und in die Resümees zu Firmen und Ländern auf www.aktiv.gegen-kinderarbeit.de .
»Letztlich ist jede freiwillige Selbstverpflichtung im Hinblick auf CSR ein Schuss in den Ofen«, sagt Dr. Gisela Burckhardt, Vorsitzende von FEMNET. 51 Viel wirkungs- und somit sinnvoller wäre eine gesetzliche Verpflichtung. Das weiß auch die Bekleidungsindustrie,
die nicht müde wird zu betonen, dass man sich natürlich an die Gesetze halte. Was nichts anderes heißt, als dass jeder fromme Wunsch erst Gesetz sein muss, bevor er in die Tat umgesetzt wird ... Laut EU-CSR-Strategie ist Corporate Social Responsibility »die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft«. Und um genau diese Auswirkungen prüfen und vergleichen zu können, wäre eine rechtsverbindliche Transparenzpflicht vonnöten. Doch davon hält die schwarz-gelbe Bundesregierung offenbar herzlich wenig, denn sie blockiert die entsprechende Transparenz-Initiative der Europäischen Kommission bislang vehement. (Mit lieben Lobbygrüßen!?) Gisela Burckhardt, die sich in einer ausführlichen Studie die Nachhaltigkeitsberichte von Otto, Tchibo, KiK, Adidas und Puma vorgeknöpft hat, ist jedoch davon überzeugt, dass sich ohne eine solche gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung bestimmter Kriterien nichts an den Arbeitsbedingungen in den Zuliefererbetrieben ändern wird. »Müsste ich die verschiedenen Kriterien, über die ein deutsches Unternehmen berichten sollte, auf fünf reduzieren«, sagt Gisela Burckhardt, »würde ich folgende nennen: 52
Anzahl der Produzenten/Fabriken/Zulieferer, die eine von den Beschäftigten frei gewählte Arbeitnehmervertretung/Betriebsrat haben – in Prozent zu allen Zulieferern.
Kriterium: frei gewählte Arbeitnehmervertretung
Anzahl von Fabriken und Prozentsatz zur Gesamtzahl aller Lieferanten, die einen existenzsichernden Lohn für die Mehrheit (mind. 70 %) aller Beschäftigten bezahlen unter Einhaltung einer normalen Arbeitszeit von 48 Stunden/Woche (+ max. 12 Überstunden).
Kriterium: existenzsichernder Lohn
Anzahl der Fabriken, die von einer Multistakeholder-Initiative (MSI) 53 ohne Voranmeldung überprüft worden sind und deren Prüfung einen hohen Grad (90 %) von ›Compliance‹ bei den Indikatoren des CCC-Verhaltenskodex 54 bescheinigt. Kriterium: externe Überprüfung durch MSI
Investierte Gesamtkosten für die Weiterbildung von Lieferanten und deren Personal .
Kriterium: Kosten für Weiterbildung
Offenlegung der Namen aller Lieferanten und der Länder, wo das Unternehmen produzieren lässt.
Kriterium: Transparenz der Lieferkette«
Insbesondere mit dem dritten Kriterium (»externe Überprüfung durch MSI«) wäre ein weiteres Schlupfloch gestopft: Gerne verweisen Bekleidungsunternehmen voller Stolz darauf, sie würden in ihren Fabriken regelmäßig Audits durchführen, um die Sicherheits- und Sozialstandards zu gewährleisten. Dass die Prüfer jedoch von dem jeweiligen Unternehmen selbst bezahlt werden und damit nicht mehr unabhängig sind, lässt man geflissentlich außen vor. Ein Extrembeispiel, wie CSR-Blabla und Realität in der Textilbranche auseinanderklaffen können, ist der spanische Klamottenkonzern INDITEX. In Deutschlands Städten ist vor allem dessen Marke ZARA präsent. Auf der Unternehmenswebsite heißt es großspurig: »Inditex garantiert die Einhaltung des Code of Conduct in der gesamten Produktionskette. Die gesamte Gruppe beteiligt sich an diesen Bemühungen, die von der Corporate Social Responsibility (CSR)-Abteilung geführt werden. Um die oben genannten Compliance zu erreichen, hat Inditex ständige CSR-Büros in Indien, Bangladesch, der Türkei, China, Marokko, Brasilien, Portugal und Spanien. Diese Büros, in deren Teams sowohl interne als auch externe Profis arbeiten, bieten
und garantieren den Kunden
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